Ludwig Doll: Klima und Wetter an der Küste von Labrador
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Schwankungen (Tabellen 185, 186, 100 und 101). Im Sommer dagegen, wenn die Temperaturen zwischen
Land und Meer ausgeglichener sind, hat man kleinere Barometerschwankungen und geringere Windstärke. Daß
die kräftigen Druckunterschiede im Winter aber keine stärkere Himmelsbedeckung und Niederschlag zur Folge
haben, liegt an den im Winter trocken-kalten Landwinden. Eine Ausnahme bildet bei den Stationen jedoch
immer Hoffenthal, das zu allen Jahreszeiten kräftigere Windstärken hat (vgl. auch Tabellen 183—186 für Wind
stärke!) Auch der Bewölkungsgrad ist dementsprechend im Winter in Holfenthal größer als in Hebron und
nimmt auch im Sommer etwas höhere Werte an, als an allen übrigen Stationen.
Von den Windrichtungen ist ebenfalls der Niederschlag abhängig. Es ist klar, daß mit ablandigen
Winden von NW und auch noch von W im Winter relativ wenig Niederschlag kommen kann, da diese, wie
schon geschildert, relativ kalt sind und wenig Feuchtigkeit enthalten. Diesen Windrichtungen gehören meist
die geringen Niederschläge an, wohingegen der Südwestwind, anscheinend als abgelenkter Südwind, schon
gelegentlich Niederschläge bringt (Tabelle 192). Die weitaus größten Niederschlagsmengen fallen dagegen bei
Windstillen und relativ warmer Temperatur, ferner in zweiter Linie bei Nordwinden, die als ozeanische Winde
in einzelnen Jahren gelegentlich ganz beträchtliche Niederschläge bringen und, wie schon gezeigt, ganz milde
Temperaturen haben. Das gleiche gilt von den selteneren östlichen und nordöstlichen Winden, während südöst
liche und südliche Winde an und für sich und im Winter besonders selten sind. Da, wie die Tabelle 182 der
Windverteilung zeigt, in den Wintermonaten die Südwest—Nordwestwinde zu etwa zwei Dritteln vorherrschen,
sind die Niederschläge im Winter an und für sich gering.
Das Niederschlagsmaximum, im Januar 1888 von 71,8 mm, fällt jeweils bei niederem Druck und Wind
stille oder seltener bei nördlichen Winden. In Hoffenthal und Zoar scheinen auch südwestliche Winde
gelegentlich etwas stärker an den Niederschlägen beteiligt zu sein, da diese Winde hier als abgelenkte Süd
winde noch einen relativ kurzen Landweg hinter sich haben.
Diese Wetterlage mit ihren Folgeerscheinungen auf Niederschlag und Temperatur herrscht etwa bis Ende
März. Von April an treten die westlichen Winde und auch die Windstillen zurück, und die Winde von nörd
licher bis östlicher Richtung werden zahlenmäßig stärker (siehe Tabellen 182, 188—191). Die Zahl der Tage
mit Niederschlag über 1 mm nehmen von März an zu (Tabelle 192), wie auch die Niederschlagsmengen (Tabelle
187). Die Niederschläge über 1 mm fallen weniger bei Stillen, sondern vorwiegend bei Windrichtungen von Nord,
Nordost und Ost, die jetzt auch zahlenmäßig zunehmen.
Auch die Winde von Süd, Südwest, West bis Nordwest beteiligen sich in der Gesamtheit etwas mehr an
den Niederschlägen. Doch herrschen die Nord- bis Ostwinde ganz überwiegend als Niederschlagsbringer vor.
Das hat seinen Grund darin, daß nun die Minima in der Hauptsache ost—westliche Richtung haben 8 und
zeitenweise im St.-Lorenz-Golf stationär bleiben. Ihnen strömt die Luft jetzt vorwiegend aus Nordosten zu, wie
auch ein Minimum, das über die Hudson-Bai zieht, welches aber sicher viel seltener der Fall ist, nordöstliche und
östliche Winde hervorbringen muß. Denn da nun die zwangsläufig folgenden Ostwinde (Tabellen 178-181)
als höchste Prozentzahl in Hoffenthal 7, in Hebron 10 und in Nain und Zoar 23 erreichen, so scheint dies wesent
lich selten der Fall zu sein. Die Luftdruckverteilung wird im Frühling und Sommer nun gerade umgekehrt wie
im Winter. Der Kontinent erwärmt sich im Innern und damit ziehen die Minima, wie schon gesagt, tiefer in
das Festland hinein und streichen aber doch von hier nach Osten.
Damit ist aber auch das thermische Verhalten der Winde gerade umgekehrt wie im Winter. Von Mai
ab werden die Temperaturen bei westlichen, nordwestlichen und südlichen Winden wärmer als die aus Norden
bis Osten. Dieser Gegensatz steigert sich noch weiterhin und erreicht sein Höchstmaß in den Monaten Juni
bis September, so daß in dieser Zeit die westlichen Winde bis zu 10° wärmer sind als die Nord- bis Ostwinde.
Am wärmsten sind die jetzt auch noch, allerdings selten, auftretenden Südwinde (Tabellen 188—191, Wind und
Temperatur), die nur entstehen können, wenn ein Minimum nördlich von Labrador vorbeizieht, was nach der
Seltenheit der südlichen Winde relativ wenig der Fall zu sein scheint. Da die trockenen West- und Nord
westwinde jetzt nicht mehr aus dem kalten, trockenen Innern kommen, sondern in der Hauptsache abgelenkte
Nordwinde sind, die den mehr in West—Ostrichtung streichenden Minimen Zuströmen, bringen diese Winde im
Frühjahr und Sommer auch gelegentlich Niederschlag. Die wärmsten Winde sind jetzt die Südost-, Süd-, Süd
west- und Westwinde, während alle Winde mit nördlicher und auch östlicher Richtung, so auch die Wind
stillen, relativ kühl sind. Da das Hochdruckgebiet im Innern fehlt und sogar durch ein schwaches
Minimum ersetzt ist, lassen die westlichen Winde naturgemäß nach, und an ihre Stelle treten die nörd-
8 J. Ilann, Klimatologie, III, 3. Auf!., S. 393.