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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte.
52. Bd. Nr. 1.
F a 1 1 W 4.
Die Abrollungslinie (meist identisch mit der arktischen Frontalzone) verläuft etwa südlich von Island
(Abb. 20) über die Färöer quer durch das nördliche Skandinavien nach Finnland. Während die Warmluft
(überwiegend mPW z. T. mTW) häufig bis zu den Lofoten hinaufreicht, kommt es in der kälteren Jahres
zeit über dem Inneren Schwedens und Norwegens, also südlich der Abrollungslinie, meist zur Bildung
eines skandinavischen Kaltluftblocks. Während die Britischen Inseln, die südliche norwegische Küste
und das südliche Schweden bis weit nach Rußland hinein von Warmluft überflutet wird, befindet sich
Mitteleuropa gänzlich, meist sogar auch die Küstengebiete, unter antizyklonalem Einfluß. Die Temperatur
verhältnisse gestalten _ sich dabei der Jahreszeit und kontinentalen Kaltluftproduktion (bzw. den Strah
lungsverhältnissen überhaupt) entsprechend. In der kälteren Jahreszeit und hei vorhandener, geschlossener
Schneedecke bringt besonders der Fall W 4 häufig strenge Winterkälte, die sich nach vorangegangenem
Einbruch von arktischen Kaltluftmassen (mAK oder cAK) auch in Mitteleuropa intensiv auswirkt. Das
Hauptentstehungsgehiet der Neubildungen befindet sich westlich der Färöer. Beim Zusammentreffen von
mAK und mTW bilden sich zum Teil außerordentlich tiefe barometrische Minima aus und auf der Strecke
Kinn — Lofoten kommt es bei dieser Lage zu den gefährlichsten Stürmen (Gradientstürme, rein gradient
bedingte Stürme). Die Zentren der Störungen bzw. Zyklonen benutjen im Falle W 4 etwa eine der van
Bebber’schen Zugstraße I analoge Bahn.
F a 11 W 5.
Die Abrollungslinie (Abb. 21) verläuft nördlich von Island etwa über Jan Mayen und die Bäreninseln
nach Nowaja-Semlja. Hierbei dürfte es sich in der Mehrzahl der Fälle um die Aufrollung der von
Bergeron 4 erstmalig beschriebenen und definierten AF (arktischen Frontalzone) handeln. Über Inner
skandinavien kommt es bei diesem Typ meist zur Ausbildung eines kräftigen Kaltluftblockes (thermische
Antizyklone). Auch Mitteleuropa steht überwiegend unter dem Einfluß absinkender Kaltluftmassen, wo
bei im allgemeinen hier die Witterungsverhältnisse abhängig von der Lage des antizyklonalen Systems
bzw. des barometrischen Maximums sind. Vorwiegend heiteres, niederschlagsarmes Wetter mit für die
Jahreszeit übernormalen Temperaturen ist hierbei vorherrschend. Eine Ausnahme bildet die kälteste
Jahreszeit, in der bei geschlossener Schneedecke eine seichte Bodenkaltluftschicht zu strengen Frösten
—• auch tagsüber — führen kann. Südeuropa befindet sich im Falle W 5 im Bereiche ausgesprochen warmer
Luftmassen (meist cTW), die an der temperierten Hauptfrontalzone (PF) beim Aufgleiten über die süd
lichen Teile des mitteleuropäischen Kaltluftblocks (Kältegebirges) dort zu verbreiteten Niederschlägen,
häufig auch zu stärkeren Schneefällen führen. Dieser Wettertyp (W 5) geht übrigens direkt in den später
noch beschriebenen Osttyp über. Dabei kann eine Lage als Grenzfall gewertet werden, in welcher die
Warmmassen auch auf Mitteleuropa selbst übergreifen und speziell in Sachsen und Schlesien zu den für
die kältere Jahreszeit so typischen Wärmerückfällen führen (z. B. Ende der ersten Dezember-Dekade).
Das Hauptentstehungsgebiet der Neubildungen befindet fich im Raume Südostgrönland — Jan Mayen.
Beim Zusammentreffen von mPW (bzw. mTW in der Höhe) und AK entwickeln sich häufig sehr tiefe
barometrische Minima. Die Zentren der Druckstörungen bzw. Zyklonen benutzen im Falle W 5 eine Bahn,
die nördlich etwa parallel zu der van Bebber’schen Zugstraße I liegt, und etwa südlich parallel zur „ark
tischen Eiskante“ (Edlund 1928 14) verläuft. Auch van Bebber weist schon auf die Häufigkeit hin, mit
der gerade diese Zugstraße von barometrischen Minima benutjt wird. Mit dem damals zur Verfügung
stehenden Material — die nördlichste Station war Bodoe — konnte er jedoch ihre Bahn nicht genau
bestimmen. Besonders gefährliche Stürme entwickeln sich bei Fall W 5 häufig im Raume Jan Mayen —
Eismeer — Lofoten — Nordnorwegen.
2. Nord- (NW bis N) Typus.
(Fast ausschließlich der kälteren Jahreszeit zugehörig.)
Die warme Antizyklone (Direktionszentrum) liegt meist west- bis südwestlich von Island und im
Hochdruckkern (Abb. 22) überschreitet der Druck häufig 1040 mbar. Da es sich hierbei um eine dynamische