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Full text: 56, 1936

Gerhard Isbary: Das Inselgebiet von Aineland bis Rottumeroog 
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es jedenfalls schwer zu glauben. Solange vorherrschend westliche Winde durch Strandversetzung auf den Nord 
strand der friesischen Inseln und Gezeitenströmungen auf die Gaten zwischen ihnen einwirkten, solange müssen 
wir ein bei dem friesischen Hauptbogen nach NW sich öffnendes Gat und ebenso ein nach NW gerichtetes Riff 
annehmen, welches das durch das Gat strömende Tief begleitet. 
Nach einer mehrere Jahrhunderte dauernden Ruhezeit, in der auch auf Ameland und Schiermonnikoog die 
Bildung der Dünenmuscheln vor den Reststücken der alten Binnendüne anzusetzen ist, folgten den voraus 
gegangenen Veränderungen im Gebiete der Zuiderzee, für den Raum hinter Ameland und Terschelling indirekt 
aber auch der Aufschlickung der Middelzee, vor der sich die in das Watt eindringenden Wassermassen stauten 
und die Zwischenzone dadurch mehr und mehr angriffen, im 12. und 13. Jahrhundert die großen Landverluste, die 
mit der traurig berühmten Julianaflut vom 9. Januar 1164 begannen. Ganz Friesland wurde betroffen; Wieringen 
wurde zur Insel. Schon 1170 folgte die nächste vernichtende Flut, die die Zuiderzee verbreiterte und Texel end 
gültig zur Insel machte. Zwischen diesen Fluten und den beiden verwüstenden Marcellusfluten von 1219 und 1277 
liegt der endgültige Verlust bzw. die Überströmung der schon weitgehend aufgelösten Verbindungszone 
Terschellings (1283 Untergang der „Stadt“ Griend) und Amelands. 
Bietet so die küstennahe Zwischenzone ein Bild der Zerstörung, so wurde der Mensch durch die Auf 
schlickung und Einpolderung der Middelzee reichlich entschädigt; sie war im wesentlichen im 15. Jahrhundert 
abgeschlossen. Nur das Bildt bestand noch als verhältnismäßig flachgespannte Bucht. Die Geschichte seiner 
Landwerdung und Einpolderung spiegelt die Veränderungen wieder, die die Lage des Tiefsystems vor 
dem Bildt in jener Zeit erfuhr. Der Zustand im 16. Jahrhundert war etwa folgender: Der Flutstrom drang 
durch das Vlieländer Gat mit der Meep auf der einen Seite und durch das Koggegat mit dem Kogge- 
diep und durch das Amelander Gat mit der Krommen Balg, die als Rest des alten Unterlaufes der Middelzee 
anzusehen ist, auf der anderen Seite in das Watt hinter Terschelling ein. Das abfließende Wasser der Bildtbucht 
und damit die Gewässer des Ostergos, die durch das Leiezijl in die Bildtbucht austraten, wurden durch die Kromme 
Balg zum Amelander Gat geführt. Die endgültige Verlegung des Haupttiefs zum Amelander Gat muß also bereits 
lange vorher stattgefunden haben. Die Wirkungsscheide — denn bei der selbst bei Niedrigwasser bestehenden, 
wenn auch flachen Verbindung von der Krommen Balg zur Meep durch das Trobbelop (auch „Trubbel op“ oder 
„Troffel“ geschrieben) am nordwestlichen Bildt vorbei kann von einer eigentlichen Wattwasserscheide nicht 
recht gesprochen werden — der Tiefsysteme im Watt hinter Terschelling muß etwa auf der Linie Midsland 
(Terschelling)—Minertsga gelegen haben, da westlich dieser Linie durch die Wirkung des zum Vlieländer Gats 
gehörenden Tiefsystems ein Anwuchs nicht mehr stattfand. Ostwärts im Bildt geht der Anwuchs jedoch im 
16., 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gerade in nordwestlicher Richtung in großem Maßstab 
vor sich. Schon der 1505—1508 eingedeichte Oude Bildtpolder dehnte sich am stärksten nach NW aus. Der 
1600 eingedeichte Nieuwe Bildtpolder und der 1715 eingedeichte Westerbildtpolder sprangen zur Zeit ihrer An 
lage geradezu bastionsartig nach NW vor, während im östlichen Bildt, im Bereich der Krommen Balg, noch 
eine Einbuchtung vor Vijfhuizen blieb. In der Mitte des 18. Jahrhunderts verschoben sich dann die Verhältnisse. 
Die Meep hatte sich weiter nach O vorgearbeitet und erreichte in ihrer erodierenden Wirkung das nordwestliche 
Bildt. Damit muß sich auch die Wirkungsscheide zwischen den Tiefsystemen des Vlie Gats und der alten Middel- 
zeegaten ostwärts verschoben haben bis zu einer Linie, die etwa von Hoorn auf Terschelling nach De Zwarte Haan 
im Bildt läuft. Der Anwuchs hörte nun vor dem nordwestlichen Bildt auf, ja, im 19. Jahrhundert begann der 
Abbruch des Vorlandes, dem man durch die Anlage zahlreicher Buhnen zu wehren suchte. Dagegen war im öst 
lichen Bildt die Bucht durch die Verlegung des Haupttiefs nach NO, wodurch die Kromme Balg zu einer be 
deutungslosen Balge wurde, in den toten Winkel gekommen und schlickte rasch auf. 1754 wurde der Oosterbildt- 
polder, 1765 der Norderleegpolder eingedeicht. Ende des 19. Jahrhunderts konnte die ganze restliche Bucht mit 
einem Sommerdeich umgeben werden. Doch hat sich schon wieder seitdem ein mehrere 100 m breites Außenland 
an dieser Stelle gebildet. 
Die Ostwärtsverlegung des zum Vlieländer Gat gehörenden Stromsystems und im Zusammenhang damit 
die Ostwärtsverschiebung der Wattwasserscheide gehen auf die Auswirkung der durch das Vlieländer Gat gegen 
über dem Amelander Gat zeitlich früher eintretenden und wieder austretenden Gezeitenströmung zurück. Nicht 
allein das früher von W ins Watt auflaufende Wasser, sondern hauptsächlich das nach W wieder früher ablaufende 
Wasser mußte in seiner erodierenden und gestaltenden Wirkung dem von O kommenden und nach O wieder 
abfließenden Wasser überlegen sein und seinen Wirkungsbereich ständig auf dessen Kosten erweitern. 
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zur Ausbildung einer regelrechten Wattwasserscheide durch die 
hauptsächlich ins 18. Jahrhundert fallende Verschiebung des zum Amelander Gat gehörenden Tiefs nach O. Der 
alte, ehemals wichtigste, südwärts verlaufende Teil des Tiefs, die Kromme Balg, wurde dadurch in zunehmendem 
Maße bedeutungslos und schlingerte kraftlos zwischen den immer größer werdenden Platen und Sanden hin und 
her. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Kromme Balg von der Ostwärtsbewegung mitgerissen, ob 
gleich das Tief sie bereits verlassen und sich ostwärts ein neues Bett gesucht hatte, sprang dann noch einmal 
zurück und trennte dadurch die Haantjes Plaat von den Waardgronden ab, die südlich der nunmehr mit Ter 
schelling zusammenwachsenden Boschplaten liegen, wurde dann aber doch wieder nach O abgedrängt und ist 
gegenwärtig nur mehr eine kurze, schmale und wirkungsschwache Balge an der linken Seite des Tiefs. Eine
	        
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