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Full text: 54, 1935/36

Dr. Walter Manegold: Die Wetterabhängigkeit der Oberflächenströmungen in den Pforten der Ostsee - 15 
Endlich sei hier ein einzigartiger Fall genannt. Er entsteht am 12. 3. 1906 mit Hochgebiet Illb durch ein 
schnell ziehendes Tief mit starkem Luftdruckgefälle in der Art von Gruppe E IVa/Vb. Es beendet plötzlich eine 
längere Zeit mit Ostwetterlage. Um 8 Uhr zeigt Schultz' Grund Strom: SW 3,0 sm/h; um 20 Uhr E 3,0 sm/h. Für 
diesen außergewöhnlichen Fall ist auch die noch am Haupttage bestehende außergewöhnliche Wetterlage mit 
Hochgebiet Illb erklärlich. 
Allgemeine Ergebnisse für den Einstrom 
Die gewählte Einteilung der Fälle nach Zugstraßen und Hochgebieten hat sich als günstig erwiesen. Denn 
der Strom verhält sich in jeder Gruppe tatsächlich anders, z. B. bezüglich des Tiefstandortes zur Zeit seines Ein 
setzens oder bezüglich des dann vorhandenen Windes. Bei Tiefen, die stark ausgeprägt das W etterbild beherrschen, 
ist es selbstverständlich, daß der Strom den Stürmen entsprechend überall stark fließt. Glücklicherweise werden 
durch unser Verfahren auch weniger ausgeprägte Fälle und Wetterbilder erfaßt. Und mit einiger Übung, die 
Wetterkarte unter den für uns notwendigen Gesichtspunkten zu betrachten, lassen sich immer wesentliche all 
gemeine Kennzeichen der Gruppen finden. Beim Wind besteht die doppelte Wirkungsmöglichkeit: 1. In Skagen 
treibt er das Wasser in die Ostsee hinein (Druckwirkung). 2. In der südlichen und mittleren Ostsee saugt er das 
Wasser an (Saugwirkung). Nur in wenigen Gruppen ist allgemein beides zu gleicher Zeit vorhanden. Darauf 
beruht eine häufige Spaltung des Stromverhaltens in Kattegat und Beltsee. Der W 7 ind an Ort und Stelle scheint 
für den Strom keinerlei Bedeutung zu haben. Genaueres können nur die Untersuchungen im Anhang bringen 
(s. S. 32). — Neben der unmittelbaren Triebkraft des Windes ist für einen Einstrom mittelbar 
das Tief wesentlich, seine Kraft und damit seine Schnelligkeit und seine Zugrichtung . 
Die Straße Ib ist die häufigste, die Straße II für uns die deutlichste und leichtest zu behandelnde, weil für 
den Strom wirkungsvollste. Je südlicher die Zugstraße liegt, desto mehr rückt der Raum, in dem sich die Tiefe 
am Haupttage sammeln, nach SW: Diejenigen der Straßen Ib und Ic sammeln sich am Haupttage in Finnland. 
Auch die Zugstraße II mündet am Haupttage in Finnland oder wenig südlicher. Sie kommt von der skandina 
vischen Südwestküste. Sie verläuft nahe der mittleren Ostsee, ohne jedoch die Beltsee zu berühren, daher ihre 
starke Wirkung auf den Strom. 
Straße III bildet den Übergang zu den ganz anders gearteten südlicheren Straßen. Am Haupttage hat sie 
zum Teil schon die skandinavische Westküste überschritten in etwa 60° NB, biegt dann meist auf Illb zum 
Bottenbusen um, erreicht aber Finnland nur selten, Straße lila in ostsüdöstlicher Richtung bis nach Estland 
hinein wird nur selten durchgehalten und bringt dann regelmäßig starken Strom. Soweit die Tiefe am Anfang 
der Straße lila steckenbleiben, d. h. in der Nähe und nördlich der Beltsee, ist der Strom schwach und ungewiß. 
Dies ist die ungünstigste Einstromgruppe (Zugstraße IllaS). 
Straße IVa überquert wirklich Skagerrak und Kattegat. Weiter verfolgt sie in Skandinavien die schwedische 
Küste. Niemals liegt am Haupttage das Tief über Skagerrak, Kattegat oder Beltsee. Die Straße IVa erweist sich 
als bevorzugte Zugstraße schneller, aber wirkungsvoller Teiltiefe. Die Vorgänge auf Straße IVa sind manchmal 
so schnell, daß, wenn sie zwischen zwei W'etterbeobachtungszeiten fallen, sie hinterher schwer zu fassen und auch 
vorher in der für uns nötigen Klarheit selten vorauszuZusehen sind. 
Die Zugstraße la endlich enthält die Fälle, deren Tiefe nördlich des Erdteils und seiner Küste parallel 
ziehen. Wegen ihrer größeren Entfernung von unserem Gebiet bleibt der Strom ziemlich schwach. Nur in Ver 
bindung mit Hochgebiet Vb erscheint besonders starker Strom. 
So wesentlich nun das Tief für die Betrachtung des Einstroms ist, so wenig haben wir uns um das Hoch 
gekümmert wegen seiner geringen unmittelbar zu erkennenden Wirkung. Seinen Standort haben wir festgestellt zur 
Beurteilung der Luftdruckverhältnisse wegen seines Einflusses auf den Isobaren verlauf und das Gefälle. 
Wichtig sind unmittelbar die geraden W—E-Isobaren, die uns beim Einstrom nur in der Gruppe E Il/Vb begegnet 
sind. Dem Luftdruckunterschied möchte ich eine wesentliche unmittelbare Bedeutung für den Einstrom nicht 
zuschreiben. Bei dem schnellen Wechsel des Wetters, wie wir ihn beim Einstrom kennengelernt haben, ist die 
Zeit zu kurz, als daß ein Luftdruckunterschied sich auf den Strom merkbar auswirken könnte. (Näheres s. S. 32.) 
Es kommt beim Einstrom in Schultz’ Grund vor, daß nicht alle Feuerschiffe Einstrom beobachten. Es sind 
mir davon 10 Fälle begegnet, die bis auf 2 zu den Gruppen der Zugstraße Ia gehören. Es ergibt sich, daß der 
Strom an um so mehr Stellen Ausstrom zeigt, je mehr Kennzeichen für ihn sprechen (s. „Vergleich“ S. 28). 
Schwachen Strom, der häufig die Richtung ändert, bringen besonders Tiefe über der Beltsee. Zug 
straße IVb (S. 29) gehört deshalb nicht zu den Einstromzugstraßen (vgl. auch Zugstraße IVa S. 14). Ferner 
ist der Strom in der Gruppe Zugstraße IllaS ungewiß. In diesen Zusammenhang gehören die Ausnahme- 
ausstromfälle, die auf Stauerscheinungen beruhen. Sie sind anscheinend seltener, als gemeinhin angenommen 
wird. Stauwirkung kann nur bei Einstromwetter Vorkommen, und dieses ist, wie wir gesehen haben, meist so un 
beständig, zumal auf längere Zeit gesehen, daß eine Aufstauung größerer Wassermassen nicht so leicht möglich 
ist. Es kommt allerdings vor, daß Einstrom sich über einen Monat hält (bei Schultz’ Grund aber immer unter
	        
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