I)r. Johann Richter: Die Vereisung der Beltsee und südlichen Ostsee im Winter 1928/29.
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Aus Trift- und Windgeschwindigkeit ergibt sich durch Division beider die relative Triftge
schwindigkeit oder der Windfaktor (r). D. h.: Die von einem Winde von 1 m/sek. Geschwindigkeit
hervorgebrachte Triftgeschwindigkeit:
w
v
ln unserem Beispiel ist die Triftgeschwindigkeit 73.77 cm/sek., die Windgeschwindigkeit 16,7 m/sek..
folglich
75,77 cm sek.
r 0,0442 = 4,42 • 10~ 2 .
16.7 m/sek.
308 0
4 0 nach rechts. Leber die berechnete Ab-
Die beobachtete Ablenkung ist 312"
lenkung siehe später.
Damit kommen wir nun zur Besprechung der Triften selbst und wollen als erstes ihre Abhängig
keit von der Windrichtung feststellen. Deshalb müssen wir uns zunächst über die Luftströmungen
im Ostseegebiet unterrichten. Für ausgewählte Stationen wurden auf Grund der täglichen Wetter
meldungen (1) die Windrichtungen und Stärken zusammengestellt und in bestimmten Zeiträumen (21
nach der auf Seite 52 beschriebenen graphischen Methode gemittelt. Die Ergebnisse sind in Taf. 2, K.
19—25 zusammengestellt, der wir folgendes entnehmen:
Vom 9. bis 20. Februar wird das gesamte Areal von östlichen Winden bestrichen, die am stärk
sten in der Periode vom 13. bis 16. 2. auftraten. Am 21. und 22. sprang der Wind plötzlich nach
Westen um als Folge einer Depression, die sich über der mittleren Ostsee gebildet hatte (vergl. S.
25). Vom 25. bis 27. 2. kamen die Winde dann aus Nordosten, um von nun an mit dem Ende der
Frostperiode endgültig auf westliche Richtung zu gehen.
Die vermutliche Wirkung auf die Eisbewegung, die ebenfalls aus Taf. 2 ersichtlich ist, können wir
uns wie folgt vorstellen.
Die Ostwinde trieben das Eis in die südliche Ostsee hinein und verstopften deren Buchten. Durch
die nach Norden hin noch offene breite Rinne des Langeland- und Großen Belts nahmen die Eis
massen dann ihren weiteren Weg ins Kattegat hinein unter der Druckwirkung der Ostwinde in der
südlichen Ostsee und unter deren Saugwirkung im Skagerrak. Am 21. und 22. Februar, als Süd
westwinde das Ostseegebiet beherrschten, war die Bewegung gerade umgekehrt. Das Eis wurde in
die Richtung der schwedischen Küste und in das Kattegat hineingedrückt und von hier durch den
Großen Belt hindurch über den Fehmarn-Belt und in die Gedser Enge, wo es durch den Südwestwind
neuen Antrieb erhielt, in die freie Ostsee hinausgeführt. Als mit dem 25. wieder östliche Winde ein
setzten, kehrte sich auch die Bewegungsrichtung des Eises wieder um in die schon oben besprochene
Richtung, und als am 27. 2. mit dem Eintritt des Tauwetters der Wind nun endgültig auf westliche
Richtung umsprang, wurden auch die Eismassen in die Ostsee hineinversetzt, wo sie sich dann lang
sam auflösten.
DaR die Bewegung des Eises tatsächlich der oben beschriebenen Annahme entspricht, geht aus
dem Triftverlauf der drei Dampfer ,-Luleälf", „Götaälf” und „Sayn", sowie aus den kleineren Triften
der beiden Dampfer „Ceres* - und „Gottfried Poppe" hervor. Diese Triften wollen wir nun im einzel
nen beschreiben und mit der größten, der des Dampfers „Luleälf" beginnen.
1) Hamburger tfigl. Wetterberichte.
2) 9,—12. 1 2
15—16.
17.—20.
21—22
Febr 1929.
23—27.
28. Febr. — 4. März 1929.
5.— 9. März 1929.
1929 T.