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Full text: 55, 1936

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 55. Band Nr. 6 
raassen nicht abgetrieben werden, während der Flutstrom eine weitere Stauung in der Binnenelbe 
verursacht (siehe A. Lohr [10]). 
Die Einwirkung des Eisgangs auf die Oberflächenl'ormen will ich im einzelnen nicht behandeln, 
da meine Beobachtungen nicht ausreichen, um sichere Schlüsse zu ziehen. Besonders stark wird sich 
das Eis wohl im Gebiet der Ebb- und Flutstrombänke auswirken, da auch die Strömungen bei Eis 
gang weitgehenden Veränderungen unterworfen sind. 
Die Niederschläge. 
Beobachtungen über die Wirkung der Niederschläge im Gebiet der Watten sind bisher wohl 
niemals gemacht worden. Und es gehört auch gewiß nicht zu den Annehmlichkeiten, die abtragende 
Wirkung des Regenwassers zu untersuchen. Ich hatte im Sommer 1934 mehrere Male Gelegenheit, 
bei schweren Regengüssen Beobachtungen darüber machen zu können. 
Im allgemeinen wird das Regenwasser wohl kaum eine bedeutende Rolle spielen, da das Watt 
zum größeren Teil des Tages vom Wasser bedeckt ist. Aber bei Niedrigwasser können die Folgen 
unter Umständen verheerend sein. Denn wir müssen nicht nur die abtragende Wirkung des Regens 
in Betracht ziehen, sondern auch die dadurch erfolgende Auflockerung des Sedimentes, die eine leich 
tere Aufbereitung durch die nächste Flut ermöglicht. Die Abtragung ist in den meisten Fällen eine 
flächenhafte, nur unter besonderen Umständen kann auch eine Tiefenerosion stattiinden. 
Die dabei entstehenden Formen sollen in dem Abschnitt über die Rieselmarken besprochen 
werden. 
Pflanzen- und Tierwelt. 
Die geschützte Lage, die durch undurchdringliches Binsen- und Rethdickiclit bedingt wird, be 
günstigt ein reiches Tierleben. Aber auch auf den freien Watten, besonders den Schlickwatten, sind 
Tiere und Pflanzen nicht ohne Bedeutung. 
Zu gewissen Jahreszeiten, im Frühjahr und Spätsommer, bedeckt ein dichter Diatomeen- und 
Grünalgenrasen (Euglena div. spec.) die Schlickwattflächen. Sie bieten den in Millionen von Exem 
plaren vorhandenen Schnecken') (hauptsächlich Limnaea ovata) eine willkommene Nahrung. Über 
all sieht man ihre perlschnurartigen, spiralig gewundenen und schleifenförmigen Fraßspuren. Diese 
mikromorphologischen Formen sind insofern von Bedeutung, als sie der Verfestigung der zuletzt 
abgelagerten Schlickschicht durch Diatomeen entgegenarbeiten. Gegen Limaea ovata treten die 
übrigen Molluskenarten vollständig zurück. Paludina, Dreissensia und Anodonta habe ich lebend 
nicht beobachtet. 
Die Schalen können gelegentlich lokal angehäuft werden: Spülräume, Aufschüttung vor Abbruch 
kanten. Der Kalkgehalt der Uferzone geht meist auf Schalen von Paludina zurück. Sehr stark kalk 
haltige Sedimente sind die Ablagerungen der Grübben und Gräben auf den Kulturhalligen. 
Im Schlick leben ungezählte Exemplare des Röhrenwürmchens Tubifex. Seine Bedeutung für die 
Sedimentbildung ist noch nicht bekannt. Die Röhrenfährten dieses Wurms durchsetzen zwar den 
Schlick derart, daß eine wabige Struktur entsteht, aber eine Entschichtung des Sediments wird nicht 
bewirkt. Das Absterben der Würmer, deren Leichen im Frühjahr in Verwesung übergehen, gibt zu 
einer starken Schwefelwasserstoff-Entwicklung Anlaß. 
Daß die Vögel unter Umständen auf die Gestaltung der Wattoberfläche einwirken, habe ich bereits 
an einem Beispiel klarzumachen versucht. Aber auch an der Ausbildung der Kliffs, Priele usw. können 
sie beteiligt sein. So ernähren sich z. B. die Wildgänse von den Rhizomen des Dreikants (Scirpus 
triqueter) und richten dadurch an den Rändern von Gräben und Prielen großen Schaden an. Aus 
diesem Grunde w r erden auch die zahmen Gänse, die auf der Binnenelbe zur Aufzucht ausgesetzt 
werden, im Vorland nicht geduldet, weil sie dieselbe Vorliebe für die knollenartigen Rhizome haben. 
*) Anmerkung. Die Gastropodcn überwiegen im Niederelbewatt, während im Seewatt die Muscheln stärker 
vertreten sind. Auch was W, Haarnagel (42) Muscheln nennt, sind in Wirklichkeit Schnecken (Vivipara).
	        
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