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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobscrvatonurns. — 57. Dd. Nr. 4.
es am Boden mit Schrumpfungsvorgängen zu tun, wodurch sich eine Schrumpfungsinversion ausbildet,
verstärkt durch die nächtliche Ausstrahlung. In dem dadurch entstehenden Kaltluftblock findet die stag
nierende Luft noch mehr Bedingung zum Schrumpfen. Darüber, über der Inversion, über der Abgleit
fläche, sinkt die Luft nun einfach ab und fließt hier stark auseinander, wobei sie sich in allen Höhen
gleich stark erwärmt.
Die Abgleitfläche ist durch die Inversion in den mittleren Aufstiegen (Figur 29) gegeben; man kann
sie in 500 bis 700 m ansetjen. Die Abgleitfläche ist aber auch gekennzeichnet durch ein Windmaximum,
das von vornherein schon durch theoretische Überlegung plausibel ist. Die absinkende Luft muß ja über
dem Kaltluftblock nach den Seiten abfließen. Das Windmaximum trat am Vortag von 27 Fällen zur 52 %
ganz deutlich auf (Anstieg über 2 m/sek.), am Haupttag zu 48 %, und zwar in den mittleren Höhen von
590 bzw. 570 m. Manchmal ist das Maximum ganz intensiv ausgebildet, vereinzelt ist der Abfall nach
oben und unten größer als 6 m/sek. Wir entwerfen nun nach alledem folgendes Bild von den mittleren
Verhältnissen: Durch eine stabile Zustandskurve, wie sie am 2. Vortag etwa herrschte, entsteht durch Ab
sinken in den oberen und durch Schrumpfen in den unteren Schichten eine Zustandskurve, wie sie etwa
am Haupttag herrschte. Dadurch entsteht eine Inversion und ein Kaltluftblock, über dem die absinkende
Luft abgleitet. Es gibt nun zwei Möglichkeiten, daß der warme, absinkende Höhenstrom direkt zu Boden
gelangt, nun nicht mehr als schrumpfende, sondern als absinkende Luftmasse, nämlich erst einmal in der
Abgleitzone des Hochs. Zweitens kann aber durch irgendwelche Vorgänge die absinkende Luft den Kalt
luftblock durchstoßen, oder vielmehr scheint das Primäre das Absaugen der Kaltluft zu sein, wodurch
der warmen Höhenströmung Fiat; gemacht wird. Was dann eintritt, ist Föhn aus freier Atmosphäre. In
beiden Fällen tritt im Meeresniveau die potentielle Temperatur der absinkenden Luft auf. Daß solche
Fälle Vorkommen, ist ja bereits bekannt, und es sind in der Literatur darüber mehrere Notizen vorhan
den (s. Lit.-Verz. 7 u. 8, S. 73 u. 19). Am 10. II. 1896 wird z. B. eine in Wien beobachtete hohe Maximal
temperatur bei tiefer relativer Feuchtigkeit erklärt durch absinkende Luft, die aus der Höhe aus einem
Hoch durch ein kleines, vorübergehendes Tief herausgesaugt wird.
Bei den untersuchten Fällen sind einige ganz typische Fälle, wo derartige Vorgänge zweifellos vor
sich gehen und die hohe Temperatur am Boden erzeugen. Von den ganzen 49 Fällen ließen sich 13 finden,
bei denen Föhn aus der freien Atmosphäre gewiß eine Rolle spielt. Es ist zwar nicht immer leicht zu ent
scheiden, auch wenn man von einem solchen Tag eine Zustandskurve sieht, ob es Strahlung war, die die
Inversion abbaute, oder ob die Inversion abgesunken ist. Bei den meisten Fällen werden sicher beide
Faktoren Zusammenwirken, und beide zusammen müssen natürlich am Boden eine höhere Temperatur
erzeugen als einer allein. Es scheint aber bei diesen Fällen der Dampfdruck zum Mittag hin abzunehmen
und die relative Feuchtigkeit einen abnorm tiefen Wert zu erreichen; das ist ja ganz einleuditend. Denn
die spezifische Feuchtigkeit nimmt ja mit der Höhe ab, wie die mittleren Aufstiege zeigen. Außerdem
zeigen sich auf den Wetterkarten immer auffallend eng begrenzte, kleine, schmale Gebiete auffällig hoher
Maxiina im Zwischengebiet zwischen Hoch und Tief, meist auf der Vorderseite eines flachen Tiefaus-
läufers, während im Hochdruckgebiet selbst viel tiefere Maxima auftreten. Nach all diesen Symptomen
sind diese 13 Fälle ausgesucht. Es fallen auf die Monate II 1, IV 2, V 1, VI 1, VII 3, VIII 1, IX 1, X 2,
XI 1 Fälle. Zunächst wurde gefunden, daß die Häufigkeit der Windrichtung folgende ist:
1. Vortag
Haupttag
NE
5
3
SE
25
23
SW
40
56
NW
30
18