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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte, Band 56, Nr. 6
Daß das Auftreten von Höhentrübungen die gefundene Beziehung zwischen Strahlung und Horizontal
sicht vollständig verwischen kann, ist selbstverständlich (113). Auch andere Momente können hier maßgebend
werden, wie später näher gezeigt wird.
In Figur 10b sind die verschiedenen Trübungsmaße zusammengestellt. Die Kurven von q, T und P zeigen
ganz ähnlichen Verlauf wie die von Jo bzw. J r , während ß gemäß der Berechnungsweise der (nicht dar gestellten)
Differenz Jo_J r entspricht. Es nehmen also die Transparenzkoeffizienten (q) und die Durchlässigkeitsprozente
(P) mit steigender Sicht zu, die Trübungsfaktoren (T) und der Trübungskoeffizient iß) ab. Es geht aus Figur 10b
weiterhin die bekannte Luftmassen- (oder Sonnenhöhen-)Abhängigkeit des Transparenzkoeffizienten hervor, in
dem q mit zunehmender Sonnenhöhe abnimmt (95, S. 371) (99, S. 204), ferner der virtuelle Gang des Rottrü
bungsfaktors (117, S. 77), der mit steigender Sonnenhöhe zunimmt, ähnlich das Verhalten des Trübungskoeffizi
enten. Auch die voraussetzungslos auf gebauten Durchlässigkeitsprozente erweisen sich als nicht unabhängig von
der Sonnenhöhe (Luftmasse), während der Trübungsfaktor der Gesamtstrahlung Ts sich konstant verhält.
In Figur 10c ist der Verlauf der relativen und absoluten Feuchtigkeit und der Äquivalenttemperatur ab
fallend bis zur III. Sichtstufe, von da zur IV. Stufe aber mehr oder weniger stark ansteigend. Dieser Anstieg zu
den größten Sichtweiten hin war schon im Zusammenhang zwischen Sicht, Kernzahl und rel. Feuchtigkeit für
Landwind (s. Figur 8) — allerdings bei anderer Stufeneinteilung — aufgetreten und dort (S. 18) dis
kutiert worden. Wenn hier Ähnliches in Erscheinung tritt, so rührt dies hauptsächlich von dem Umstand her,
daß Landwinde mit 80% aller während der Strahlungsmessungen notierten Windrichtungen überlegen vertreten
waren. Aus Figur 10c geht weiter die bekannte Tatsache hervor, daß mit steigender Sonnenhöhe infolge der
Temperaturerhöhung die rel. Feuchtigkeit abnimmt und die Äquivalenttemperatur zunimmt, während über
die abs. Feuchtigkeit keine eindeutige Aussage gemacht werden kann.
b) Einzelwerte der Strahlungsintensität und der daraus berechneten Trübungsmaße (daneben die Luft
feuchtigkeit) als Funktionen der Sichtweite.
1. Intensität der Gesamt- und Rotstrahlung, prozentischer Rotanteil an der Gesamtstrahlung und Sichtweite.
In Fig. 11 sind die Einzelwerte von J°, J r und J r /J 9 als Funktionen der Sichtweite (Abszisse) dargestellt
und zwar für die Sonnenhöhen 15.5° und 35.5°.
Von einer regelmäßigen und wenigstens innerhalb der Genauigkeitsgrenzen einheitlichen Zunahme der
Strahlungsintensität mit steigender Sichtweite kann nicht die Rede sein; wenn auch die Tendenz im allgemeinen
dieselbe ist wie in Fig. 10a, so sind die Schwankungen doch wesentlich beträchtlicher, als die Genauigkeit der
Meßmethoden zuließe (109). Die Streuung der Einzelwerte nimmt ab mit steigender Sonnenhöhe, allerdings
auch die Neigung einer leicht zu denkenden mittleren Kurve, dies besonders beim Rotanteil, wo für 35.5°
Sonnenhöhe kaum mehr eine Beziehung zur Sichtweite vorhanden ist. (Vgl. Fig. 10a.) Bemerkenswert ist ferner
die große Differenz der durch punktierte Linien verbundenen Einzelwerte hei einer Sichtweite von 27 und 65 km
(h = 15.5°).
Zunächst könnte bei der Suche nach der Ursache der starken Schwankungen an latente Fehler bei der
Sichtbestimmung gedacht werden. Für die Ergebnisse der Sichtmessungen waren aber jeweils Stützen vorhanden
in Bemerkungen über die Sichtbarkeit des Festlandes im Osten und Nordosten, wo teilweise in über 30 km Ent
fernung Einzelheiten der Landschaft klar und deutlich zu erkennen waren. In diesem Zusammenhang wurde
auch versucht, durch alleinige Verwendung der am Leuchtturm in Kämpen/ Sylt (vgl. I. Teil Tab. 2 S. 8)
gemessenen Sichtweiten einen evtl, über die technische Vermeidbarkeit (vgl. I. Teil, S. 8) hinausgehenden
Beleuehtungseiniluß auszuschalten. Das in Figur 11 vorliegende Bild blieb dadurch aber nahezu unverändert,
so daß für die Einsenkungen in den Kurven nur noch meteorologische Ursachen in Frage kommen können. Es
werden deshalb die an den Js-Kurven mit Ziffern versehenen Beobachtungen näher erläutert.
Die in Figur 11 mit 1 und 1' bezeichneten Werte waren am Vormittag des 12. September 1934 beobachtet
worden. Punkt 1 ist ein extrapolierter Wert, da die bei 6° Sonnenhöhe nur 7 km betragende Sichtweite infolge
einbrechenden dichten Nebels rasch sank (auf weniger als 100 m!), und Aktinometermessungen erst hei 26°
Sonnenhöhe begonnen werden konnten. Möglicherweise entspricht Punkt 1 einem normalen Intensitätswert, da
ja eine Sichtweite von nur 10 km schon eine beträchtliche Trübung der unteren Luftschichten voraussetzt. Der
Rotanteil ist gleichzeitig entsprechend der durch Dunst relativ weniger geschwächten Rotstrahlung groß (99,
S. 204) (78, S. 95). Punkt 1' (bei h = 35.5°) ist offenbar dadurch gestört, daß die Dunstschichten durch die
Einstrahlung vom Boden abgehoben und auf gelockert wurden, wie aus der Erhöhung der Sichtweite von 10 km
auf 33 km und aus dem Rückgang der Strahlungsschwächung ersichtlich wird 19 . Während der Beobachtung an
dem genannten Vormittag wurde bei h = 32° vermerkt, daß der Horizont bis in 10° Höhe überall schmutzig
blauweiß erschien.
Punkt 2', gemessen am Nachmittag desselben ±ages (12. September) hei etwas geringerer Sichtweite, ist
augenscheinlich durch Kondensationsvorgänge im Cirrusniveau gestört, (die vielleicht schon bei 1' unsichtbar
■wirksam waren) denn bei auffrischenden, von NE nach NW drehendem Wind (Stärke 5) wurde dort notiert, daß