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Aus dem Archiv der Deutchen Seewarte — 57. Band, INr. 1
Der Einfluß der durch die verschiedenen Kaltlufteinbrüche abgekiihlten kontinentalen Wassermassen
auf die Verhältnisse im Oberflächenwasser der Deutschen Bucht macht sich auch in einer Westwärtsverlagerung
der Isothermen und der Isohahnen bemerkbar. Die Figuren 72a—e enthalten Linien gleicher Temperatur-Pen-
tadenmittel. Man sieht deutlich, wie stark sich die Westwärtsverlagerung in den Isolinien zueinander aus
drückt. Während zur Zeit der 1. Pentade die 4° C-Isotherme im Raume Minsenersand — Elbe 1 —- westlich
Amrumbank liegt, geht sie zur Zeit der dritten Pentade zwischen Borkumriff und Norderney hindurch. Ver
gleicht man die Lage der 4° C-Isotherme während der ersten Pentade mit der zur Zeit der vierten, so kann man
Temperaturunterschiede im Mittel von mehr als 1° C feststellen. Nach Ablauf von rund 15 Tagen hat sich die
4° C-Isotherme auf 54°-Nordbreite um rund 52 Sm nach Westen verschoben, das entspricht ungefähr einer Ent
fernung von Elbe 1 bis zur Westspitze der Insel Juist und einer Geschwindigkeit, wenn man stetige Änderung
nach Westen annimmt, von 7,5 cm pro Sek. (siehe Figur 72f). Die Temperatur hat nach genauer Abschätzung in
15 Tagen um rund 1,1° C abgenommen. Die Lage der Isothermen zur Zeit der 4. Pentade ist die Extremlage,
da während der letzten Pentade wieder eine Ostwärtsverschiebung der Isothermen stattgefunden hat. Eins ist
hier noch bemerkenswert, daß nämlich die 4° C-Isotherme eine größere Verlagerung durchgemacht hat als z. B.
die 3° C-Isotherme.
Ähnliche Verhältnisse finden wir auch bei den Änderungen in der Salzgehaltsverteilung im Oberflächen
wasser der Deutschen Bucht. In den Figuren 73a und b und 74 sind mit Hilfe der Salzgehalts-Pentadenmittel und
der allgemeinen Salzgehaltsverteilung bei stationären Verhältnissen (siehe Abschnitt B II) sowie mit Hilfe der
Salzgehaltsbeobachtungen auf den oben erwähnten Dampfer-Routen die Schwankungen im Salzgehalt während
der fünf Pentaden festgehalten worden. Auch hier sehen wir eine Westwärtsverlagerung der Isohaiinen. Man
sieht auch hier deutlich, daß die am westlichsten liegenden Isohaiinen die größten Schwankungen durchmachen,
was auch Zorell [siehe (2)] in der Bearbeitung der hydrographischen Oberflächenverhältnisse der Deut
schen Bucht gefunden hat.
Die geographische Verteilung des mittleren Salzgehaltes zur Zeit der 4. Pentade (siehe Figur 74) ist auch
hier die Extremlage. In der letzten Pentade ist wieder eine geringe Ostwanderung der Isohaiinen festzustellen.
Nach dem Vergleich der Verhältnisse während der 1. und 4. Pentade hat die 34,0/oo-Isohaline nach Ablauf von
rund 15 Tagen sich um 37 Sm nach Nordwesten verschoben. Das entspricht einer Entfernung vom Feuerschiff
„Elbe 1“ bis nach Feuerschiff „Norderney“ und einer Geschwindigkeit von 5,3 cm pro Sek. Die Abnahme des
Salzgehaltes betrug auf dieser Strecke rund l%o. Auffallend in der Figur 74 ist, daß eine Abnahme des Salz
gehaltes an der nordfriesischen Küste mit einer geringen Zunahme desselben an der west- und ostfriesischen
Küste konform geht. Durch die Westwärtsverlagerung der Isohaiinen vor Schleswig-Holstein wird eine geringe
Südwärtsverlagerung derselben vor West- und Ostfriesland ausgelöst. Die 33 und 34/oo-Isohalinen aber machen
hierbei eine Ausnahme.
Die durch die Versetzung der kontinentbeeinflußten Wassermassen nach Westen zu gleicher Zeit zu beob
achtende Senkung des mittleren Wasserstandes an den friesischen Küsten soll kurz durch die Figur 75 ver
anschaulicht werden. Hier sind nur die Differenzen (B—R) = Ah zwischen den vorausberechneten (R) und
den beobachteten (B) Hochwasserständen bei Cuxhaven und Helgoland für Monat Februar miteinander ver
glichen worden. Man sieht sehr anschaulich, wie durch die anhaltenden Südostwinde in der zweiten Hälfte des
Monats das Wasser aus der Deutschen Bucht herausgetrieben wurde. Die Differenzen zwischen den Hochwasser
ständen (B) und (R) bei den beiden Pegelstationen werden gegen Ende des Monats negativ. Diese Erschei
nung ist also genau das Gegenteil wie der bei anhaltenden Nordwestwinden auftretende Wasserstau an den frie
sischen Küsten.
Wenn wir zum Schluß dieser Ausführungen uns noch einmal die zeitlichen Änderungen der Temperatur
und des Salzgehaltes auf der Dampfer-Route Esbjerg—Harwich vor Augen halten, so soll das Grundsätzliche
in den Erläuterungen, die für die Verhältnisse in der Deutschen Bucht gegeben wurden, auch für dieses
Meeresgebiet der südlichen Nordsee gelten (siehe Figur 65a-—b). Hier kann man von einer Südwärtsverlagerung
der Isothermen und der Isohaiinen im Oberflächenwasser des Hoofdengebietes sprechen. Die zungenförmige
Ausbildung der Isoplethen für Temperatur und Salzgehalt des kalten Wassers ist nach Auffassung des Verfassers
weiter nichts als die Wirkung der Kaltlufteinbrüche auf den hydrographichen Zustand im Oberflächenwasser der
südlichen Nordsee.