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Full text: 56, 1936

Gerhard Isbary: Das Insel gebiet von Ameland bis Rottumeroog 
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annehmen, die, abhängig vom Zusammenspiel der wirksamen Kräfte, an die ihnen bestimmten Lagegebiete ge 
bunden sind, dort wachsen, ersterben oder auch zerstört werden können. Sie können nicht über große Strecken 
wandern, sondern liegen im großen ganzen fest. Wandern kann nur ihr Material, flächenhaft oder zusammen 
gehäuft in verschiedenen Formen sekundärer Dünen. Die älteste Dünenkette eines Dünengebietes ist nicht eine 
Außendüne, aus deren Deflationsmaterial sich die dahinter liegenden Dünenketten bildeten, sondern die Binnen 
düne, die sich primär auf einem Urdünenfeld als erste Dünenkette eines sich bildenden Inselkernes entwickelte. 
Alle anderen, vorhandenen Dünenketten entstanden nacheinander als Außendünen. Ihre Bildung und die Aus 
bildung der Dünenmuscheln der untersuchten Inselkerne werden in den beiden nächsten Abschnitten zu be 
handeln sein. 
2. Die Vordünenfelder. 
Vordünenfelder finden sich rings um den Inselkern seewärts seiner Außendüne. Es wird notwendig sein, 
sie einzuteilen in solche, die sich gegen die Richtung der herrschenden Winde, der Inselverschiebung und Riff 
wanderung bilden, also bei den meisten friesischen Inseln westlich vom Scheitelpunkt des Dünenkomplexes, und 
solche, die mit der Richtung der wirksamen Kräfte entstehen, das ist in den meisten Fällen östlich vom Scheitel 
punkt des Dünenkomplexes. Es muß einmal eine Zeit gegeben haben, in der sich um die alten Binnendünen Vor 
dünenfelder, die zu Dünenketten wurden, in von W—0 geschlossenen Bögen gebildet haben. Als die Möglich 
keit der Entstehung geschlossener Dünenketten seewärts um den alten Inselkern nicht mehr bestand, war die 
Bildung der Dünenmuscheln bzw. Hufeisen abgeschlossen. Was seitdem an neuen Dünenketten entstand, erweiterte 
nur den vorhandenen Inselkern. Gegenwärtig gibt es nur selten Vordünenfelder des Westkopfes, da W- und NW- 
Strand der meisten Inseln in Abbruch liegen. Ihre Entstehung und Ausbildung zu Außendünenketten war in den 
letzten Jahrzehnten auf Terschelling 16 zwischen dem Leuchtturm und Pfahl VII und auf Juist 17 vor der Neuen 
Bill zu beobachten. Beiden Inseln lagert sich bei einem weit westlich liegenden Landungspunkt der Riffe eine nach 
W vorspringende Sandplatte, der Noorder Vaarder und der Haak an; deshalb leiden sie dort nicht unter Abbruch, 
sondern dehnen sich eher noch in dieser Richtung aus. Die geringe zeitweilige Erweiterung des Amelander und 
Schiermonnikooger Inselkerns nach W und SW geschieht nicht durch Bildung von Vordünenfeldern, sondern 
durch seewärtige Verschiebung des Fußes der Außendüne. Auf beiden Inseln werden die Ausbildungsgebiete der 
west- und ostseitigen Vordünenfelder durch das Gebiet der Riffanlandungen scharf getrennt. Die eingreifenden 
Veränderungen, die das Nähern eines Riffes und das zwischen ihm und dem Strand eingepreßte Tief auf den 
schmalen Strand und die Außendüne ausüben, geben der Entwicklung von Vordünenfeldern nicht die notwendige, 
mehrjährige Ruhezeit. 
Die Neubildung von Vordünenfeldern auf der Ostseite kann in der Weise vor sich gehen, daß ein vor 
handenes System von Dünenketten um eine neue Kette erweitert wird; das geschieht im Ablauf einer bereits be 
stehenden Erweiterungstendenz des Inselkernes. Nach längerer Zeit der Stagnation pflegt dagegen plötzlich eine 
großzügige Neubildung von Dünenketten vor sich zu gehen, die sich, einmal ausgelöst, an die indessen vor sich 
gegangenen Veränderungen im Verhältnis der wirksamen Kräfte zur Inselkerngestalt, sei es durch Vergrößerung 
oder Verkleinerung der Inselgestalt, sei es durch Veränderungen seiner Umrisse oder durch eine Verschiebung 
nach 0, anzupassen sucht. Das bedeutet, daß die neu entstandene Tendenz zur Erweiterung des Inselkernes durch 
den Aufbau neuer Dünenketten bisher unausgenutzte Erweiterungsmöglichkeiten ausschöpft und erneut dem Insel 
kern eine Gestalt gibt, die sich im Verhältnis der wirksamen Kräfte zum Inselkörper wieder im Gleichgewicht 
befindet. Im Ablauf der neuen Erweiterungstendenz entstehen mehrere Dünenketten, die ein genetisch zusammen 
gehöriges Dünenkettensystem bilden. In einigen Fällen ist es auch nur eine Kette; das Dünenkettensystem hat sich 
dann nicht ausbilden können, da die Erweiterungstendenz, schnellen Veränderungen folgend, sich erneut verschoben 
hatte. Das neu entstehende Dünenkettensystem schließt gegen die alte Außendüne des Inselkerns eine mehr oder 
weniger große Strandfläche und zwischen ihren einzelnen Ketten die zur jeweiligen Außendüne gehörige Rinne ein. 
Ostseitige Vordünenfelder gibt es auf Terschelling, Ameland, Schiermonnikoog und Borkum in großer 
Zahl. Auf Ameland und Schiermonnikoog ist nachzuweisen, daß eine Reihe höherer Dünen des Inselkerns sich 
erst in allerjüngster Zeit aus Vordünenfeldern entwickelt haben. Wenn so die Möglichkeit gegeben ist, die 
Struktur des gesamten Dünenkomplexes des Inselkerns rückwärts in ihren einzelnen Bestandteilen erkennen und 
auf ihr relatives Alter hin untersuchen zu können, verdienen die unter unseren Augen entstehenden Vordünen 
felder um so größere Beachtung, als sie unter günstigen Bedingungen zu Dünenketten werden können, in jedem 
Fall aber, ob sie bestehen bleiben oder wieder vernichtet werden, eine künftige Erweiterungsmöglichkeit des Insel 
kerns darstellen. Es wird das Ziel der Betrachtung sein, deutlich zu machen, daß das Vordünenfeld das Jugend 
stadium einer Dünenkette ist, und daß eine Reihe von Formen der Dünenkette bereits im Vordünenfeld an 
gelegt werden. 
Die Basis, die bei der Entstehung der Urdünenfelder durch die wattseitige Wirkung des Wassers gebildet 
wurde, wird bei der Entstehung der Vordünenfelder durch die Rinne gegeben, die vor dem Fuß der Außendüne 
entlangführt und die ihr Wachstum erst ermöglicht. Sie ist am schmalen Nordstrand von geringer Breite und ist 
16 van Dieren, Nr. 37. 
17 Windberg, Nr. 114, S. 59.
	        
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