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Full text: 56, 1936

Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 56. Band, Nr. 3 
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ein enges Gat zusammen, wie es heute das Amelander Gat darstellt, sondern hatte sich einen weiten Mündungs- 
triehter geschaffen, der vom Ostflügel des alten Terschelling bis zum Westkopf Amelands reichte. 
ln diesem Mündungstrichter lagen zwei größere Platen, die Groote und die Kleine Boschplaat, die durch 
das Boschgat voneinander getrennt wurden. Das Boschgat hat aber nie Bedeutung erlangt oder gar dem Haupttief 
des Mündungsgebietes den Durchlaß gewährt, da die Boschplaten im Rücken durch einen ausgedehnten Sand zu 
sammengehalten wurden, dessen höchster Teil (der später „Kämpen Zand“ genannt wurde), über MHW lag. Auf 
allen älteren Karten ist der alte Zustand Terschellings und das breite Gat in seinem Osten erkennbar. Noch 1770 
(IX) erscheinen die Groote Boschplaat von Terschelling durch das 8—9 m tiefe Koggendiep, das an der Stelle 
der heutigen Koggegronden lag, die Kleine Boschplaat wiederum von der Grooten durch das 5—6 m tiefe Bosch 
gat und schließlich Ameland von der Kleinen Boschplaat durch das 12—14 m tiefe Amelander Gat getrennt. Daß 
es sich nicht um späte Loslösungen von Terschelling handelt, beweist u. a. das Fehlen jeglicher alten Siedlungen 
auf den Boschplaten. Die Inselkeme sind aber spätestens im frühen Mittelalter, z. T. wohl sogar in vorgeschicht 
licher Zeit besiedelt worden. Vielmehr ist dieses Gebiet bereits schon von der Middelzee zur Zeit ihrer Entstehung, 
also vor dem Einsetzen der heute erkennbaren Besiedlung Terschellings und Amelands, in seiner alten Gestalt zer 
stört und neugestaltet worden. 1787 88 noch wird die Breite der Lücke zwischen Terschelling und Ameland mit 
zwei Stunden Gehens (rund 7,5 km) angegeben. Das entspricht ungefähr dem Abstand des Amelander Westkopfes 
von dem Ostende der Smousjesduinen auf Terschelling. Daraus ist zu entnehmen, daß damals die Groote Bosch 
plaat bereits als zu Terschelling gehörend betrachtet wurde. Vom Boorndiep wird gesagt, daß es an und für sich 
das größte und beste Fahrwasser der Nordsee sei, aber wenig Nutzen habe, da es binnenwärts gegen Bänke stieße, 
die Schiffen mit einem Tiefgang von mehr als 8 Fuß (rund 2,5 m) die Durchfahrt nicht gestatteten. Erst seit 
dem Ende des 18. Jahrhunderts, fortwirkend bis zur heutigen Zeit, ist in der Auswirkung der Kräfteverschiebung 
im Wattengebiet auf natürliche Weise der Zusammenschluß Terschellings mit den beiden Boschplaten erfolgt, der 
durch Menschenhand verstärkt wird. Doch selbst heute noch sind die ehemaligen Gaten in ihren Umrissen zu 
erkennen. So dehnt sich ostwärts von Pfahl XXII bei Hochwasser eine weite Wasserfläche bis zum Fuß der 
Smousjesduinen aus, die vom Ostende des Terschellinger Inselkernes aus wie eine eigene Insel erscheinen. 
Während vor einem Jahrzehnt die Sturm- oder Springflut bis an den Südhang des verbindenden Strandwalles ge 
langen konnte, wird das nunmehr durch die Anlage zweier kilometerlanger, mit Reisschirmen und Buschwerk be 
setzter Sanddeiche verhindert. 
Es ist für eine Beurteilung der Strömungsverhältnisse jener Zeiten wichtig, zu wissen, ob das Amelander 
Gat immer das Gat des Mündungsgebietes der Middelzee gewesen ist, durch das das Haupttief strömte, wie 
Jessen es annimmt. Es scheint im Gegenteil vieles darauf zu deuten, daß das Tief der Middelzee nicht nur 
durch das Amelander Gat, sondern auch durch das Koggegat mündete. Dafür spricht das scharfe Umbiegen des 
linken Ufers des Bildt, das den nördlichsten, uns durch Einpolderung erkennbar gebliebenen Teil der Middelzee 
darstellt, aus dem nordwärts gerichteten Verlauf in eine NW-Richtung auf eine Linie Engelum—Beetgum— 
Berlikum—Minnertsga, was eine Verbindung zum Amelander Gat ganz unwahrscheinlich macht. Vielmehr scheint 
sich in der trichterartigen Gestalt des Bildt die Mündungsbreite und die doppelte Mündungsmöglichkeit des 
Hauptstromes auszudrücken. Wahrscheinlich hat das Haupttief im Mündungsgebiet der Middelzee mit den nach 
0 wandernden Sanden und Platen mehrfach zwischen den beiden Hauptgaten gewechselt, wodurch die große 
Breite der Lücke zwischen Terschelling und Ameland überhaupt erst entstand. Auch ist daran zu denken, daß der 
Flutstrom das Koggediep und der Ebbstrom das Boorndiep vorzugsweise benutzte. Das Bildt als Mündungs 
gebiet zu bezeichnen und zu erklären 89 , scheint uns nicht berechtigt zu sein. Da das Mündungsgebiet der Middel 
zee nicht hier, sondern zwischen Terschelling und Ameland lag, wäre die Ausbildung des Bildt zum trichter 
förmigen Mündungsgebiet erst nach der Verwandlung der verbindenden Zwischenzone dieses Raumes in Watten 
anzusetzen. Dagegen spricht deutlich die Lage der alten Siedlungen, die ja älter als die Überströmung und Auf 
lösung der Zwischenzone sind und die das ehemalige Ufer des Bildt begleiten; das bedeutet, daß diese Sied 
lungen bereits die trichterförmige Anlage des Bildts bei ihrer Gründung voraussetzten. Wodurch aber hätte auch 
die so späte mündungsartige Erweiterung verursacht werden können? Die Middelzee selber hatte zu jener Zeit 
schon den größten Teil ihrer einstigen Ausdehnung verloren. Und den Rest wird man wohl nicht für ein ver 
hältnismäßig so ausgedehntes „Mündungsgebiet“ verantwortlich machen dürfen. Es liegt näher, das Bildt als 
ein Gebiet der frühzeitigen Auflösung und Ausräumung der Zwischenzone anzusehen, verursacht durch den Ein 
fluß der beide Gaten nacheinander oder auch zur gleichen Zeit benutzenden Gezeitenströmungen. Das Gebiet im 
Rücken der Boschplaten und zwischen Kogge- und Boorndiep, das jeder Sturmflut besonders ausgesetzt sein mußte, 
wäre dann als Watt- und Quellerland aufzufassen. Im Ingressionsgebiet der Middelzee, besonders in ihren 
mündungsnahen Teilen, muß die Auflösung der gesamten Zwischenzone hinter Ameland und ihre Ausbildung zu 
Watten begonnen haben. 
An einen ursprünglich fast nach N auf das Amelander Gat zu gerichteten Verlauf der unteren Middelzee 
und eine spätere Verlegung und Richtungsänderung des Gates von N nach NW, wie Jessen es darlegt, fällt 
88 Nr. 3. 
80 Nr. 56, S. 52.
	        
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