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Full text: 53, 1934/35

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 53. Band. Nr. 2. 
IV. Zusammenfassung. 
Der Zweck der vorliegenden Untersuchung sollte nur sein zu beweisen, daß die Anwendung der 
hydrodynamischen Theorie sogar in Fällen möglich ist, wo die verwickelte Gestalt des Meeres 
beckens auf den ersten Blick eine theoretische Bestimmung der Gezeiten aussichtslos erscheinen 
läßt, wenn nur die Aufteilung des Nebenmeeres in einzelne Schwingungsgebiete günstig genug er 
folgt. Unter diesen Umständen ist es sogar bei dem St. Lorenzgolf mit der Insel Anticosti in der 
Mitte, einer zweiten Mündung und großer Breite des Hauptbeckens möglich, eine brauchbare Be 
stimmung der Gezeiten als Mitschwingungsgezeiten durchzuführen. Die natürlich auch vorhandene, 
aber geringere selbständige Gezeit wurde gegenüber dem viel größeren physikalischen Effekt des 
Mitschwingens vernachlässigt. 
Die Gezeiten des St. Lorenzgolfs sind reine Mitschwingungsgezeiten, die in der Grundform die 
Gestalt einer stehenden Welle haben. Bleibt im St. Lorenztrichter der stehende Charakter der 
Welle gewahrt, so kann in den breiten Flächen des offenen Golfs die ablenkende Kraft der Erdrota 
tion sich genügend auswirken, um die Drehwelle zu erzeugen. Es wurde nachgewiesen, wie die hydro 
dynamische Theorie die Gezeitenvorgänge im Golf und seinen Nebenbuchten voll verständlich macht. 
In dem Tidenhub- und Phasenverlauf der Gezeiten konnte durchweg Übereinstimmung zwischen Be 
obachtung und Berechnung erzielt werden. 
Das starke Ansteigen des Tidenhubs im Trichter wird durch die Theorie erklärt; die nach innen 
sich zuspitzende Gestalt bewirkt das Ansteigen der Amplitude. Es wurde nachgewiesen, daß die Ge 
zeiten in der Northumberland-Straße durch die Grenzflächenreibung sehr stark beeinflußt werden. 
Trotz der rechnerischen Schwierigkeiten wurden auch hier brauchbare und z. T. nicht besser zu er 
wartende Übereinstimmungen erhalten. — Das völlige Zurücktreten der Belle Isle-Gezeiten, das bis 
her entweder immer nur vermutungsweise geäußert war oder gar zur Erklärung der Amphidromie 
herangezogen worden war, ist rechnerisch nachgewiesen worden. Aus der Zusammensetzung der 
Hauptwelle und der Belle Islewelle könnte, wenn überhaupt, nur eine m i t dem Uhrzeiger drehende 
Amphidromie resultieren, Mithin ist die ablenkende Kraft der Erdrotation die einzige mögliche 
Kraft, die sie hervorbringen kann, wie der tatsächliche Drehungssinn gegen den Uhrzeiger beweist. 
Die Berücksichtigung der ablenkenden Kraft ist unter den erschwerenden Umständen der Figu 
ration des Golfs sehr schwierig und kann daher nur als Überschlagsrechnung bewertet werden. Es 
wurde der Weg gewählt, die Wirkung der Erdrotation aus den Beobachtungen zu errechnen und dann 
einen Vergleich der aus den Beobachtungen folgenden Werte mit den theoretischen zu ermöglichen. 
Dadurch erhält auch die Amphidromie ihre Erklärung. Auch die wenigen vorhandenen Beobach 
tungen der Gezeitenströme und der eintägigen Gezeit finden mit Hilfe der Anwendung der hydrody 
namischen Theorie ihre volle Erklärung. — Die vorliegende Untersuchung wurde nur in der Absicht 
begonnen, eine angenäherte Bestimmung der Gezeiten und ihrer Erscheinungs- und Bewegungsfor 
men durchzuführen. Man muß sich also unbedingt darüber klar sein, daß nur eine qualitative 
Bestimmung und Erklärung, nicht jedoch eine quantitative unter den verwickelten Gestalts 
verhältnissen eines Nebenmeeres wie des St. Lorenzgolfs möglich ist.
	        
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