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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 58. Band, Nr. 3
wir die Gesamtzufuhr in Beziehung zu dem Wasservolumen des Busens, so ergibt sich jedoch die hohe Zahl von
12,5% gegenüber nur 3,5% im Bottnischen Meerbusen. Trotzdem ist der Anteil des Süßwassers im Finnischen
Meerbusen nicht so beherrschend wie im Bottnischen Busen, weil der Wasseraustausch zwischen dem Finnen
busen und der Ostsee sehr lebhaft ist. Dieses gibt natürlich auch den Eisverhältnissen in diesem Gebiet von vorn
herein einen bestimmten Grundzug. Witting (Lit. Nr. 123, S. 733) schreibt darüber: „Zwischen dem Finnischen
Meerbusen und der Ostsee ist der Wasseraustausch noch viel reger als durch die Beltsee und den Sund. Wir sind
gezwungen anzunehmen, daß aus dem Finnischen Meerbusen jährlich auswärts Wasservolumina getrieben werden,
welche den halben Betrag des ganzen Volumens des Meerbusens übersteigen, einwärts dann natürlich beinahe eben
soviel.“
Die Schichtung des Wassers zeigt im Finnenbusen eine Ober- und eine Unterschicht, die nach der Mün
dung hin durch Zwischenschaltung einer intermediären Schicht verändert wird. Witting (1. c., S. 728) schreibt:
„Die Winterabkühlung erstreckt sich bis zur Grenzschicht; wenn dann die Sommererwärmung einsetzt, finden
wir ebenda ein Wärmeminimum. Durch Beimischung zu den ausströmenden Schichten wird der Unterschicht stetig
Wasser entnommen, welches durch einströmendes nordbaltisches Tiefenwasser ersetzt wird.
2. Die Tiefenverhältnisse.
In den großen Grundzügen betrachtet ist der Finnische Meerbusen in bezug auf seine Tiefenverhältnisse nur
wenig gegliedert; es fehlen ihm Becken und Schwellen, die den Bottnischen Meerbusen so wirksam auf teilen, fast
völlig. Freilich lehrt dies nur ein Überblick. In den Einzelheiten ist das Relief des Bodens sehr wechselnd.
Eine Rinne mit Tiefen unter 100 m reicht mit einzelnen Senken eben noch von Westen her in den Busen
hinein. Auch die folgenden, nächsthöheren Isobathen lösen sich in einzelne Kleinbecken auf.
Dazwischen treten Erhebungen, die häufig als kleine Inseln aufragen. In der schmaleren, westlicheren
Hälfte des Meerbusens treten diese Inseln und Schären randlich auf; die mittleren Teile behalten größere Tiefen.
Dagegen treten in dem sackartig erweiterten östlichen Teil Inseln von z. T. beachtlicher Größe (z. B. Hogland)
nicht nur randlich, sondern auch zentral auf.
Der schmälste Teil des Meerbusens, zwischen Helsinki und Reval, zeigt etwas von den Nachbargewässem
abweichende Tiefenverhältnisse. Hier besitzt namentlich der Estland zugewandte Teil ein lebhaftes Relief, das
sich in einzelnen Tiefen über 100 m und dicht daneben befindlichen Inseln ausdrückt. Auf der finnischen Seite
dagegen erleidet der ganz Finnland säumende Schärengürtel keine Veränderung. Östlich des 26. Längengrades
kommen maximal nur noch Tiefen von 60—-80 m vor, und auch diese nehmen keine geschlossene Fläche ein,
sondern sind in einzelne Kleinmulden aufgelöst.
Von der Halbinsel Kurgalo am südlichen Ufer des östlichen Teiles des Finnischen Meerbusens zieht sich
ein Gebiet sehr flachen Wassers mit Tiefen von höchstens 20 m bis etwas nördlich von Lavensaari hin, das auf der
finnischen Seite in der Schwelle von Hogland ein Gegenstück besitzt, so daß dadurch eine gewisse Abschnürung
von Becken gegeben ist. Der östlichste Teil, die Schärenbucht von Wiborg und die Bucht von Kronstadt, sind
sehr flach. Bei Wiborg ist das Gewässer noch ziemlich stark gegliedert, durch Schären und in ihrer Tiefe wech
selnde Buchten, entsprechend dem Gesamttyp der finnischen Südküste. Dagegen ist die Bucht von Kronstadt
ohne stärkeres Bodenrelief und ohne intensive Küstengliederung. Der Boden steigt hier ganz allmählich an bis
zur Mündung der Newa. Die östlich von 27 Grad gelegenen estländischen Buchten wie auch der Moonsund sind
ebenfalls flach, der Moonsund sogar ohne jede Einbuchtung von der nördlich vorbeiziehenden Hauptrinne her.
Der Rigabusen ist eine wenig gegliederte, ganz flache Mulde mit maximal 49 m Tiefe ungefähr in der
Golfmitte. Die Isobathen verlaufen weitabständig konzentrisch zur Küste. Die einzigen Unterbrechungen bilden
die Inseln Runö und Kynö. Der Ausgang der Meerenge von Irben wird durch eine flache Schwelle gebildet.
Der Ladoga See zeigt auffallend unsymmetrische Tiefenverhältnisse. Man kann ihn in zwei Teile gliedern;
einen flacheren, sanft nach Nordwesten abfallenden Teil im SO, der etwa zwei Drittel der Gesamtfläche einnimmt —
und einen ziemlich tiefen nordwestlichen Abschnitt. Dieser ist größtenteils über 100 m tief, besitzt jedoch mehrere
Inseln, die dem südlichen Teil fast völlig fehlen. Der Ladoga See ist damit nicht nur wesentlich tiefer als der ge
samte Finnische Meerbusen, sondern die 100-m-Isobathe umschließt auch eine größere Fläche als im Finnischen
Meerbusen, wo >100 m tiefe Stellen, die zudem sehr vereinzelt sind, nur etwa ein Fünftel der gleichtiefen Fläche
im Ladoga See ausmachen. Auch die Küstengliederung zeigte große Unterschiede zwischen nördlichem und süd
lichem Teil; während das nordwestliche, durch Inseln reich gegliederte Becken eine zerrissene, schären- und