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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 52. Bd. Nr. 1.
sinkende Kaltluftmassen lassen durch Auflösung der unteren Wolken Polarbanden ja erst erkennen). Die
nun folgenden weiteren Vorstöße der Warmluft zeigen sich jedesmal in weiteren Cirren, denen Wolken
systeme, ja sogar Niederschläge folgen können (Osthoff 39).
II. Cirren, aus großen, groben Federn bestehend, kommen gewöhnlich vor schon recht
weit degenerierten Okklusionen (Warmluftschalen) vor. Diesen folgen in der Mehrzahl der Fälle nur Ast-
bzw. Nbst-Felder (vgl. „Systèmes nuageux“ Schereschewsky et Wherlé 63).
III. Dichte Bänke von Ci und Cist deuten auf meist noch so wenig degenerierte Zyklonen hin, daß
Niederschlag wohl in fast allen Fällen zu erwarten ist (Voraussetjung für die geschilderte Auswirkung in
allen angeführten Fällen ist jedoch ein in großen Zügen orographisch ungestörtes Gebiet).
IV. Cirrus-uncinus mit nachfolgendem strukturlosem Cist kommt gewöhnlich nur vor sich noch ver
tiefenden Zyklonen mit ausgesprochenem Warmsektor am Boden vor. Von allen Ci-Arten sind gerade diese
Cirren — die übrigens die markantesten Halo-Erscheinungen auslösen —- die sichersten Vorboten für nach
folgende Eintrübung (Aufzug) zu Niederschlägen.
V. Zusammengefilzte, verschlungene, oft niedrige Cirren sind als abgetriebene Reste von den Ci-
Schirmen der Gewitter-Cumuli aufzufassen und vom Gewitterherd von den oberen Strömungen entfernt
worden.
VI. Cicu, der eigentlich als degenierierter Cist bezeichnet werden sollte, tritt typisch bei Passagen
einer thermisch toten Zyklone in den periphersten Teilen auf. In Verbindung mit Acu und Cist deutet er
auf weniger stark degenerierte Störungen mit noch größerer Wetter Wirksamkeit hin.
VII. Acu (speziell (Acu-cast hzw. Acu-floc) weist auf die Annäherung von Kaltluftmassen hin und
ist besonders im Sommer häufig der Vorbote von Gewittern. Wieweit sich die durch diese Wolkenarten
angedeutete kältere Masse auswirkt, ist jedoch völlig von der Orographie und der Intensität dieser kälteren
Masse (Lebensgeschichte etc.) abhängig und kann ausschließlich nur mit Hilfe der synoptischen Wetterkarte
beurteilt werden.
Eine weitere Wetterregel über die Begleiterscheinungen wandernder Zyklonen lautet: „Nicht die tiefen
und rasch fortschreitenden Depressionen sind die Hauptregenbringer; vielmehr knüpfen sich die meisten
Regenfälle vorwiegend an die kleinsten Luftdruckänderungen.“ (Sieberg 59, S. 63.)
Diese Tatsachenfeststellung zeigt die außerordentliche Wichtigkeit einer luftmassenmäßigen Arbeits
methode für Diagnose und Prognose langanhaltender, ergiebiger Niederschläge. Derartige Niederschläge
(Aufgleitniederschläge) sind überwiegend an „Schleifzonen“ und langsam fortschrei
tende bzw. stationär gewordene Frontalzonen geknüpft, ohne daß dabei im Druekfeld
größere Veränderungen auftreten müssen.
Sir Napier Shaw 49 spricht in seinem Buche „Forecastings Weather“ von Regenbändern, die oft bei
parallel verlaufenden westöstlichen Isobaren auftreten. Die auf Seite 226 von ihm gegebene Erklärung
stimmt im Wesentlichen mit den Anschauungen einer dreidimensional verknüpfenden Wetteranalyse über
ein. Die Neigung speziell der Kaltfronten, isobarenparallel zu werden, zeigt sich im Hydrometeorenfeld
in Form von derartigen Regenbändern (vgl. auch speziell Wettertyp W 1—5 und Schleifzonen). Die Ursache
der von ihm ferner als kapriziös bezeichnten Regenfälle bei kleinen Ausbuchtungen im Isobarenverlauf
kann nur aus einer luftmassenmäßig analysierten Wetterkarte von Fall zu Fall entschieden werden. Sir
Napier Shaw spricht ferner von zwei Arten von Antizyklonen, die zwar in bezug auf Luftdruckhöhe gleich
wertig sind, aber von denen die eine klares Strahlungswetter, die andere dagegen trübes Wetter und bis
weilen sogar unerhebliche Niederschläge bringt. Aus der Praxis des täglichen Wetterdienstes hat sich
ergeben, daß diesen beiden Arten von Antizyklonen größte diagnostische Bedeutung beizumessen ist
(vgl. Abb. 22). Die eine der Antizyklonen ist hierbei die Quelle der Warmluftmassen, die andere die der
Kaltluftmassen. Die warme, dynamisch bedingte Antizyklone (z. B. das Azorenhoch) speist den warmen
Sektor der jungen Zyklonen, während die kalte, überwiegend thermisch bedingte Antizyklone die poten