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Full text: 56, 1936

Käthe Ulrich: Die Morphologie des Roten Kliffs auf Sylt 
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Die von Becksmann 21 und Jessen 22 aufgestellte Theorie der Sandverfrachtung vom Strande auf 
die Terrasse muß abgelehnt werden, weil der am Kliffhang hinaufstreichende Wind nach eigenen Beobachtungen 
keinen Sand mit sich führt. Bei der großen Höhe des Kliffs im nördlichen Gebiet des Vorkommens der be 
schriebenen Sandanhäufungen wäre auch nur Sturm in der Lage, Sand bis zur Oberkante zu transportieren. Bei 
Sturm wird jedoch der Strand vollständig überflutet und bleibt auch zur Zeit der Ebbe in einem Zustand der 
Durchfeuchtung. Darauf wies schon R e i n k e 23 hin: „... Nach der Ansicht von Jentzsch (in P. Gerhards 
Dünenbau) würde wenigstens eine Verstärkung der dem Kliff auf lagernden Düne durch Flugsand auch heute 
noch Vorkommen können. Dagegen ist geltend zu machen, daß ein Hinaufblasen von Sand auf die 20 m hohe 
Diluvialkante des Kliffs nur von einem Weststurm erwartet werden könnte. Allein gerade bei Weststurm ist das 
Aufwirbeln von Flugsand am Strande unmöglich, weil die schäumenden Wogen dann den ganzen Sandstrand bis 
zur Wand des Kliffs hin bedecken und an dieser hinauf spritzen . . 
Durch den bei starkem auflandigen Wind auf der Terrasse herrschenden Sandsturm wird ihre Oberfläche 
ausgeblasen und abgeschliffen. Das in großen Teilen der Terrasse heute wieder freiliegende Windkanterpflaster 
(Bild 10) bedeckt nicht überall dicht die humose Zone des Decksandes. Daher werden nicht nur die Formen der 
Windkanter durch die Korrasion verschärft, sondern außerdem die darunterliegende Decksandoberfläche ausge 
blasen und vor allem im Sommer zu einer lackartigen Glätte poliert. Durch die Stärke der vorkommenden Winde 
in Verbindung mit der Insolation entsteht hier in dem ausgesprochen feuchten Nordseeklima eine Bildung, die 
aus ariden Gebieten bekannt ist. 
In den niederschlagsreichen Perioden und vor allem nach Frost verliert sich im Winter die Glätte und 
Festigkeit der Terrassenoberfläche. Unmittelbar nach dem Auftauen des gefrorenn Bodens ist er so weich, daß 
die Steine durch ihre eigene Schwere einsinken. Wie schon ausgeführt wurde (s. S. 19), sind auf der Terrasse bei 
Frost Risse in einer von der Kliffkante begrenzten, etwa 2 m breiten Zone sichtbar. Sie scheinen als Ursache 
von Absackungen im Zusammenhang zu stehen mit der Ausbildung von Regenschluchten am Kliff. 
Bei den schon vorhandenen Schluchten läßt sich oft eine Fortsetzung der Vertiefung im Kliffrand in der 
Form einer einfachen, meist nur kurzen Kerb rinne erkennen, die unter Umständen durch rechtwinkliges Um 
biegen einen zum Kliffrand parallelen Verlauf haben kann. Es ist zu vermuten, daß auch diese oberen Einkerbun 
gen mit den Frostspalten im Zusammenhang stehen. Außerhalb der beschriebenen Randzone konnten auf der 
Terrasse keine Frostrisse beobachtet werden. 
Die Erosion durch fließendes Wasser spielt auf der Terrasse kaum eine Rolle. Die Oberfläche scheint be 
sonders dort, wo die humose Zone der Decksande fehlt, stark wasserdurchlässig zu sein. Selbst nach starken 
Regenfällen ist in den wenig ausgeprägten Vertiefungen der Terrasse kein stehendes Wasser vorhanden, und es 
kommt auch im Gebiet ihrer Absenkung im Süden (Buhnenfeld 28/27) nicht zur Ausbildung von Abflußrinnen. 
Stärkere Durchfeuchtung zerstört die lackartige Kruste auf der humosen Deckschicht. 
Auch an der Terrasse lassen sich periodische Veränderungen feststellen, die sich im Laufe eines Jahres 
vollziehen. Im Winter ist die Terrasse stärker von Sand entblößt als im Sommer, weil die winterliche Feuchtig 
keit des Sylter Klimas den Sandtransport hindert. Auch durch die Wirkungen des Frostes ist eine jährliche 
Periode der Formenentwicklung bestimmt. Die stärksten Zerstörungen werden jeweils zur Zeit der Sturmfluten, 
also vor allem im Frühjahr und Herbst angerichtet. 
Damit ist gezeigt, daß, so verschiedenartig die Formungsgesetze des Strandes, des Kliffs und der Terrasse 
über dem Kliff auch sind, ihre stärkste Umbildung durch Zerstörung zusammenfällt in die Zeit der Sturmfluten. 
In den dazwischenliegenden Zeiträumen bewirken am Strande Sandanschwemmung und Sandflug, am Kliff 
Erosion durch fließendes Wasser und auf der Terrasse schwächerer Sandflug vor allem im Sommer einen gewissen 
Ausgleich der Zerstörungsformen. 
Doch weder die Vertiefung der Abrasionsplatte vor dem Kliff, noch das Zurückweichen des Kliffs und 
des die Terrasse begrenzenden Dünensteilrandes können dadurch aufgehalten werden, solange im Sylter Klima das 
Vorherrschen starker auflandiger Winde andauert, das — wie schon gesagt wurde (vgl. S. 9 und 11) — vor 
allem bedingt ist durch die Lage der südlichen Nordsee zur Hauptzugstraße der wandernden Minima. 
VIII. Der Kliffabbruch nach den Vermessungen des Wasserbauamtes Husum 
Seit 1884 werden vom Husumer Wasserbauamt in Abständen von meist zwei bis vier Jahren bestimmte 
Profile der gesamten Westküste von Sylt vermessen. Die Profile sind ungefähr 500 m voneinander entfernt und 
geben die Lage des Dünen- (bzw. Kliff-)randes, bezogen auf eine im Jahre 1897 neu festgelegte Null-Linie an. 
21 E. Becksmann: Fossile Brodelböden im Profil des Roten Kliffs (Sylt) und damit zusammenhängende diluvial 
geologische Fragen. Neues Jahrb. f. Min. Abt. B. 1931. 
22 W. Jessen: Die postdiluviale Entwicklung Amrums und seine subfossilen und rezenten Muschelpflaster. (Unter 
Berücksichtigung der gleichen Vorgänge auf Sylt und Föhr.) Jahrb. d. preuß. geol. L.-A. Bd. 53. 1932. 
23 R e i n k e , a. a. O.
	        
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