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ür. Johann Ri clit er: Die Vereisung der Beltsee und südlichen Ostsee in» Winter 1928/29.
bis Arkona war eine 5-zöllige Eisdecke vorhanden. Von Arkona, nach Nordost verlaufend, befand
sich eine schwere Eisbarre, die er jedoch dicht unter Arkona ohne besondere Schwierigkeiten durch
laufen konnte. Eine 5—8zöllige Eisdecke, die von Darsserort bis Buk reichte, bezwang er mit etwa
8 sm Fahrt. Von Buk bis Dahmeshöved lag schweres Packeis, das erst durch mehrmaliges Anreimen
zu bewältigen war, In der inneren Lübecker Bucht fand er dann weniger schweres Eis vor.
Die an diesem Tage vorgenommenen Erkundungsflüge ließen folgendes Bild von den Eisverhält-
nissen entstehen: In der Swinemünder Bucht sichtete man strichweise Neueis; hier, sowie bis zur
Höhe Adlergrund war kein Schiff mehr zu sehen. Die Pommersehe Bucht östlich von Arkona war eis
frei, abgesehen von einigem wenigem Treibeis. Nordwestlich Darsserort beobachtete man die Damp
fer ..Sayn", „Rhea“ und „Planet", und auch in der Kieler Bucht lagen noch verschiedene Dampfer,
teilweise mit dem Ostwind inzwischen nach Westen abgetrieben.
10. Februar. Infolge des starken Oststurmes hatte sich die ganze Kieler Bucht mittlerweile
mit sch werem Packeis angefüllt.
„Schleswig-Holstein“ war inzwischen in die Kieler Bucht vorgedrungen und um 1 h 30 m fünf sm
südöstlich Breitgrund auf die Dampfer „Baitrader” und „Havborg” gestoßen. Zwei Stunden lang be
mühte sich das Linienschiff, die beiden loszubrechen: vergeblich. Bei Südsüdost-Wind Stärke 7 trie
ben sie mit einer Geschwindigkeit von 1 kn nach Norden ab; aber die Trift führte in die Mitte des
Kleinen Belts, mithin lag zu Besorgnissen kein Anlaß vor. Deshalb konnte „Schleswig-Holstein“
beruhigt Kehrt machen und nach Kiel gehen. Linienschiff „Elsaß” versuchte kurz nach Mitternacht
nach Osten vorzustoßen. Oestlich Marienleuchte schien das Eis etwas günstiger zu werden. Trotz
dem kam „Elsaß“ sehr bald fest und wurde mit dem Eise vertrieben. Deshalb versuchte das Linien
schiff noch während der Nacht den Durchbruch nach Osten mit Maschinenhöchstleistung zu erzwun
gen. Trotz einstündigem Versuche kam das Schiff bei jedesmaligem Anrennen doch nur eine halbe
Schiffslänge vorwärts, auch nahm der Wind immer mehr zu und verstärkte die Eistrift. Die Passage
wurde immer schwieriger und sogar die Rückkehr in Frage gestellt. An ein Durchbringen von
Schiffen konnte man gar nicht mehr denken. Deshalb machte „Elsaß“ gegen 5 Uhr morgens Kehrt,
um wenigstens die Schiffe in der Kieler Bucht loszueisen. Auch mußten die im Fehmarnbelt zurück
gelassenen Schiffe mit der starken Trift nach Nordwesten getrieben sein. Dies bestätigte sich: So
wurde der am 9. 2. abends nordwestlich Marienleuchte zurückgelassene Dampfer „Gottfried Poppe“
am 10. 2. vormittags schon südöstlich Kelsnor gemeldet.
Westlich Fehmarn wurde das Eis wieder günstiger. Bis Gabelsflach traf „Elsaß“ aber keine
Schiffe mehr an. Die russischen Dampfer waren bei ßiilk stecken geblieben. „Ceres“ kam schon
früher fest und wurde 14 sm nach Nordwesten abgetrieben. Von Gabelsflach aus wandte sich „El
saß” dann nach Kelsnor, wo sie als erstes Schiff wieder die „Ceres“ antraf, in die Marstal Bucht
abtreibend. Südöstlich Kelsnor kamen „Gottfried Poppe" und „Heros" in Sicht. Nun wurde zu
nächst „Ceres“ befreit. Diese Arbeit dauerte infolge der außerordentlich schweren Eispressungen
etwa P/ä Stunden. „Ceres“ wurde nun ins Geleit genommen — die Befreiung auch der übrigen
Schiffe schien aussichtslos — und der Rückmarsch nach Kiel angetreten. Die Eispressungen waren
aber so stark, daß „Ceres" nach nur kurzem Folgen immer wieder festkam und selbst „Elsaß“ häufig
stecken blieb. Um 16 Uhr mußte „Ceres“ zurückgelassen werden.
Damit war nun jede weitere hishilfe unmöglich. Deshalb wurde beschlossen, vorerst nach Kiel
zu gehen und die Arbeit dann mit der „Schleswig-Holstein“ gemeinsam aufzunehmen. Auf der Rück
fahrt traf „Elsaß" noch die drei festsitzenden Schiffe „Crasny Profintern“, „Sovet“ und „Capitain
Comelin" an und brach ihnen eine Rinne, in der die Dampfer aber nicht folgen konnten. Um 17 h 50
machte „Elsaß“ in Kiel fest.
11. Februar. Durch Flugzeugaufklärung wurde das Vertreiben aller Schiffe in der südlichen
Ostsee festgestellt. Westlich Fehmarn wurde ein mehrere hundert m breiter eisfreier Streifen beob
achtet, darin der Dampfer „Star" mit Fahrt. Ein anderes Flugzeug sichtete auf der Fahrt von Bruns-
haupten nach Dänemark überall eine Eisdecke mit Wasser löchern. Dampfer „Rita“ wurde vor Schlei
münde, Dampfer „Baitrader“ u. a. in der Nähe der Position des Flensburg Feuerschiffes gesichtet.
Oestlich Rügen waren die großen Fährschiffe „Drottning Viktoria“ und „Preußen“ festgeraten.
„Preußen“ konnte sich selbst befreien, das andere Schiff wurde durch die Schwedenfähre „Kong Gu
staf“ losgeeist.