Inge Paulsen: Das tüdchilenische Fjordgebiet
19
Der westliche Ausgang der Magellanstraße hat zwischen den Buena-Esperanza-Klippen und dem
Kap Pillar eine Gesamtbreite von 14 km bei einer 100-m-Tiefenzone von 8—9 km Breite, die sich an dieser
Stelle verengt, um sich als etwa 3 km breite Rinne nach SW hin fortzusetzen und in einen breiten Ausgangs
trichter auf dem Schelfrand zu münden. Es ist also die alte trichterförmige Flußmündung noch deutlich
zu erkennen. Sie zeigt — den großen Ausmaßen der Magellandepression entsprechend — die stärkste
Übertiefung, die sich an dieser Mündungsform im südchilenischen Fjordgebiet beobachten läßt. (Erosions
basis etwa 200 m.) Die Höhe der Ausgangsschwelle beträgt innerhalb der Abflußrinne 109 m (vgl. Ta
belle 2.) Außerdem ist noch eine zweite rinnenförmige Einsenkung von 80—100 m Tiefe vorhanden, die
sich nördlich einer Erhebung von 56 m u. M. (Grund: Fels) hinzieht und sicherlich ebenfalls von dem ab
fließenden Eise sowie den Schmelzwässern benutzt wurde, nur daß hier anscheinend kein präglaziales
Flußtal vorhanden war. Zur Zeit seiner weitesten Ausdehnung aber hat das Eis in Form eines Vorland
gletschers sicherlich nicht nur diese beiden Hohlformen ausgefüllt, sondern auch das zwischen ihnen ge
legene Gebiet bedeckt (vgl. Kap. Trinidad-Golf, wo sich dieselben Verhältnisse finden).
Der Abschluß des inneren Tiefenbeckens am Ausgang der Magellanstraße, der hier durch die 100-m-
und 200-m-Isobathe markiert ist, entspricht allem Anschein nach einem letzten Eisvorstoß (vgl. Trinidad-
Golf und Concepcion-Kanal).
6. Das Feuerländische Inselgebiet.
Südwestlich der Magellanstraße dehnt sich mit einer Unzahl von Fjorden und Kanälen das Feuer
ländische Inselgebiet aus, das besonders an seinem SWlichen Außenrand derartig stark in kleinere Insel
gruppen aufgelöst ist, daß man nur schwer einzelne Fjordkanäle unterscheiden kann. Es sollen daher
nur die größeren dieser Kanäle Erwähnung finden und eine genauere Einzelbetrachtung der künftigen
Forschung Vorbehalten bleiben.
Geologisch besteht das Gebiet aus der granitischen Zone, die den westlichen Außenrand bildet und
den Schiefern, die den Hauptteil des Gebirges aufbauen und in der Nähe der granodioritischen Zone durch
Dynamo- und Kontaktmetamorphose so stark verändert wurden, daß sie nur schwer von den Eruptiv
gesteinen zu unterscheiden sind (27, S. 62; vgl. auch 21, S. 33). Das Streichen (d. h. die Spaltungsrich
tung) der Schiefer stimmt mit der Gesamtrichtung der Cordilleren überein (6, S. 231/33), die von SO nach
OSO umbiegend auf der Staateninsel ihre Fortsetzung finden. In das östliche Tafelland reicht nur der
nördliche Teil des Whiteside-Kanals hinein; sonst liegt sie außerhalb dieses Kanalgebietes.
Der Gebirgsrichtung folgen die Hauptfjorde, die in einem nördlichen (Verlängerung der Magellan
depression in Gabriel-Kanal — Admiralitäts-Fjord—Fagnano-See) und einem südlichen System (Ballenero
— Beagle-Kanal) angeordet sind. Es findet sich also auch hier das charakteristische Merkmal des süd
chilenischen Fjordgebietes in dem Vorherrschen der Längskanäle, die sich zu größeren einheitlichen
Systemen zusammenfassen lassen.
Dieselbe SOliche Richtung wiederholt sich noch einmal in der äußeren granitischen Randzone, wo
man eine Reihe von kürzeren Kanalstrecken zu einer einheitlichen Depressionslinie verlängern kann:
Wakefield-Kanal— Brecknock-Kanal — Ballenero-Kanal, und östlicher Aventura-Kanal — Seno Luisa —
Seno Navidad-Kanal nördlich der Inseln Thomas und Carolina. Die SO-Richtung tritt ferner auf im
Allexandria-Kanal und dem gegenüberliegenden Estero Mana, in den „Zwillingskanälen“ Gabriel-Kanal —
Fitton-Bucht: Keats-Kanal — De-Agostini-Fjord, sowie in zahlreichen kleineren Einschnitten und Straßen
des südlichen Gebietes. Sie bildet also die Hauptdepressionsrichtung des feuerländischen Bereichs, wobei
jedoch zu beachten ist, daß sie hier nicht wie im westpatagonischen Gebiet als Diagonalrichtung, sondern
als Längsrichtung auftritt, also dem System Ia der nördlichen Gebiete zu vergleichen ist.
Eine besondere Eigenart zeigt die morphologische Gestaltung des östlichen Beagle-Kanals: Glaziale
Aufschüttungen bewirkten hier eine Aufhöhung des Bodens mit dahinterliegenden Gletscherzungenbecken
(vgl. D. Adm. K. 714 u. Karte Caldenius), so daß man diesen Teil des Kanals als „Übergangsgebiet mit
glazialer Akkumulation“ von den eigentlichen Fjordformen zu unterscheiden hat.
Übermeerische Fortsetzungen der Fjorde sind in manchen Fällen zu beobachten (z. B. am Parry-
Fjord; vgl. 1, S. 134), am großartigsten ausgebildet aber findet sich eine solche Fortsetzung in der tiefen
Depression des Fagnano-Sees, die völlig die Gestalt eines Fjordarmes hat und nur durch die kurze über
meerische Schwelle des Azopardo-Tales vom Admiralitätsfjord getrennt wird (vgl. 26, S. 82 ff.).