Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 56. Band, Nr. 1
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der Wellen infolge örtlicher Unebenheiten der Strandfläche. Vielleicht mögen auch beim Rückzug des Wassers
einzelne größere Wellen durch ihr zungenförmiges Vorgreifen in solchen ausgerundeten Formen auswaschen
können (Bild 11). Die Nischen werden stets nach einiger Zeit durch die atmosphärischen Einflüsse zerstört (meist
durch Abbruch oder Abrutsch des darüberliegenden Materials).
Nicht immer kommt es durch den Brandungsangriff zur Bildung eines Vorkliffs oder zum Abstürzen der
oberen Kliffteile. Wird bei einem stark durchfeuchteten Lehmschutthang von unten Material entnommen, so reißt
er oben ein und gleitet längs einer Scherfläche um ein Stück nach unten ab. Die Abrißlinien bilden stets eine
wellenförmige Kurve und begrenzen die Gleitfläche, deren oberer Teil über dem abgerutschten Schutt sichtbar
ist (Bild 11).
Die Wirkung eines zerstörenden Brandungsangriffes ist sichtbar durch einen Vergleich der Bilder 6 und 7.
Die einfache Form eines fast glatten Steilhanges mit oder ohne Schutt vor dem unteren Teil wird vor allem
durch die Wirkung des abfließenden Regenwassers verändert. Das neuversteilte Kliff wird nach kurzer Zeit zer
furcht durch ein System von Regenrillen, das in dem verschiedenartigen Material verschieden ausgebildet ist.
Im braunen stark verwitterten Lehm (obere Zone der Moräne) verlaufen die Rinnen annähernd parallel
nebeneinander ohne Verzweigungen. Sie sind steilwandig eingeschnitten (mit fast rechteckigem Querschnitt), und
die geringen Richtungsänderungen ihres Verlaufes sind als scharfe Winkel ausgebildet (vgl. S. 15).
In den südlichen Teilen des Kliffs, wo selbst am alten Hang die Lehmkruste über den unteren Sanden
nur dünnschichtig ausgebildet ist, kommen noch scharfkantigere Formen der Regenrinnen vor (vgl. S. 15). Je
größer der Sandgehalt des Hangmaterials ist, desto scharfkantiger und mehr zickzackförmig ist die Form der
ihn durchfurchenden Regenrinnen.
Am geringsten ist der Anteil des Sandes in dem grauen tonreichen Material der unteren Zone des Geschiebe
lehms. Hier sind die Voraussetzungen zur Entstehung von Badland-Formen gegeben (vgl. S. 15): Die Zerfurchung
des Hanges führt zu einer vollständigen Auflösung in Rillen und Grate, die sich zu kompliziert verzweigten
Systemen zusammenschließen und bei heftigen Regengüssen von zahllosen kleinen Wildbächen erfüllt werden
(Bilder 2, 3).
Die Ausbildung der Regenrinnen beginnt jeweils erst etwa 2 bis 4 m unterhalb der Kliffoberkante. Der
obere Teile des Kliffs ist nahezu glatt, weil die Steilheit des Hanges hier die Abspülung wirkungslos macht. Nur
die durch in der Kliffkante vorhandene Vertiefungen entstehenden Regenschluchten zerschneiden in meist größeren
Abständen das Kliff in seiner ganzen Höhe.
In der Entwicklung der Schluchtformen ließen sich drei typische Stadien herausstellen (vgl. S. 15):
a) flach schüsselförmige Mulde mit einfacher Abflußrinne.
b) Ausweitung der Abflußrinne oberhalb des Kaolinsandes. Vertiefung der Rinnenmündung.
c) Entstehung eines steilwandigen Einsturztrichters durch den Einbruch des Lehms über der mittleren Rinnen
ausweitung. Auch die Mündung der Schlucht oberhalb des Strandes wird trichterförmig erweitert (unter
Mitwirkung von Brandungsangriffen). (Bild 5.)
Bei älteren Schluchten prägt sich häufig die Wirkung des von oben wasserfallartig in den Trichter stürzen
den Regenwassers durch eine Kolkbildung an seinem Grunde aus. Die Entwicklung der Formtypen solcher
Regenschluchten ist in allen Gebieten des Kliffs dieselbe, bedingt durch die überall vorkommende Folge der
Materialunterschiede: Sande — toniger Lehm — sandiger Lehm. Charakteristisch ist stets die Versteilung der
Formen oberhalb des rostigen Grenzkonglomerats, das die Moräne von den unteren Sanden trennt. In der Regel
liegt der Scheitel eines durch Einsturz der oberen Massen entstandenen Trichters an der Grenze dieser beiden
Kliff schichten.
Durch die Abspülung werden charakteristische Hangtypen ausgebildet. In den von braunem Lehmschutt
gleichmäßig dicht bedeckten Teilen des Kliffs entsteht ein einfach konkaves Hangprofil. Jedes Hervortreten des
tonreichen Moränenmaterials macht sich durch eine Versteilung bemerkbar. Dort, wo die unteren Sande an der
Ausbildung der Hangoberfläche beteiligt sind, entsteht an ihrer oberen Grenze (gegen den Geschiebelehm) ein
scharfer Knick.
Nicht die gesamte Menge des Regenwassers leistet durch die Abspülung erodierende Arbeit. Ein Teil wird
— besonders bei wenig heftigen langandauernden Niederschlägen — vom Kliffmaterial aufgenommen. Durch eine
starke Durchfeuchtung wird vor allem die Beschaffenheit des braunen Lehms verändert. Aus dem im trockenen
Zustande harten, etwas brüchigen Material wird eine breiartige Masse, die in ein langsames Abfließen kommt
(Bild 4). Ein durch Brandungsangriff eingeleitetes Abgleiten von Lehmschutt längs einer Scherfläche kann durch
einfache Abschwemmung des durchfeuchteten Lehms fortgesetzt werden. Ein solches Abfließen kam nicht vor bei
dem wasserundurchlässigeren grauen Lehm und bei dem sehr porösen Kaolinsand.
Das von der Kliffoberfläche abgespülte Material wird weiter unten, vor allem dort, wo das herabfließende
Wasser den Strand erreicht, abgesetzt. Daher bilden sich überall an den Mündungen der Rinnen Schwemmkegel,
deren Neigung von der Korngröße des abgespülten Materials abhängig ist (Bild 5). Schwemmkegel, die zum über
wiegenden Teil aus abgespültem Moränenmaterial bestehen, haben Neigungswinkel von 6° bis 15°, bei den sand
haltigen Schwemmkegeln des südlichen Kliffgebietes kamen Winkel von 25° vor. Der Absatz des mitgeführten
Materials geschieht dort, wo die Transportkraft des herabfließenden Regenwassers abnimmt. Bei dem einfachen