Walter Hansen: Die Strömungen im Barents-Meer im Sommer 1927 auf Grund der Dichteverteilung. 37
Zusammenfassung.
Zum Schluß wollen wir noch einen Überblick über die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit geben.
Aufgabe war es, auf Grund der Beobachtungen der „P»seidon“-Fahrt 1927 ins Barents-Meer die Wasser
bewegungen zu ermitteln. Da Geschwindigkeitsmessungen nicht vorliegen, konnte nur die aus Salz
gehalt- und Temperaturbeobaehtungen berechnete Dichteverteilung verwendet werden. . Der Zusammen
hang zwischen Dichte, Druck und Geschwindigkeit wurde durch die hydrodynamisdien Gleichungen ge
geben; um von diesen allgemeinen Formeln auf die von Sandström und Helland-Hansen aufgestellte
Beziehung zu kommen, waren mehrere Voraussetjungen nötig, und zwar, daß die Bewegung beschleunigungs
los und stationär sei und daß die Reibung vernachlässigt werden dürfe. Es zeigte sich, daß es im großen
und ganzen erlaubt ist, die ersten beiden Voraussetzungen zu machen. Insbesondere ließ der Wieder
holungsschnitt auf 30° östlicher Länge erkennen, daß wohl durch die wechselnde Mächtigkeit des Küsten
stromes Yor dem europäischen Festland Änderungen bewirkt werden, daß aber das Gesamtbild der Wasser
bewegung erhalten bleibt. Die Beobachtungen an den Dauerstationen wiesen darauf hin, daß zwar kurz
dauernde Schwankungen vorhanden sind, diese sind aber nicht in der Lage, die Wasserbewegung, die
durch die Dichteverteilung bedingt ist, vollkommen zu überdecken. Mit der Frage nach der Wirkung der
Reibung steht in engem Zusammenhang die Frage nach der Größe der Geschwindigkeit des Wassers am
Boden. Es darf vielleicht noch einmal an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß die Sandströmsche
Formel nur Geschwindigkeitsunterschiede zu berechnen gestattet. Um Absolutwerte der Geschwindigkeit
zu erhalten, war es nötig, eine Annahme über die Geschwindigkeit zu machen. Es zeigte sich, daß es am
günstigsten war, die Geschwindigkeit am Boden gleich Null zu setjen, man ist dann in der Lage, die er
rechnten Werte als Mindestgeschwindigkeiten zu betrachten, das soll heißen, die wirkliche durch die
Dichteanordnung bedingte Wasserbewegung ist höchstens größer, aber nicht kleiner als die berechnete,
wobei allerdings vorauszusetjen ist, daß die zu berechnende Gesehwindigkeitskomponente ein für die ganze
Tiefe konstantes Vorzeichen besigt. Eine Übertragung der Ergebnisse der modernen Hydrodynamik, wie
sie etwa in der Prandtl’schen Grenzschichtentheorie vorliegen, auf die Bewegungsverhältnisse am Meeres
boden, speziell im Barents-Meer, erwies sich als nicht durchführbar, dafür wären zum mindesten Angaben
über die Bewegung des Wassers am Boden nötig gewesen, aber solche liegen wohl heute auch aus anderen
Meeren nicht vor. Nach der Besprechung dieser notwendigen Voraussetjungen konnte dann an die Dar
stellung der Geschwindigkeit in den meridionalen Vertikalschnitten gegangen werden. Es ergab sich weit
gehende Übereinstimmung mit den Ergebnissen über die Strömungen, die B. Schulz in den „Berichten“ aus
Salzgehalt- und Temperaturverteilung abgeleitet hat. Insbesondere wurde die Bodengestalt als wesentlicher
Faktor für die Ausbreitung des atlantischen Wassers erkannt, so daß das Westwasser zunächst der Bären
inselsenke und dann den einzelnen Senken, die sich auf der Mittelschwelle befinden, folgt. Dagegen ließ
sich an Hand der Vertikalschnitte nicht immer eine eindeutige Entscheidung über den Zusammenhang
zwischen den auf den verschiedenen Meridianen festgestellten Wassermassen treffen. Dazu mußten erst die
Darstellungen in den Horizontalschnitten herangezogen werden. Die Vertikalschnitte ließen aber besonders
auf 26° östlicher Länge die Bewegungsverhältnisse an der polaren Grenzfläche klar hervortreten. Die
Polarfront verläuft am Südabhang der Spitjbergenbank, dem entsprechend findet man nördlich davon auf
der Bank selbst den nach Westen fließenden Polarstrom, im Süden dringt über der Bäreninselsenke das
atlantische Wasser nach Osten vor, mehr oder weniger deutlich treten diese Verhältnisse auch auf den
weiter östlich gelegenen Schnitten hervor.
Um einen Einblick in die geographische Verbreitung der einzelnen Wasserarten zu gewinnen, mußten
Horizontalschnitte herangezogen werden. In der Meereskunde ist es ja üblich, für einen solchen Zweck die
relative Topographie von Isobarenflächen darzustellen. Für zwei verschiedene Tiefen wurden solche Karten
gezeichnet, dabei trat wiederum außerordentlich deutlich der Einfluß der Bodengestaltung auf die Aus