Dr. Joachim Ulüthgen: Eisbeobachtungen in der Gävlebucht
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I. Die Eisarten
1. Starkes Festeis, Alteis.
Festeis besitzt eine ziemlich einheitliche Struktur; es entsteht durch Einwirkung des Frostes bei gleich
zeitiger Schutzlage. Der Name besagt an sich mehr, aber der Begriff muß in Übereinstimmung mit dem Schiff
fahrtsgebrauch eingeschränkt werden. Nicht alles Eis, was festgefroren ist und vom Winde oder von Strömungen
nicht in Bewegung versetzt wird, ist Festeis in dem hier gebrauchten Sinne. Es handelt sich hier vielmehr um
Eis, das in Buchten (vgl. Abb. 5) oder zwischen Küste und Schären, in Lagunen und Flußmündungen oder
eventuell auch auf Untiefen entsteht. Voraussetzungen sind geringer Salzgehalt, relativ stilles Wasser (das auch bei
Sturm nicht in durchgreifende Bewegung versetzt wird) und geringe Tiefen. Die Tiefen überschreiten meist nicht
10 bis 15 Meter, tiefere Gewässer in geschützter Lage und bei geringer Flächenausdehnung gehören aber mit
hierher. Die Häufigkeit von Strahlungsfrösten und die Vorbedingungen für rasche Eiswirksamkeit des Frostes
müssen gegenüber allen anderen Eisentstehungsformen gegeben sein.
Zwar benötigen die unausgeglichenen Flüsse, wie sie für Norrland charakteristisch sind, infolge ihres
reißenden Stromes erst stärkeren Frost, um zu vereisen; aber sobald das Gefälle an der Mündung nachläßt, und
der Fluß in einen Fjärd übergeht, sind schon früh die Vorbedingungen für die Bildung von Festeis gegeben.
Es handelt sich in diesem Falle ja um reines Süßwasser, dessen Gefrierpunkt bei ±0° liegt.
Der erste Frost, der Eisbildung bewirkt, fällt nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht mit Schneefall
zusammen. Infolgedessen bildet sich eine Decke klaren Eises, wenngleich sie zunächst nur dünn ist. Sie bildet
für den weiteren Verlauf des Winters eine wichtige Scheidelinie innerhalb des Eisquerschnittes. Wenn nicht
ganz intensive Tauperioden dazwischentreten, und das ist in Norrland wenig wahrscheinlich, wächst die Eis
decke nach oben und unten. Unterwärts bildet sich klares Festeis, das mit zunehmender Stärke langsamer zu
nimmt entsprechend der schlechten Kälteleitfähigkeit des Eises. Es erreicht also je nach Intensität der Tiefst
werte der Temperatur relativ bald ein Gleichgewichtsstadium. Für den Winter 1936/37 ergab sich nach Beob
achtungen an aufgebrochenen Schollen bisher vom Eisbrecher unberührten Festeises eine Stärke des klaren
Festeises von rund 25 cm. In diesem Teil erscheint die Struktur deutlich senkrecht zur Unterfläche (am Bruch
erkennbar), unterstrichen durch eingefrorene Blasenfäden.
Anders verhält es sich mit dem oberen Teil der Festeisdecke. Er wächst nach oben infolge Schneefalls.
Auf die erste Klareisdecke legt sich früher oder später Schnee. Dieser taut zeitweise, oft nur infolge mittäg
licher Einstrahlung, und der resultierende Pappschnee oder Brei friert wieder fest, neuer Schnee kommt später
darüber, und erneutes Frieren läßt diesen wieder mit der Eisdecke verschmelzen. Auf diese Weise entsteht über
dem klaren Eis eine milchig-trübe, poröse, strukturlose Eismasse, die ziemlich große Stärke erreichen kann
(Abb. 6). Selbst bei ganz leichtem, vorübergehendem Tauwetter wird, wie man leicht beobachten kann, sofort
die gesamte Schneedecke betroffen, die ihre Konsistenz von Pulver- bzw. Triebschnee in Pappschnee, später
Schnee-Eis verwandelt.
Vom Heck des Eisbrechers waren die frisch losgebrochenen Festeisstücke im Kielwasser gut zu studieren,
zumal durch das Strudeln und Spülen loser Schnee fort genommen wird. Eis dieser Art hat etwa folgendes Aus
sehen :
Die Farbe ist, soweit es sich um Festeis in Flußmündungsgebieten handelt, bräunlich-weiß, da das Wasser
der norrländi6chen Flüsse durch die reichliche Zufuhr von Moorwasser bräunlich wird. Diese Farbe macht