Dr. Joachim Blüthgen: Eisbeobachtungen in der Gävlebucht
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ergriffen und zerbrochen wird (noch bei 5cm Stärke bei Eggegrund beobachtet). Trotz dieser Porosität ist
seine Stärke größer als die klaren Eises bei gleichem Frost ohne Schneefall. Vor dem Eisbrecher wird es bis zu
10 m im voraus durch Sprünge zerbrochen (Abb. 10), die wesentlich mehr ungehindert auftreten als in gleich
starkem klaren Neueis: auch eine Folge der Porosität. Über die Häufigkeit dieser Eisart gegenüber klarem
Neueis läßt sich schwer etwas sagen; sie hängt ab von der Häufigkeit von Frost -f- Schneefall gegenüber nur
Frost.
3. Eisbrei, Pfannkucheneis.
Eisbrei besitzt verschiedene Entstehungsarten. Ohne die Beteiligung von Schnee bildet er sich bei tiefen
Temperaturen: lose Eiskristalle werden durch Wind und Wellen an der Bildung einer Festeisdecke gehindert
und zusammengetrieben. Ebenso wie der Schaum der Wellen im bewegten Wasser (Abb. 36) ordnen sie sich in
parallele Streifen an, die schon von weitem durch ihre glattere Oberfläche erkennbar sind. Eine deutliche Fär
bung oder Trübung des Wassers rufen diese Eiskristalle nicht hervor, man gewahrt sie nur beim näheren Zu
sehen an dem gelegentlichen Auftauchen kleiner Eisspitz chen und, wie erwähnt, an der fehlenden Kräuselung der
Wasseroberfläche bei Wind. Dieser Kristallbrei besitzt für die Bildung des eigentlichen Eisbreis, geschweige denn
für die Vereisung überhaupt, nur untergeordnete Bedeutung.
Ausschlaggebend für die Entstehung von Eisbrei dagegen ist Schneefall. Durch ihn wird zunächst Schnee
brei im Wasser gebildet: eine zähe milchige Masse, die an sich formlos ist. Verfasser konnte sie an der Eis
kante des Eisgürtels vor der schwedischen Bottenseeküste studieren, sie ist gewissermaßen als das Embryonal
stadium zahlreicher Eisarten zu betrachten. Ihre Formlosigkeit behält sie nur dort, wo sie zwischen (Abb. 9)
oder unter festen Stücken liegt. Im bewegten Wasser sondert sie sich in Gebilde, die kugelig sind und bei
gleichzeitigem Frost frieren: das sogenannte Pfannkucheneis (benannt nach dem mitteldeutschen Pfannkuchen
begriff). Vor der Eiskante, im offenen Wasser, sieht man die kleinen und größeren Bälle (maximal 10 cm
Durchmesser) schwimmen, an der Eiskante selbst bilden sie einen etwa 2 m breiten Gürtel. Es ist ein unge
wohntes Bild, diese ideal runden, leichten Schneebälle dicht an dicht in einem endlosen Streifen vor dem Eise
tanzen zu sehen.
Die erwähnte 2-m-Zone stellt eine Art Eisbrandungszone dar, das Bereich unmittelbarer Oberflächen
wellenwirkung. Die Dünung wirkt noch weiter eiseinwärts. Hinter dieser Zone beginnt bereits das „Tellereis“,
das für sich betrachtet noch etliche ungelöste Probleme birgt. Es ist noch nicht einwandfrei in allen Fällen
nachgewiesen, wie man die scheinbar vorhandene Entwicklungsreihe vom Eisbrei, speziell dem Pfannkuchen
eis, weiter bis zu dem eigenartigen Tellereis fortführen soll, ohne alle Unklarheiten zu beseitigen (vgl. Kap. 4).
Jedenfalls befindet sich zwischen und unter dem Tellereis noch loser Eisbrei (Abb. 11), d. h. Schneebrei von
teils verfestigter, stückiger Form, teils auch als Pfannkucheneis. Dies lehren zahlreiche übereinstimmende Be
obachtungen, die man im Kielwasser oder in entstehenden Rissen in losem oder festem Tellereis machen kann,
seihst bei ganz langsamer Fahrt, wo eine mechanische Zerstörung als Ursache dieses Eisbreis nicht in Betracht
kommen kann. — Der lose Schneebrei, der noch nicht gefroren ist, ist eine zähe graue Masse, die gestaucht
wird und, soweit sie die Luft berührt, weiß ist. Sie legt sich in plastische, bei Wellengang zwischen weiß und
wassergrau changierende Falten (Abb. 11).
Eisbrei kann sich schließlich noch bilden durch Zerstörung anderen Eises. Schneebedecktes, starkem
Winde ausgesetztes Treib- oder Packeis liefert relativ viel „Abfall“, der die Zwischenräume füllt und selbst von
sehr ungleicher Konsistenz ist, je nach der Art der Zerstörung (Bruch, Reibung, Abstoßung, Abspülung)
(Abb. 12). Den Haupteisbildner jedoch bildet ohne Zweifel der oben beschriebene Schneebrei, wofür die Er
fahrungen von Eisfahrten selbst untrüglich sprechen. Mögen auch in den ersten Stadien des sich aus ihm
entwickelten Eisbreies und Tellereises noch teilweise ungeklärte Erscheinungen auftreten, so geht doch zweifellos
das großmaßstäbige Meereis auch letzten Endes auf ihn zurück.
4. Tellereis.
Tellereis (Abb. 13) hat seinen Namen seiner tellerähnlichen Form wegen. Die einzelnen Teller besitzen
einen recht konstanten Durchmesser von 30—50 cm. Ihre Dicke beträgt durchschnittlich 10 cm. Sie sind rund
und besitzen Randwülste, die aus festgefrorenem Breimaterial bestehen (Abb. 11). Ihre größte Stärke besitzen
die Teller in der Mitte, so daß sie folgenden Querschnitt aufweisen: