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Full text: 52, 1933/34

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Ov. J o li a n n Richter: Die Vereisung der Reitsee und südlichen Ostsee im Winter ¡928/29. 
Die ßeobaehtungsorte sind in der übergroßen Mehrzahl Jvüstenstationen, und wie wir sahen, mel 
den sie nur die Eisverhältnisse ihres Sehbereichs, lieber die wirkliche Eisgrenze nach See zu ist man 
deshalb noch recht wenig unterrichtet. Lediglich in See befindliche Schiffe und besonders Eisbrecher 
in Tätigkeit geben vereinzelt Meldungen ab. Diese sind aber nicht zahlreich genug und geben außer 
dem nur die Verhältnisse in der unmittelbaren Umgebung der Schiffahrtsstraßen an. 
Es war daher, als im Winter 1927/28 die starke Eisperiode einsetzte, ein großer Fortschritt, daß 
das Flugzeug (1) zur Erkundung herangezogen wurde. In der Tat ist das Flugzeug für diese Auf 
gabe ganz außerordentlich geeignet; gestattet doch sein großer Aktionsradius die Ueberfliegung gro 
ßer Strecken in verhältnismäßig kurzer Zeit. Mit Zunahme der Flughöhe wird außerdem auch der 
Gesichtskreis größer, doch ist hier, besonders im Winter, durch die Sic-htigkeitsverhältnisse der At 
mosphäre meist eine enge Grenze gezogen. 
Ein Beispiel aus einem Flugbericht (2). der hier auszugsweise wiedergegeben sei. kann dasGesagte 
am besten erläutern: 
... . . Flughöhe etwa 60 m . . . Sicht nach See zu etwa 6—-7 sm. ... ln der Orther Bucht südlich 
von Fehmarn war Festeis zu erkennen in ziemlich glatter Decke. Eigenartige Zickzacklinien ließen 
den Schluß nahe liegen, claß das Eis, als es in Bildung begriffen war, vom Winde zusammengescho 
ben wurde. Die Decke war in große Felder zersprungen. Schätzung der Mächtigkeit ergab diese 
zu 4—5 cm. Für starke Dampfer war dies Eis noch befahrbar, für schwächere Fahrzeuge war 
Schlepperhilfe nötig. Bei Darsser Ort war in Bildung begriffenes Eis zu erkennen, das eine eigen 
tümliche blasige Struktur aufwies. Die Mächtigkeit der Decke war nicht zu bestimmen. Das Eis 
schien der Schiffahrt jedoch Schwierigkeiten zu bereiten . . 
Daß nun die Gelegenheit benutzt wurde, um photographische Aufnahmen von der Eisverbreitung 
und Beschaffenheit zu erlangen, sei hier nur nebenbei erwähnt *). In dem zur Behandlung stehenden 
Winter 1928/29 (5) wurde das Flugzeug nun auch systematisch zur Erkundung benutzt. Allein, dies 
mal war die Hauptaufgabe, den im Eise festsitzenden Schiffen Hilfe zu bringen in Gestalt von Provi 
ant, Unterhaltungslektüre usw. Die Verständigung geschah mittels Flaggen des Internationalen Sig 
nalbuches. von denen jeder eine besondere Bedeutung beigelegt wurde. 
z. B. V = frisches Fleisch (4) 
B = Speck 
C = Wurst und Aufschnitt 
N = Reis 
O = Kaffee 
X = Spielkarten 
V = Obst 
Z = Zeitungen. 
So hat sich ein Schlüssel herausgebildet, cler sich bestens bewährte. 
Anhangsweise sei nun auch noch auf den russischen Eisdienst (5) hingewiesen, der. wie schon er 
wähnt. besondere Ligenarten aufweist. Während des Weltkrieges, jener Zeit cler intensivsten Eis 
brechertätigkeit in den Ostseegewässern ins Leben gerufen, gelangte er im Jahre 1921 zur Anwendung 
für die Handelsschiffahrt. Seine Aufgabe ist es, die Winterschiffahrt mit Leningrad aufrecht zu er 
halten. Zum Zwecke seines Ausbaues werden wissenschaftliche Untersuchungen über das Eis im fin 
nischen Meerbusen fortlaufend vom Geophysikalischen Zentralobservatorium in Leningrad aus 
geführt. Der russische Eisdienst verfolgt das Ziel, unter allen Umständen den Handelsweg zum Hafen 
Leningrad auch während der Eisperiode aufrecht zu erhalten. Daraus bestimmt sich die Art der Be 
richterstattung: es kommt weniger an auf eine Angabe cler örtlichen Verbreitung cles Eises an ein 
zelnen Stationen, als vielmehr auf die Ausdehnung cler festen Eisdecke und ihre Beschaffenheit. Für 
1) 2) Luensee, Meereisbeob. v. Flugzeug aus. Ann. d. Hydr. usw. 1928. S. 87. 
5) Aus den Akten cler Reichsmarinedienststelle. 
4) D. Pilote 1929. Heft 52. S. 208. 
5) W. A r n o 1 d - A 1 1 a b i e f f, Russ. Eisnaclirichtendienst u. s. Eigenarten. Ann. d. Hydr. usw. 1925, S. 171. 
*) Vergl. d. ausgezeichneten Aufnahmen v. Lohr: Lohr, Eisbeob. a. d. Elbe v. Flugzeug aus. Ann. d. Hvdr. 
usw. 1929. S. 219.
	        
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