6
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 54. Bd. Nr. 6
Die mittleren Passatgrenzen : Entsprechend den Lageänderungen der Zone der größten Erwärmung,
die dem höchsten Sonnenstände mit einer Verzögerung von etwa 2 Monaten, besonders über dem Meere aber in
abgeschwächtem Maße folgt, nimmt auch die Nordostpassatzone im III*) ihre südlichste, im IX ihre nördlichste
Lage ein: Hann gibt als mittlere südliche bzw. nördliche Grenzen für das Nordostpassat-Gebiet für den III 3° bis
26°N, für IX 11° bis 35°N an. Die mittleren Passatgrenzen liegen über dem westlichen Teil des Ozeans süd
licher — bis zu 10 Breitengrade — als im Osten, wo sich mit Annäherung an den afrikanischen Kontinent dessen
Einfluß in wachsendem Maße zeigt: Beide Passatgrenzen, die äquatoriale mehr noch als die polare, lassen hier
ein kräftiges Aufwölben nach Norden erkennen; es ist die Monsunwirkung des Festlandes, die auch hierin ihren
Ausdruck findet. Der Südwestmonsun, der die Fortsetzung des Südostpassates der südlichen Halbkugel über den
Äquator hinaus darstellt, kommt im Winter kaum über Kap Palmas hinaus, reicht dagegen im Sommer nordwärts
bis 12°N. Folgende Zusammenstellung mag die Wirkung des Festlandes noch weiter verdeutlichen (10):
Mittlere Lage der nördlichen (P n) und südlichen (P s) Passatgrenzen zwischen 30°W und der afrikanischen
Westküste.
Monat
Westlänge:
Pn
30°
Ps
25 е
Pn
Ps
20°
Ps
Pn
Pn
15° (Küste)
Ps
II
20%
3
19
4
21
7
22
11
V
26
5%
26
7
25
10%
27
13%
VIII
28
15
30
17
32
20
34
21
XI
21
8
19
8
19
10%
21
12
Die Werte sind dem Kartenmaterial der holländischen „Quadrat“-Arbeit (10) als dem den größten Zeitraum um
fassenden Werk dieser Art entnommen. Sie weichen in den verschiedenen Untersuchungen etwas voneinander ab:
seinen Grund hat dies wohl weniger in der Verschiedenheit des Zeitraumes, als vielmehr in der verschieden
artigen Definition des Passates: Beispielsweise nahm Peppier (45) die Grenze zum Passat dort an, wo die Häufig
keitswerte des Passats diejenigen „unpassatischer“ Luftströmungen übertreffen, wobei er als Passat die östlichen
Winde mit äquatorwärts gerichteter Komponente bezeichnet. An anderer Stelle (44) gibt er die Bedingung, daß
mehr als 50% aller Winde aus NE wehen; Wendling (3) faßt unter Passat alle Windrichtungen zwischen N und E
zusammen. Bei vielen Arbeiten ist leider überhaupt nicht angegeben, was unter „Passat“ zusammengefaßt ist.
Die Abweichungen sind natürlich nicht sehr groß, man muß sie aber bei einem Vergleich mehrerer Veröffent
lichungen doch mit in Betracht ziehen.
Die Passatwindzone ist in ihren Begrenzungen durchaus kein beständiges Gebilde, vielmehr zeigen diese
Grenzen häufige und z. T. beträchtliche unperiodische Lageschwankungen. Wendling hat diese für das Jahr 1907
für die äquatoriale Passatgrenze zwischen 24° und 31°W untersucht (3): Die Lagen zeigen in den einzelnen
Monaten Unterschiede von 5 bis zu 13 Breitengraden. Fälle von großen Lageschwankungen innerhalb kurzer Zeit,
und zwar von 5 Breitengraden innerhalb von 2 Tagen, traten mehrfach auf (auch: 59).
Die Häufigkeitsverteilung der Windrichtungen weist natürlich im Kerngebiet des Passates zum überwiegen
den Teil passatische — aus N bis E — Winde auf, deren mittlere Richtung sich für die Jahre 1902 bis 1906 auf
dem östlichen Nordatlantik zu N 30°E ergab. Die extremen mittleren Monatswerte waren N 48°E im I und
N 18°E im V (46). Auf dem westlichen Atlantik ist die Richtung eine mehr östliche; mit Annäherung an den
afrikanischen Kontinent wird sie immer mehr nördlich (4, auf Tafel 9). Im einzelnen ist die Passatrichtung
Schwankungen in recht weiten Grenzen ausgesetzt. In den 5 Jahren 1902 bis 1906 lagen die monatlichen Mittel
werte zwischen N 2°W und N 61°E, während sich die Jahreswerte nur zwischen N 27°E und N 31°E bewegen.
Auf der Deutschen Atlantischen Expedition 1925 bis 1927 wurden große Richtungsschwankungen des
Passats auf dem östlichen Teil des Nordatlantischen Ozeans schon innerhalb kurzer Zeiträume beobachtet, bis zu
41 Grad an einem Tage (30).
Unpassatische Winde treten auch im Kerngebiet des Passates im langjährigen Durchschnitt noch auf; als
Beispiel sei die Windverteilung im 5-Grad-Feld 15—20 C N, 25—30°W — Feld 39d in der internationalen Be
zeichnung nach Marsden — angeführt, die diese Tatsache deutlich erkennen läßt. Die Werte sind wieder der
holländischen „Quadrat“-Arbeit entnommen:
Mittlere Verteilung der Häufigkeit bei den einzelnen Windrichtungen im Fünf-Grad-Feld 39d, 1870—1914.
Monat Windrichtung
N
NE
E
SE
S
SW
w
NW
C
II
5
60
10
5
—
—
5
5
5
V
10
70
10
—
—
—
—
—
—
VIII
20
50
5
5
—
—
5
5
—
XI
10
60
5
5
—
5
5
5
—
*) Die Monate wurden in dieser Arbeit durchweg mit der entsprechenden römischen Zahl bezeichnet, gegebenenfalls mit der
Jahreszahl zusammen geschrieben: 1109 bedeutet also: Februar 1909.