R. Becker und G.H. Bau mann: Beiträge zur Meteorologie des Luftweges über Grönland.
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Grönland-Flug von Gronau 1931.
Von Gerhard Heinz Baumann.
Der Flug wurde durchgeführt mit der neuen Maschine D 2053 vom Type Dornier-Wal, dem „Grön
land-Wal“, ausgerüstet mit 2 BMW 7a Motoren zu je 700 PS. Die Besatzung war die gleiche wie im
Vorjahre bei der Ozeanüberquerung auf der nördlichen Flugroute 1 ).
1. Führer Herr von Gronau, der außerdem die navigatorischen Aufgaben erledigte,
2. Führer Herr Zimmer,
Funkmeister Herr Albrecht,
Bordmonteur Herr Haack.
A. Flugwetterbericht.
1. Flugabschnitt: List a. Sylt—Färöer.
(siehe Karte 1 Tafel 7)
Nachdem zu Beginn des August über dem nordwestlichen Teil des Atlantischen Ozeans starke zyklo-
nale Tätigkeit geherrscht hatte, war am 8. August insofern eine Änderung eingetreten, als ein kräftiger
Kaltluftausbruch aus dem Nordmeer einen Abschluß des bisherigen wechselvollen Wetters herbeiführte.
Das zuletzt durchgezogene Tiefdrucksystem, aus den Temperaturgegensätzen zwischen Meer und Kon
tinent Energie schöpfend, behauptete sich noch über Nordeuropa. Eine aus den Winden sich deutlich
hervorhebende Konvergenzlinie ließ sich von Nordfinnland über Mittelschweden, Südnorwegen und der
Nordsee bis zum Ärmelkanal verfolgen. (Dänemark und Deutsche Nordseeküste: Südwestwinde; West
küste Norwegens und Ostküste Englands: Nordwinde). Der Druckanstieg über den britischen Inseln —
über dem Nordatlantik, südwestlich Islands, lag ein ausgedehntes Hochdruckgebiet — verursachte be
sonders im Bereich zwischen Schottland und Südnorwegen einen hohen Druckgradienten, der, unter
stützt durch die Stauwirkung der norwegischen Steilküste, in diesem Gebiete starke Winde erzeugte
(Utsire: Nord 8, Schetland-Inseln: Nord 5) — eine für die norwegische Küste bei schnell erfolgenden
Druckänderungen sehr charakteristische Erscheinung.
Von den starken Gegenwinden abgesehen, erschien die Wetterlage einigermaßen günstig; vor
allem konnte auf dem letzten Teil der ersten Etappe, nördlich Schottlands, mit abnehmenden Winden
gerechnet werden. Die Wetterberatung hatte auch während der Tage vor dem Start das Seeflugreferat
der Deutschen Seewarte übernommen, auf Grund dessen Prognose der 8. August als erster günstiger Tag
zum Start bestimmt wurde. Dieser Flug hat gezeigt, daß sich aus der Großwetterlage ein hinreichend
genaues Bild des Witterungszustandes auf den einzelnen Flugabschnitten geben läßt. So trat über der
Nordsee die oben erwähnte Konvergenz mit ihren typischen Witterungseinflüssen beim Durchfliegen
derselben sehr deutlich in die Erscheinung. Der Konvergenzbereich umfaßte immerhin ein Gebiet von
300 km im Durchmesser, östlich desselben, über der Nordsee, wurde Cumulus-Bewölkung mit ziemlich
starken Westwinden (bis zu Stärke 5) angetroffen. Noch bevor die Konvergenz durchquert wurde, also
im Bereiche der Westwinde, war aufkommende nördliche Dünung erkennbar, den später angetroffenen
starken Nordwind bereits ankündigend. Infolge des häufigeren Auftretens von Schauern wechselte die
’) Annalen der Hydrographie 1931, Heit 6.