R. Becker lind G. H. Bau mann: Beiträge zur Meteorologie des Luftweges über Grönland.
3
A. Einleitung.
Die in der vorliegenden Abhandlung dargestellten Untersuchungen waren bereits im wesentlichen
abgeschlossen, bevor Herr von Gronau und seine Mannschaft im Spätsommer 1931 ihren zweiten Amerika-
tlug auf dem Wege über Island und Grönland antraten.
Der Hauptzweck der folgenden Betrachtungen soll darin bestehen, unbeschadet der praktischen Er
gebnisse der von Gronau’schen Flüge festzustellen, wie das Klima der grönländischen Küsten und des
Inlandeises in fliegerischer Hinsicht aussieht. Besonders der Unterschied zwischen Küste und Inland
wurde dabei herausgearbeitet.
Beobachtungen aus Nordgrönland sind nicht mit in die Bearbeitung aufgenommen worden, da dieses
Gebiet für Flüge zunächst keine praktische Bedeutung hat.
In Anbetracht des spärlichen und inhomogenen Beobachtungsmaterials war es eine schwierige und
undankbare Aufgabe, dasselbe zu einem klimatologischen Bild zusammenzufassen. Die Sicherheit, die
man im allgemeinen von klimatologischen Bearbeitungsergebnissen erwarten muß, konnte hier keines
wegs erreicht werden.
Um so erfreulicher ist es, daß jetzt behauptet werden kann, daß keine der Erfahrungen und Messungen,
die Herr von Gronau von seinen Grönlandflügen mitgebracht hat, dem gewonnenen Bilde widerspricht.
Nachträglich konnten diese auch noch mit in die vorliegende Untersuchung eingebaut werden. Auf die
bereits gewonnenen klimatologischen Ergebnisse hatten sie keinen Einfluß.
Bisweilen wurde auch auf allgemein meteorologische und aerologisc-he Probleme abgeschweift. Neben
dem rein wissenschaftlichen Interesse hatte dies besonders den Zweck, durch Aufstellung allgemeiner
Gesichtspunkte das lückenhafte und unsichere Bild abzurunden.
B. Das Beobachtungsmaterial.
Wie bereits im Vorwort auseinandergesetzt, gehört Nordgrönland nicht in den Rahmen des hier zu
behandelnden Themas. Dies bedeutet leider keine Erleichterung, denn das Beobachtungsmaterial aus dem
mittleren und südlichen Grönland ist in quantitativer und qualitativer Hinsicht kaum besser als das aus
den nördlichen Gebieten.
Die Schwierigkeiten, die einer ausführlichen Behandlung der den Flieger interessierenden Klima
elemente entgegenstehen, sind einmal darin zu suchen, daß meteorologische Beobachtungen überhaupt
nur spärlich vorhanden sind, und andererseits, daß diese Beobachtungen ohne Rücksicht auf die den
Flieger besonders interessierenden Verhältnisse angestellt worden sind.
Um einen Überblick über die Flugmöglichkeiten in einem Gebiete zu gewinnen, sind gelegentliche
Beobachtungen und einzelne Wetterlagen von geringem Wert. Nur über mehrere Jahrzehnte erstreckte
Beobachtungsreihen gestatten sichere Schlüsse über die in den einzelnen Jahreszeiten zu erwartenden
Verhältnisse. Leider sind solche langjährigen Reihen nur von wenigen Orten vorhanden, die ausnahms
los an der Küste liegen. Zur Beurteilung der Verhältnisse auf dem Inlandeis ist man ausschließlich auf
die Ergebnisse von Expeditionen angewiesen. Da sich solche Expeditionsbeobachtungen stets nur auf
kurze Zeiträume erstrecken und auf Reisen gewonnen wurden, sind die aus diesem Material gewonnenen
Resultate natürlich unsicher.
Die Anzahl der Küstenorte im mittleren und südlichen Grönland, an denen systematische meteoro
logische Beobachtungen angestellt wurden, ist zwar bedeutend größer als die der hier benutzten. Es hat