Ger hart Sehinze: Die praktische Wetteranalyse.
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zu setjen — die äquivalente Temperaturdifferenz ist also die mit 2.52 multiplizierte spezifische Feuchtig
keit; und fiir unsere Zwecke der Luftmassen-Analyse dürfte es sich empfehlen, ausschließlich diese Werte
zu benutzen (vgl. a. Schreiber 58).
Die tägliche Berechnung*) und Eintragung der äquivalent-potentiellen Temperaturen der synoptisch
meldenden Stationen in die Arbeitswetterkarte hat ergeben, daß 0 nur an einigen „repräsentativen
Stationen“ in der Mehrzahl der Fälle als eine bedingt konservative Eigenschaft einer troposphärischen
Luftmasse gelten kann (Troeger 61). Bei den übrigen Bodenstationen dagegen ist bei ruhenden oder nur
mäßig bewegten Luftmassen die lokal je nach Unterlage und Jahres- sowie Tageszeit verschieden starke
Bodenbeeinflussung der untersten Schichten so groß, daß eine Verwertung der Boden 0 bzw. T 0 -Werte
zur Erkennung der troposphärischen Hauptmassen höchsten angenähert, oft aber überhaupt nicht möglich
ist und daher als alleinige Stütje der Analyse im Wetterdienst keinesfalls Verwendung finden darf. Bei
allen, in Mitteleuropa jedoch nicht allzu zahlreichen Fällen von rasch fortschreitenden Luftmassen ist 0'
jedoch an fast allen Bodenstationen als Kriterium einer Luftmasse bei der Diagnose brauchbar. Im
Gegensatj zu ruhenden, passiven Luftmassen nennen wir Massen mit stärkerer Horizontalbewegung und
noch typischer Lebensgeschichte ohne Bildung einer „Bodeninversionsschicht“ bzw. der dazu gegensätj-
lichen „Bodenüberhitpingsschieht“ im folgenden aktive Massen. Viel besser als die Bodenwerte von © '
sind die ©-Werte der aerologischen Aufstiege zur M-Diagnose verwendbar. Hierbei finden wir nicht
nur bei stärkerer Luftbewegung, sondern unter Ausschaltung der Bodeninversions- bzw. Uberhitjungs
schicht (vgl. auch Sehinze 56) auch bei schwächerer Horizontalzirkulation bereits älterer Luftmassen
typische Werte der einzelnen troposphärischen Hauptmassen. Aus dem Thetagramm ist es fernerhin
möglich, auch für passive, bereits absinkende Luftmassen typische Werte der troposphärischen Massen zu
finden.
Im nachfolgenden wird nun zur synoptischen M-Analyse mittels „direkter Aerologie“ eine Methode
zur schnellen und übersichtlichen, besonders für die Praxis des täglichen Wetterdienstes geeignete Dar
stellung der ©'-Werte der aerologischen Aufstiege benutzt (Sehinze 55). Gleichzeitig sollen hier Resultate
veröffentlicht werden, die durch Bearbeitung von etwa 4500 aerologischer Aufstiege der letjten Jahre
(speziell 1931) in Verbindung mit der jeweiligen Luftmassen-Analyse der Bodenwetterkarte gewonnen
wurden.
Die gefundenen Zahlenwerte von 0' werden in ein Diagramm —■ das Thetagrammpapier (Moese und
Sehinze 34) —- eingetragen, w r o als Ordinate die Aufstiegshöhe in Hektometern und als Abszisse die Werte
von 0' in ganzen Graden gewählt sind. Man gewinnt so eine Zustandskurve der Masse (im z - 0' - Dia
gramm), das im folgenden als „Thetagramm“ bezeichnet wird. In enger Verbindung mit der Analyse der
Bodenwetterkarte und unter Berücksichtigung der ©'-Werte der „repräsentativen“ Bodenstationen sowie
der ©'-Werte der Bergstationen (Sehinze 54) stellen diese Thetagramme ein wertvolles Hilfsmittel zur Er
kennung der troposphärischen Hauptmassen dar. Im Thetagramm ergeben dabei die einzelnen Zahlenwerte
von 0' quantitativ und die Form der Zustandskurve von 0' qualitativ wichtige Aufschlüsse über Herkunft (Ur
sprungsgebiet), Lebensgeschichte, Art und Alter, sowie über lokale Beeinflussung (Bodeninversions- bzw.
Bodenüberhitjungsschicht) und die vertikale Mächtigkeit (Palmen 41) einer Luftmasse an. Da 0' unter
den z. B. von Bauer 1. 1908 angegebenen Bedingungen gleichwertig (bzw. angenähert gleichwertig) mit
dem Logarithmus der Entropie gesetjt werden kann, so zeigt das Thetagramm sehr übersichtlich den
vertikalen Entropiestrom an. Es muß daher nachdrücklichst davor gewarnt werden •— ohne Berücksich
tigung aller sonstigen M- und F-Merkmale und der Thetagramme—, allein durch Zeichnen von Isothermen
der ©„'-Werte aller Bodenstationen M-Grenzen definieren zu wollen.
*) Es sei auf die von Diesing (17) gegebenen graphischen Tafeln hingewiesen, die T aus den im „Temp“ gegebenen
Daten zu ermitteln gestatten. Eine einfachere, besonders im täglichen Dienst auch bei sehr kurz bemessener Zeit verwendbare
Methode zur Berechnung angenäherter äquivalent-potentieller Temperaturen (0") hat O. Moese (36) gezeigt. Zu erwähnen
ist hier auch das von C. G. Rossby (47) gegebene Rechenverfahren.