Dr. Walter Manegold: Die Wetterabhängigkeit der Oberflächenströmungen in den Pforten der Ostsee
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den Strom für kurze Zeit aufflackern. Es ist zu beachten, daß das Gebiet V den Tiefzugstraßen für den Einstrom
zum mindesten sehr nahe liegt. Tatsächlich aber wird das Tiefgebiet V von keiner Zugstraße des Einstroms in
W—E-Richtung berührt. Eine lose Anlehnung wäre mit Zugstraße lila zu finden, aber zu dieser gehört weder
ein abbauendes Hoch im Norden oder im Nordwesten noch einheitliche NE-Winde im ganzen Gebiet. Mit diesen
Hauptmerkmalen ist die Unterscheidung gegen den Einstrom klar und eindeutig möglich. Immerhin sind wir hier
im Grenzgebiet; das zeigen sowohl die nur wenigen Fälle des Tiefgebiets V wie die Seltenheit der Zugstraße lila.
Die Unterscheidung gegen die Zugstraße IVb wird deutlich, wenn man Karte 6 mit der obigen Bestimmung des
Tiefgebiets V vergleicht.
Tiefgebiet IX (Mittelrußland)
War im vorigen Tiefgebiet die Abgrenzung gegen das Einstromwetter noch leicht und deutlich, so fällt
dieses Tiefgebiet mit einigen Einstromzugstraßen zusammen. Wir müssen uns deshalb auch mit diesem Tiefgebiet
befassen, obwohl es äußerst selten vorkommt. Mir sind nur 3 Fälle bekannt. Das Tief bei den Einstromzugstraßen,
die hier in Frage kommen, liegt im westlichen Finnland, das Hoch im ungünstigsten Falle des Hochgebiets Ia
über den Britischen Inseln. Das Hoch der Gruppe Tief gebiet IX liegt über der Nordsee und niemals über den
Britischen Inseln. Es kann durchaus festliegen, aber auch nach südlicheren Gegenden auf dem Rückzuge sein.
Das Tief über Rußland neigt zu südlicher Zugrichtung. Entweder es zieht am Haupttage östlich von 30° EL nach
S, oder es ist durch eine Tiefdruckrinne mit einem Tief im Tief gebiet X verbunden. Die Einstromtiefe dagegen
haben immer eine irgendwie östliche Zugrichtung. Der Wind weist beim Einstrom immer eine westliche Teil
richtung auf. Bei der Gruppe Tiefgebiet IX kommt er aus N und ist meist schwach, obwohl das Hoch oder (öfter)
das Tief kräftig ist. Der Strom ist mäßig und auch das nur kurze Zeit. Es ist für diese Gruppe kennzeichnend,
daß er sehr schnell abklingt und dann kentert, während das Anschwellen einige Tage dauern kann.
Unterschiede im Wetterbild zwischen Ein- und Ausstrom sind also auch in diesen Fällen deutlich (Stand
ort des Hochs, Zugrichtung des Tiefs, Windrichtung). Aber da das Tiefgebiet IX sehr selten ist, so braucht man
der Möglichkeit dieser Ausstromgruppe keine allzu große Beachtung zu schenken.
Tiefgebiet X (Südrußland)
Am besten müßte auch in diesem Tiefgebiet nach Hochgebieten unterteilt werden, aber es käme dann auf
jedes Hochgebiet von im ganzen 6 Fällen nur je einer. Dem Hoch, das am häufigsten über Nordskandinavien,
aber auch über den Britischen Inseln, ja über ganz Nordeuropa zu finden ist, steht gelegentlich das Azorenhoch
im Südwesten gegenüber. Der Druck beträgt 770 bis 775 mm. Südlich von ihm und südlich der Ostsee laufen
die Isobaren NE—SW, so daß die Ostsee gegenüber der Nordsee einen kleinen Luftdrucküberschuß von
wenigen Millimetern aufweist. Die Tiefe (Druck um 760 mm) sind wenig bedeutend und liegen ruhig. Möglich ist
jedoch auch ein bewegliches mit geringem Druck (bis 740mm). An Windrichtungen kann überall in unserm
Gebiet die ganze N—E—S-Hälfte der Windrose Vorkommen. Dabei herrscht E-Wind vor. Die Stärke beträgt 2
bis 4 Bft. Der Wind entspricht also ungefähr dem eines gewöhnlichen Ausstromwetters. Der Strom ist be
sonders in der Beltsee stark, erreicht bei Schultz’ Grund häufig 3,0 sm/h, im Sund etwas weniger. Das Kattegat
zeigt dagegen nur mäßige Geschwindigkeiten mit der Ausnahme, wenn das erwähnte kräftige Tief das Bild be
herrscht. Der Ausstrom steigt allmählich innerhalb 2 bis 3 Tagen zu seiner Höchstgeschwindigkeit an. Das ist die
Zeit, während der sich das Tief auf Straße Vb bewegt, bis seine Kraft verbraucht ist. Von hier ab ist eine Wir
kung auf unser Gebiet anscheinend nicht mehr vorhanden. Zum Teil verflacht das Tief und löst sich auf. Der Strom
klingt infolgedessen langsam ab, kentert aber vorläufig nicht (vgl. Tiefgebiet IX). Das Tiefgebiet X erscheint
ungewöhnlich wegen der für Ausstrom eigenartigen Lage von Hoch und Tief. Eine Verwechselung mit Einstrom
wetter ist aber nicht zu befürchten. Dafür liegen besonders die Tiefe zu südlich.
Tiefgebiet I (Shetlandinseln—Island)
Wenn man sich die Karte 4 ansieht, so mag man sich über die Abgrenzung dieses Gebietes wundem. Die
Südgrenze nämlich gegen das Tiefgebiet II ist unsicher und kaum eindeutig festzulegen. Trotzdem ist eine Ab
sonderung des Gebietes I von II nötig; schon deshalb, weil der Unterschied zur Einstromzugstraße Ia festgestellt
werden muß, die für das Tiefgebiet II unmöglich ist. Im ganzen sammeln sich im Tiefgebiet I 18 Fälle, die sich
hauptsächlich auf die Hochgebiete lila, Illb, IVa verteilen. Es kommen auch Hochgebiet IVb und Vb vor, die
für den Ausstrom sonst selten sind.
Gruppe A I/III
Tiefgebiet I, Ho chgebiet III
(nördlich Schottland) (Nordosteuropa)
Hier können wir a und b zusammenfassen, da das Hoch oft Skandinavien, Finnland und Nordrußland zu
gleich bedeckt. Der Druck beträgt 765 bis 775 mm, ganz selten mehr. Die Isobaren laufen besonders im
westlichen Teil unseres Gebietes nordsüdlich. Es liegt also wieder, wie schon oft, an der Grenze des Hocheinfluß
gebiets gegen das Tief im Westen. Dieses Tief hat in den allermeisten Fällen einen sehr geringen Druck von
720 bis 735 mm. Es kommen aber auch höhere Drucke bis 750 mm vor, besonders wenn auch das Hoch stärker
ist. Im Unterschied zur Zugstraße Ia (Einstrom), wo das Tief nördlich der skandinavischen Küste liegt und ihr
parallel zieht, finden wir das Tiefgebiet I nach N sehr deutlich beschränkt, wie es Karte 2 und 4 zeigen. Man