Georg Kerner: Salzgehaltsschwankungen im Oberflächenwasser des Nordatlantischen Ozeans 1920 31
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Im ganzen sind auch hierbei erhebliche Abweichungen festzustellen, denn Church findet einen Wert von
240—420 Seem. (Mittel 330 Seem.), was erst dem Abstand der 36% 0 -Isohaline von Halifax gleichkommen dürfte.
— Die Grenzen des Golfstromes sind also von Church sehr viel weiter südlich gezogen worden.
Ein noch viel größerer Unterschied besteht zwischen den Darstellungen von van Riel und Church. In der
Felberschen Zeichnung kommt man ungefähr zu denselben Werten wie bei der durch Salzgehaltsbeobachtungen
dargestellten Grenzlinie.
Folgende Gegenüberstellung veranschaulicht die eben erwähnten Unterschiede:
Mittlere Entfernung der nördlichen Golfstromgrenze von Halifax.
1. Pilot Charts 120—150 Seem. Mittel: 135 Seem.
2. Van Riels Darstellung . . 60—230 Seem. Mittel: 145 Seem.
3. Felbers Karte Mittel: 200 Seem.
4. nach Salzgehaltswerten . . 150-—265 Seem. Mittel: 205 Seem.
5. Church 230—420 Seem. Mittel: 330 Seem.
Zu beachten ist, daß die Karten 1—4 auf Mittelwerten über verhältnismäßig lange Zeiträume beruhen,
während 5 (Church) auf Einzelschnitten beruht. Die Berechnung nach van Riels Darstellung ist insofern un
sicher, als südlich und südsüdöstlich von Halifax geringe Strombeständigkeit gefunden worden ist .
2. Die gegenseitige Beeinflussung von Labradorstrom und Golfstrom. (Vgl. Abb. 3b)
Wenn man die Ursache der zusammenhängenden Schwankung von Golfstrom und Labradorstrom vor
wiegend im Labradorstrom sucht, kommt man zu folgendem Ergebnis: Beim Zusammentreffen des Golfstromes
mit den kalten und salzarmen Wassermassen des Labradorstromes südöstlich Neufundlands wird das Dichte
gefälle immer wieder verstärkt. Daß dieses bei besonders großer Menge der polaren Wassermassen größer als
im Normalfalle sein wird, ist einleuchtend.
Wird dem Golfstrom jedoch bereits im Westen durch das Vorhandensein eines starken Dichtegefälles eine
derartige Intensität erteilt, daß diese selbst bestehen bleibt, wenn infolge schwacher Zufuhr polarer Wassermassen
ein zweiter Bereich großer Dichtegradienten im Mischungsgebiet Golf-Labradorstrom fehlt, so wird er weit nach
Norden Vordringen können. Hohe Salzgehaltswerte sowohl im Mischwassergebiet als auch östlich davon sind die
Folge (1927). — Ist, umgekehrt, das Dichtegefälle im Westen gering, der Labradorstrom jedoch kräftig ent
wickelt, so werden die salzreichen Golfstromwassermassen von dem polaren Wasser nach Süden hin verdrängt.
Das Ergebnis ist das Auftreten negativer Salzgehaltsanomalien sowohl im Mischwassergebiet als auch im Osten
(1922).
Eine Stütze finden die vorstehenden Überlegungen in der Tatsache, daß eine Parallelität im Gang der Salz
gehaltsanomalien und den Eisverhältnissen an der Neufundlandbank besteht.
3. Auftreten der Eisberge.
Aus den Ausführungen auf Seite 9—10 ging bereits hervor, daß sich die Lage der 34% 0 -Isohaline im Ein
klang mit dem monatlichen Eisvorkommen in der Nähe der Neufundlandbank verschiebt. In gleicher Weise ist
neben dieser jährlichen Pulsation eine unperiodische Schwankung der polaren Wassermassen zu erwarten, die
mit der jeweils auftretenden Zahl der Eisberge Hand in Hand gehen dürfte. In Abb. 3c ist die Zustandskurve
des Labradorstromes mit der Anomalienkurve der südlich von 48° N. Br. auftretenden Eisberge verglichen.
Letztere ist gewonnen, indem die Differenzen der in einem Vierteljahr beobachteten Zahl der Eisberge von der
Normalzahl derselben Jahreszeit als Ordinatenpunkte, die Jahreszeiten als Abszissenpunkte in ein Koordinaten
kreuz eingetragen wurden 17 .
Die Kurven zeigen zwar nicht immer den gleichen Verlauf, doch erfolgt das Auftreten der Maxima und
Minima, vor allem der Hauptextreme (1924 und 1929) gleichzeitig. (Zahl der Eisberge im Frühjahr 1924: 2,
im Frühjahr 1929: 1168.)
17 Die Anomalien der Eisbergzahlen sind den Veröffentlichungen d. „International Ice Observation and Ice Service“, Season
1931, Washington 1932 (S. 25—26), entnommen.