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Full text: 56, 1936

Gerhard Isbary: Das Inselgebiet von Ameland bis Rottumeroog 
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I. Die DttnenMldungen außerhalb des Inselkerns. 
Die Formenentwicklung auf den weiten Strandfläehen der Ostflügel der Inseln, die zuweilen über die Hälfte 
der Inseloberfläche umfassen (Schiermonnikoog, Norderney, Spiekeroog), ist bisher nur wenig beachtet worden. 
Im allgemeinen hat man sich auf den Inselkern beschränkt und die Strandfläche nur in unmittelbarer Nachbar 
schaft der Außendüne in die Untersuchung einbezogen. Und doch bestehen gerade hier die Voraussetzungen, um 
die Wanderung des Inselkörpers und die Erweiterung des Inselkerns nach 0 am Aufbau neuer Dünenketten zu ver 
folgen. Weiterhin sind auf dem völlig dem Einfluß des Inselkerns entrückten Teil der Strandfläche die Entstehung 
von Dünen und in ihrem Gefolge: eines kleinen selbständigen Inselkernes zu beobachten. Hier in diesem sich 
erst gestaltenden Gebiet der Inseln haben wir die Gelegenheit, unsere Anschauungen über die Entstehung der alten 
Inselkerne nachzuprüfen und zu festigen. 
Zu Unrecht werden vielfach die Vordünenfelder (so seien die Dünenfelder genannt, die unter dem 
Einfluß des alten Inselkerns entstehen) und die Urdünenfelder (wie wir die Dünenfelder jenseits dieses 
Einflusses nennen wollen) gleich den zahlreichen Kleinformen von vergänglicher Bedeutungslosigkeit nur als 
kurzlebige und mehr zufällige Gebilde angesehen, die, von jeder Sturmflut leicht zu Vernichten, nur im Hinblick 
auf die Entwicklung der Dünenformen des Inselkerns von Interesse sind. Gewiß, sie sind oft noch so wenig ge 
festet, daß sie ebenso schnell wieder verschwinden können, wie sie entstanden sind. Ihr Erscheinen, ihre Lage, 
Länge, Höhe und Breite, und das scheint uns das Bemerkenswerte, sind der Ausdruck derselben wirksamen Kräfte 11 , 
denen auch die Formenwelt des Inselkernes ihre Entstehung zu verdanken hat, ja ein viel frühzeitigerer, empfind 
licherer und klarerer Ausdruck jeglicher ihrer Veränderungen in ihrem Verhältnis zueinander; ebenso ist ihre 
Ausbildung vom ersten Augenblick ihrer Entstehung an den gleichen Gesetzen unterworfen. Sie treten nicht zu 
fällig und irgendwo auf, sondern deuten selbst in ihrer wenig widerstandsfähigen Gestalt bereits eine mögliche 
künftige Erweiterung eines Inselkernes oder den Umfang eines neuen Inselkernes an. Nicht die genügende Sand- 
zufuhr und ein ausreichend breiter Strand allein können zu neuer Dünenbildung führen, wenn die herrschende 
Windrichtung, häufige Überströmungen, die rhythmischen Veränderungen der Umrisse des Ostflügels ohne wirk 
liche Ausdehnung nach 0 (s. Kapitel III) und andere wirksame Kräfte dagegen stehen. Umgekehrt kann die immer 
bestehende Gefahr der Überflutung die Bildung nicht verhindern, wenn die Tendenz zum Aufbau bei den übrigen 
Kräften überwiegt. 
Die Strandfläche des Ostflügels besteht aus dem ihr eigentliches Rückgrat bildenden Strandwall — bei 
Ausdehnung des Ostflügels nach N oder NO ist ein ganzes Band voreinanderliegender Strandwälle zu denken — 
und der in seinem Schutz abgelagerten Sandmasse. Dieser Sand wird vom Wind vom Nordstrand vor dem Insel 
kern und daneben auch vom Inselkern selbst her nach 0 getragen. Er muß, um bewegt werden zu können, völlig 
schlickfrei und ungebunden sein. Je nach der Stärke des Windes wird der Sand 10 bis 30 cm vom Boden auf 
gehoben und in einem langmaschig fließenden weißen Schleier fortgetrieben. Durch diese Deflation wird die 
oberste Sandschicht flächenhaft abgetragen und der Strand in seinen trockenen Teilen erniedrigt. Nicht selten 
ist eine andere Art des Sandtransportes zu beobachten. Bei einsetzendem Sturm, oft verbunden mit plötzlicher 
lokaler Abkühlung, wird die oberste Lage Sand des trockenen und erwärmten Strandes von aufsteigender Luft 
in die Höhe gerissen und in dichten Wolken fortbewegt. Wenn die Sandkörner nicht gleich wieder sinken sollen, 
muß die Windgeschwindigkeit groß genug sein, um die Wirkung der Schwerkraft aufzuheben. Auf Borkum beob 
achtete ich, in den östlichsten Dünen des Ostlandes stehend, wie bei Sturm der Sand des Nordstrandes bis zu 
30 m Höhe emporgerissen wurde. Die Sandwolken waren so dicht geballt, daß der durchschimmernde Brandungs 
gischt schmutzig gelb erschien. 
Neben dem reinen Windtransport spielt der Wassertransport, der fast allein die Ausdehnung des Strand 
walles nach 0 bewirkt, auch für die Sandzufuhr der hinter dem Strandwall liegenden Strandebene eine große 
Rolle. Jede Welle schiebt einige Sandkörner auf den Strandwall hinauf, die, wenn sie einmal getrocknet sind, 
bald vom Wind über ihn hinüber gewirbelt und auf der Strandebene abgelagert werden. Während bei dem reinen 
Windtransport durch gegenseitiges Zerreiben die unterschiedliche Korngröße des Sandes stärker von der zurück 
11 Als „wirksame Kräfte“ werden künftig jene Kräfte kurz zusammengefaßt, aus deren Ringen miteinander die Inseln, 
ihre Form und ihre gesamte Formenwelt hervorgegangen ist und die von ihnen ständig beeinflußt werden, also die herrschenden 
Windrichtungen, die Richtung und Intensität aller Arten von Strömungen, die in der Folge der Gezeiten entstehen, und die 
Vegetation, und ebenso alle aus ihnen resultierenden Vorgänge.
	        
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