Skip to main content

Full text: 56, 1936

10 
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte, Band 56, Nr. 6 
keit, die G. M e 1 a n d e r (41, S. 65) ausgesprochen hat, daß nämlich die größeren Kerne durch Hängenbleiben 
an den Zuleitungen des Kemzählers den Rezipienten nicht mehr erreichen können; denn bei geringen Keim 
zahlen wurde meist der Rezipient ganz mit frischer Außenluft gefüllt, so daß die Zuleitungen dadurch ausge 
schaltet waren. — Die Möglichkeit, daß bei geringen Keimzahlen und starker Trübung nicht alle Kerne erfaßt 
worden sind, ist allein nicht ausschlaggebend, weil auch für relativ große Kernzahlen keine Eindeutigkeit der 
gesuchten Beziehung resultiert. 
4. Nach dem in der Einleitung Gesagten ist es wahrscheinlich, daß die Gesetzmäßigkeiten, nach denen die 
Sicht von der Kernzahl, Kerngröße und deren Verteilung abhängt, sich mit der Beleuchtung durch Tages- und 
Sonnenlicht ändern (s. a. 58). 
5. Wenn man die Erfahrung, die man bei Keimzählungen machen kann, nämlich die, daß die Kern- 
tröpfchen um so kleiner sind, je mehr gleichzeitig ausfallen, d. h. je größer die resultierende Kernzahl ist, auf 
die atmosphärischen Verhältnisse überträgt, so läßt sich schließen, daß die Größe gewisser, u. U. am stärksten 
vertretener Kerngruppen umgekehrt proportional der Kernzahl bei gleicher Feuchtigkeit ist. Eine ähnliche 
Schlußfolgerung läßt auch der von H. Köhler (30) ausgesprochene Satz zu, „daß die Schnelligkeit, mit der 
eine sichtbare Wolke entsteht, mit abnehmender Kernzahl steigt“. 
Ein die Abschnitte 1, 3 und 5 demonstrierendes B eispiel sei hier in der zur Beobachtung Nr. 138 3 notierten 
Bemerkung gegeben: 
14. Juni 1934, 10.00 Uhr: (Sichtweite 7 km, Kernzahl 850/cm 3 , rel. Feuchtigkeit 85%, Wind WNW 3, 
See ruhig, 10/10 Stratus) Die Kerntröpfchen im Kernzähler erscheinen sehr klein, obwohl das Papier im 
Rezipienten frisch angefeuchtet und vor dem ersten Kolbenzug ziemlich lange gewartet wurde. Zwei Stun 
den später setzt nach 14tägiger Trockenzeit Regen in Form von kurzdauernden Schauern ein. 
Nach den obigen Resultaten ist eine Konstanz der Wigand sehen Formel natürlich nicht möglich. Die 
Werte der „Konstanten“ schwanken (nur bei Seewind-Beobachtungen) zwischen 40 und 1500. 
Ein Einblick in die tieferen Zusammenhänge der Sichttrübung läßt sich wohl erst dann gewinnen, wenn 
Meßmethoden zur Verfügung stehen, mit denen neben der vollständigen Kernzahl auch die Kemgrößen und 
deren Verteilung erfaßt werden können. 
b) Die Versuche mit Nicolschem Prisma und farbigen Filter gläsern. 
Bei den äußerst zahlreichen, bei allen möglichen Wetterlagen 5 6 vorgenommenen Versuchen konnte in 
keinem Fall auch nur die leiseste Andeutung einer tatsächlichen Sichtverbesserung festgestellt werden. Eine 
scheinbare Verbesserung tritt fast immer dadurch ein, daß bei bestimmten Stellungen des Nicols der Hori 
zont mehr oder weniger verdunkelt erscheint, beim Weiterdrehen des Prismas sich aber wieder aufhellt, so daß 
der Zielkontrast wieder gleich dem mit bloßem Auge gesehenen wird. Um eventuelle Subjektivitäten des Ver 
fassers auszuschalten, wurden vielfach auch Laien gebeten, die Versuche unbeeinflußt durchzuführen. Diese und 
auch verschiedentliche Versuche, die im August und September 1933 vom Verfasser in Heidelberg ausge 
führt worden waren, wobei hauptsächlich die Berge der Hardt (Pfalz) als Ziele gedient hatten, ergaben keine 
Sichtverbesserung. 
Diese Ergebnisse stehen in bisher noch unaufgeklärtem Gegensatz zu den von T y n d a 11 und Hagen- 
bach (7, 46) gewonnenen. Nach E. Karrer und U. Smith (24) soll eine Sichtverbesserung mittels Nicol 
schem Prisma nur bei besonderen Bedingungen möglich sein; T y n d a 11 soll sogar in dichtem Londoner Nebel 
verschwundene Objekte durch ein Nicolsches Prisma sichtbar gemacht haben. Dies ist aber kaum glaubhaft, da 
bei dichtem Nebel die Teilchen im Verhältnis zur Wellenlänge des Lichtes so groß sind, daß von einer merk 
lichen Polarisation kaum die Rede sein kann. — Die Gegensätzlichkeit der Ergebnisse auf Sylt und in der ober 
rheinischen Tiefebene zu denen im schweizerischen Gebirge lassen sich nicht ohne weiteres auf klimatische 
Unterschiede zurückführen, denn die Domo sehen Untersuchungen über die Luftlichtpolarisation in Davos 
(11) stützen das Sylter Ergebnis. C. Domo fand eine Zunahme der Differenz zwischen der Polarisation des 
Horizontlichtes und der des Luftlichtes mit zunehmender Zielentfernung. Das heißt: mit zunehmender Luft 
strecke (Auge—Ziel) ändert sich das Verhältnis der polarisierenden zu den depolarisierenden gröberen Teil 
chen zugunsten der letzteren, während die Polarisation des Horizontlichtes hauptsächlich in größeren Höhen 
der Atmosphäre entstanden zu denken ist, also immer wesentlich stärker polarisiert sein wird als das Luftlicht 
vor den Zielen, falls dieses überhaupt nennenswert polarisiert ist. Wird also vor einem Ziel, das vor dem Hori 
zont steht, das Luftlicht teilweise durch ein Nicolsches Prisma geschwächt, so wird das Horizontlicht (also das 
Licht des Hintergrundes) mindestens im selben Maße geschwächt, meist aber noch stärker (wegen der stärkeren 
5 Die Beobachtungstabellen sind niedergelegt in der Bibliothek der Deutschen Seewarte zu Hamburg, ferner in der Staats- u. 
Universitätsbibliothek zu Hamburg und in der Universitätsbibliothek Berlin NW 7. 
6 Besonders häufig wurden die Versuche an Tagen angestellt, an denen optische Trübung durch Schlierenbildung vor 
herrschte. Dabei wurde auch die Augenhöhe variiert bis in allernächste Bodennähe, wo teilweise das ganze Landschaftsbild in den 
aufsteigenden Luftstromfäden zitterte.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.