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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums.
57. Bd. Nr. t.
Praktisch hat diese Kurve wenig Bedeutung, denn es kann ja jederzeit ein noch größerer Exzeß auf-
treten, der sie überschreitet. Jedenfalls umfaßt sie alle seit 230 Jahren beobachteten Exzesse und ver
seht uns jetjt in die Lage, endlich die Kurve der abnormen Maxima zu konstruieren.
Jetjt haben wir 2 Kurven, die beide repräsentativ für abnorm hohe Temperaturen sind. Wir teilen
einfach die Fläche zwischen beiden Kurven in irgendeinem Verhältnis auf, und zwar im Verhältnis 1:2
(2 Teile nach den absoluten Maxima, 1 Teil nach den hohen Maxima hin). Dieses Verhältnis ist natürlich
willkürlich gewählt. Die so entstandene Kurve heißt die Kurve für abnorm hohe Maxima. Sie ist nun
nicht durch einen konstanten additiven Betrag zur Kurve der hohen Maxima entstanden, sondern sie ist
eine Funktion der mittleren und absoluten Verhältnisse. Wie wichtig der Einfluß dieser letzten Kurve, der
absoluten Maxima, ist, zeigen die Verhältnisse im Februar und Dezember, wo wir annähernd gleiche Werte
von hohen Maxima haben, wo sich aber der additive Betrag im Februar auf über 2.5°, im Dezember
aber nur auf 1.6° beläuft. Deshalb müssen Mitte Februar die Temperaturen schon über 13° liegen, um
abnorm hoch zu sein, während Mitte Dezember nur 11° aufzutreten brauchen. Das wird man auch ver
stehen, wenn man bedenkt, daß im Februar die Sonne vereinzelt schon gewaltige Exzesse herbeiführen
kann (11. Februar 1899 18°), was im Dezember nicht möglich ist. Das alles enthält die Kurve. Die Schaf
kälte kommt auch gut zum Ausdruck, der Altweibersommer infolge der monatlichen Mittelung nicht. Die
Werte für abnorm hohe Maxima für die Monatsmitten lauten:
I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII
10 13 19 24 30 32 34 33 29 22 14 11
2. Die abnorm hohen Maxima in Potsdam 1920 bis 1934.
In dem Zeitraum 1920 bis 1934 wurden insgesamt 85 Tage mit Maxima gefunden, die über der Kurve
der abnormen Maxima liegen. Man kann nun nicht etwa alle diese Einzeltage allein betrachten, sondern
muß gewisse hintereinander liegende Tage zu Fällen zusammenfassen, die dann jedesmal einen Wärme
einbruch darstellen. Das zu umfangreiche Material und manchmal auch die zu lückenhaften Wetterkarten
ließen es nicht zu, alle diese Fälle zu behandeln; es sind aber etwa 80% , und zwar die markantesten, zur
genauen Untersuchung herangezogen. Für jeden Monat liegen ca. 4 Fälle vor. Insgesamt sind 49 Fälle
untersucht. Näher betrachtet sind immer die beiden Vortage und der Nachtag; Haupttag ist der Tag mit
dem höchsten Maximum.
Es zeigt sich nun, daß in allen Jahren außer 1924 abnorm hohe Maxima aufgetreten sind, am meisten
1921 (11) und 1932 (10). Am häufigsten traten sie ferner im Januar auf (10), danach kommen März, Mai,
Juni und August mit 9. Zuunterst kommen September und Oktober mit je 4 Tagen abnormer Maxima.
Da sich die Untersuchung der hohen Temperaturen auf das ganze Jahr hin erstreckt, ist cs einleuchtend,
daß zur Entstehung derselben alle möglichen Ursachen in Frage kommen. Von vornherein wird man
sagen können, daß im Winter mehr advektive Vorgänge die Ursache sind, im Sommer mehr Strahlung.
In welcher Jahreszeit dynamische Erwärmungsvorgänge besonders zur Erklärung herangezogen werden
müssen, wird die spätere Untersuchung zeigen. Es sollen im Folgenden daher besondere Typen von
Wärmeeinbrüchen behandelt werden, deren Einzelfällen gemeinsame Entstehung zugrunde liegt, zunächst
ganz unabhängig von der Jahreszeit. Es zeigt sich aber bald, daß ein und dieselben Entstehungsursachen
auf gewisse Jahreszeiten beschränkt sind, so daß durch die Auslese nach gemeinsamen Ursachen gleich
zeitig eine jahreszeitliche Auslese erfolgt. Manchmal ist aber infolge der zu großen Verschiedenheit in
den Elementen zwischen Winter und Sommer eine jahreszeitliche Trennung möglich. Um aber auch monat
lich die Verhältnisse genau zu erfassen, soll zum Schluß eine Übersicht gegeben werden, die erkennen
läßt, welche Arten von Wärmeeinbrüchen in den einzelnen Monaten auf getreten sind.
Zuerst sollen nun die Fälle behandelt werden, wo hauptsächlich advektive Vorgänge eine große Tem
peraturanomalie herbeiführen.