Dr. Walter Manegold: Die Wetterabhängigkeit der Oberflächenströmungen in den Pforten der Ostsee
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A. Einleitung
Im allgemeinen ist es in den Pforten zu den Nebenmeeren so, daß oben der salzarme Strom abfließt und
in der Tiefe der salzreiche Strom eintritt. Es wird nun aber häufig in den Ausgängen der Ostsee an der Ober
fläche einwärts setzender Strom bemerkt, der also nur durch äußere Einwirkungen entstanden sein kann. Da
kommt als wesentlicher Einfluß hauptsächlich der des Wetters in Frage, und ich möchte untersuchen, wieviel man
bei richtiger Betrachtung einer Wetterkarte über die Stromverhältnisse auszusagen vermag. Dabei werde ich mich
möglichst nicht auf Mittelwerte stützen, wie es in den Arbeiten von Reinicke (4) und Querfurth (II) geschehen
ist. Vielmehr möchte ich „synoptisch“ die Wetter- und Strombeobachtungen in den Pforten der Ostsee behandeln.
Dazu halte ich es für das Zweckmäßigste, möglichst starke Ströme auszuwählen und zwar an einer geeigneten
Beobachtungsstelle. Ich habe alle Zeiten behandelt, während derer beim Schultz’-
Grund-Feuerschiff ein Strom von mehr als 2,0 sm/h gemessen wurde.
Das Feuerschiff Schultz’ Grund liegt an der Südostecke des Schultz’-Grundes, der bis nur 3,5 m auf-
ragend zusammen mit dem nördlicheren Hastens-Grund und dem Brisels-Flach die flachste Stelle einer größeren
Erhebung ist mit Tiefen unter 20 m. Sie ist geteilt durch drei tiefere Rinnen, und an der Westseite der mittleren,
die den nächsten Weg zur tiefen Rinne des Großen Beltes darstellt, liegt das Feuerschiff. Es beobachtet also die
Wasserumsetzung in der fast 40 m tiefen einzigen Verbindung zur Ostsee. Andererseits liegt es doch nicht so
von Land eingeengt, daß der Oberflächenstrom nicht um die beiden deutlich erkennbaren Hauptstromrichtungen
spielen könnte (aus E Einstrom, aus SW Ausstrom).
Die Beobachtungen der dänischen Feuerschiffe, wie sie aus Tabelle 5 und Karte 7 zu entnehmen sind, haben
mir fast ausschließlich als Grundlage meiner Untersuchungen gedient. Seit dem Jahre 1897 sind die täglichen
Beobachtungen in der noch heute bestehenden ausführlichen Art im Nautisk Meteorologisk Aarbog (1897—1899
„Observationer“) (16) veröffentlicht. Von früheren Beobachtungen sind nur Mittelwerte veröffentlicht, die ich
in dieser Arbeit nicht gebrauchen kann. Es wird sechsmal täglich Wind und Oberflächenstrom beobachtet,
morgens 8 Uhr Salzgehalt und Temperatur, auch in den Tiefen von 5 zu 5 m, gemessen. Die Stromgeschwindig
keit wird meist auf Y* sm/h genau geschätzt und nur zum Teil mit dem Log bestimmt. Nun darf man wohl er
fahrenen Seeleuten eine große Geschicklichkeit darin Zutrauen, aber zum mindesten bleibt der Beobachtungs
fehler unbekannt. Auf Grund von Zahlenvergleichen bei Stichproben möchte ich ihn auf einige Zehntel Seemeilen
in der Stunde annehmen (La Cour [10 S. 544] 0,3 sm/h). Nun sind aber für diese Arbeit die Genauigkeiten der
absoluten Geschwindigkeiten vorerst weniger wichtig als die relativen Unterschiede. Die Beobachtungsfehler der
angegebenen Größenordnung können wir deshalb unbeachtet lassen. Selbstverständlich habe ich daneben auch die
Beobachtungen der schwedischen Feuerschiffe benutzt, deren Dienst erst seit dem Jahre 1922/23 neu geregelt ist (8),
und die der deutschen (7), die etwa seit dem Jahre 1920 wieder beobachten und seit dem Jahre 1924 veröffentlichen.
Während die Deutschen den Oberflächenstrom dreimal täglich beobachten und alle vier Stunden den Wind, be
gnügen sich die Schweden mit einmal täglicher Beobachtung. Um die Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit des
Stoffes zu wahren, habe ich den deutschen und schwedischen Beobachtungen nur unterstützenden Wert beigelegt.
Sie werden wahrscheinlich genauer sein als die dänischen, da sie mit dem Log gewonnen werden, können sich
aber an Dauer des Beobachtungszeitraumes, Ausführlichkeit und Zahl der beobachtenden Feurschiffe mit diesen
nicht messen. — Die Bulletins hydrographiques (19) haben mir kaum irgendwelche Auskunft geben können, da die
Zeitpunkte der Beobachtung nur äußerst selten mit den von mir gewünschten zusammengefallen sind. So habe ich
mich also auf die dänischen Feuerschiffe im wesentlichen beschränkt, da mir die Gleichartigkeit des Stoffes die
erste Hauptforderung zu sein scheint.
Leider scheinen die Beobachtungen der dänischen Feuerschiffe auch in sich nicht ganz gleichwertig zu sein,
denn die Zahl der behandelten Fälle, die nur auf Grund ihrer Stromstärke ausgesucht sind, ist im letzten Jahrzehnt
plötzlich auffallend zurückgegangen. Und zwar gilt das für den Einstrom seit 1926, für den Ausstrom seit 1921.
Dieser zeitliche Unterschied zwischen Ein- und Ausstrom-Schrumpfung scheint darauf hinzuweisen, daß es sich
doch nicht um Beobachtungsunterschiede handelt, während andererseits dafür spricht, daß diese Erscheinung z. B.
beim Feuerschiff Lappegrund überhaupt nicht vorhanden ist.
Für die dänischen Feuerschiffe hat Jacobsen (10, S. 5) Grenzen und Hauptrichtungen des Ein- und Aus-