Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatorimns — 57. Band, Nr. 9
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Eine konzentrische Struktur ist in vielen Fällen erkennbar, aber nicht immer. Diese Beobachtungen wurden
im Kielwasser des Eisbrechers gemacht, wo loser Schnee abgespült war und die Eisstücke am deutlichsten zu
beobachten waren (Entfernung nur 2 m). Das Eis ist Schnee-Eis, besitzt also durchweg trübe Färbung. Klare
Eisteller wurden nie beobachtet.
Das Vorkommen des Tellereises beschränkt sich auf den Eisrand. Verlagert sich dieser seewärts, dann
erleidet das Tellereis an dieser, nunmehr eiseinwärts gelegenen Stelle mannigfache Umwandlungen (vgl. Kap. I, 5).
Nach den Beobachtungen glaube ich, die folgende Erklärung der Entstehung des Tellereises als zutreffend
anführen zu können, wenigstens für die hier aufgeführten Fälle. Pfannkucheneis kann durch Frosteinwirkung
bei einer bestimmten Größe nicht mehr allseitig, sondern nur mehr seitlich horizontal wachsen: durch all
mähliches Anfrieren von Schneebrei seitlich in der Gleichgewichtsebene. Dadurch entsteht eine konzentrische
Struktur. Die Teller sind also rundlich angelegt und erhalten außerdem durch gegenseitiges Reiben und Stoßen
Ränder, an denen Brei gestaut wird. Sobald der Brei über die Wasseroberfläche ragt, dringt Luft in ihn ein
und färbt ihn weiß. Auf diese Weise entsteht in der losen, grauen Tellereiszone das Bild weißer Ringe (Abb. 13),
einer neben dem andern.
Wo das Tellereis dichter hegt, sammelt sich unter der Tellerschicht Eisbrei, vor allem Pfannkucheneis,
das bei einem künstlichen Aufreißen der losen Eisschicht seitlich von unten hervorquillt. Wo die Breischicht
dicker wird, ragt die ganze Oberfläche der Teller aus dem Wasser und erscheint damit weiß. Die Dicke der
ganzen Schicht beträgt dann bis 50 cm, bei einem Tauch Verhältnis von etwa 1 : 8 (bzw. bei lufthaltigem Eis nur
1 : 7). Die Dünung pflanzt sich im Tellereis fort (Abb. 14), wogegen der Wellengang schon an der Eiskante von
dem Pfannkucheneis abgestoppt wird. Der Übergang von Tellereis beweglicher Art in festliegendes geschieht
allmählich. Durch Drift werden vielfach bereits in dem losen Tellereis Überschiebungen erzeugt, und diese
kleinen Wälle (als schneeweiße Streifen schon von weitem kenntlich) schützen das eiseinwärts liegende Teller
eis, so daß dieses rasch fest wird. Fehlen solche kleinen Wälle, dann ist die Dünungszone wesentlich breiter.
Das Tellereis ist also genetisch eine Oberflächenerscheinung, abhängig von Frost in Verbindung mit
Schneefall und entsprechender Eisbreibildung. Weshalb das Tellereis so verblüffend konstante Ausmaße besitzt,
ist ebenfalls noch nicht ganz klar; es scheint vielleicht damit zusammenzuhängen, daß der beobachtete Durch
messer einen Gleichgewichtszustand zwischen Zuwachs und rotierender Abstoßung bedeutet. — Die Entstehung
von Tellereis aus Brucheis hat nach den hier mitgeteilten Beobachtungen wenig Wahrscheinlichkeit für sich;
dabei kann es sich nur um Zufälligkeiten verstreuter Art handeln (Abb. 9, Pseudotellereis).
Wenn im folgenden die veränderten Formen des Tellereises behandelt werden, so muß betont werden,
daß dann nicht nur die Oberflächenschicht mit den Tellern, sondern die zugehörige imgleich dickere unterseitige
Eisbreischicht mit zu berücksichtigen ist.
5. Tellerpackeis.
Das lose Tellereis wird zusammen mit seiner Unterlage bei starkem Winde zusammengeschoben (Abb. 15).
Die Teller gleiten unter- bzw. übereinander und verlieren dabei ihre Wülste (Abb. 16), ein Zeichen übrigens
dafür, daß diese hohen Ränder nicht organisch mit dem Tellereiskörper verwachsen sind. Das durchaus nicht
dünne, aber in beweglichem Zustand sehr nachgiebige Tellereis, in dem sich auch die Rinne des Eisbrechers
nicht hält, wird dann infolge dieser Eigenschaft sehr leicht zusammengeschoben. Die Dicke wächst hauptsäch
lich unter dem Eise. An der Oberfläche ist dieses Tellerpackeis erkenntlich an den schräg oder auf der Kante
stehenden, wulstlosen Tellern (Abb. 16), die der Windrichtung entsprechend nach Lee einfallen. Das milchige,
grünliche Weiß dieser Teflerkanten ist charakteristisch. Selbst bei Schneetreiben sind diese hohen, runden,
grünlich durchscheinenden Kanten ein untrügliches Merkmal dieser Eisart.
Die Oberfläche ist im ganzen gleichmäßig, sofern das Eis noch in beweglichem Zustande von der Wind
kraft ergriffen worden ist. Da aber die Teller sehr leicht mehrfach übereinander gepackt werden können und
eine relativ viel größere Menge von Eisbrei unterwärts an der Eisdecke beteiligt ist, bietet derartiges Eis ein
starkes Hindernis. Schon geringer Frost läßt natürlich gepacktes Tellereis sehr rasch erstarren. Der Eisbrecher
hinterläßt in solchem festliegenden Tellerpackeis eine ziemlich konstante Rinne, die allerdings sehr eisgefüllt
ist. Der Widerstand dieses Eises ist so stark, daß keine Rißbildung auftritt (Abb. 17); wegen des mosaikartigen
uneinheitlichen Aufbaues aus relativ kleinen Stücken (eben den Tellern) ist eine solche auch wenig wahr
scheinlich. An den Seiten ist das Eis von dem Schiffskörper intensiv geschrammt und behält die schräge Form
des vorbeigleitenden Schiffsrumpfes bei. Im Kielwasser löst sich das in der Rinne gebrochene Eis durch die
Kraft des Strudelns z. T. in die einzelnen Teller auf sowie in formlose, dem ehemaligen Eisbrei entsprechende