Fritz Wagner: Die meteorol.BeobachtungenwährendderEirrweisungsfahrtfürdie HöhenwindmeßstelleF 23
2b. Die Beobachtungsmethoden des Windes.
Für die Beobachtung der Windgeschwindigkeit wurde ein Fuess’sches Handanemometer
verwendet, das auf dem Peilkompaßdcck an der vorderen Reeling nach der Backbordseite zu
auf einem etwa 1,70 m hohen Stab festmontiert war. Abgelesen wurde nach Möglichkeit von
Minute zu Minute der inzwischen zurückgelegte Windweg. Gleichzeitig wurde die Windrichtung
des scheinbaren Windes an der Rauchfahne des vorderen Schornsteines beobachtet, und zwar
wurde die Abweichung der Windrichtung von der Längsrichtung des Schiffes in Strichen der
Kompaßteilung geschätzt. Bei einigermaßen vorderlichen Winden war dieses recht zuverlässig
durchzuführen, da immer ein Standort eingenommen werden konnte, von dem aus man die
Rauchfahne ohne Parallaxe beobachten konnte. Bei Querwinden war die Beobachtung wegen
der dabei auftretenden Parallaxe schwieriger und ungenauer.
Ganz allgemein betrachtet, muß diese Beobachtungsmethode des Windes als roh bezeichnet
werden. Der gemessene Wind setzt sich nicht nur aus der Vektorsumme von Fahrtwind und
wahrem Wind zusammen, sondern in ihm ist noch eine durch die Form der Schiffsaufbauten
hervorgerufene zusätzliche Windbeschleunigung und Richtungsablenkung enthalten, deren Größe
abhängig von der Geschwindigkeit und Richtung des relativen Windes ist, und deren Größen
ordnung weder in geringer Entfernung noch in größerem Abstand von den Aufbauten bekannt
ist. Gleichzeitige Beobachtungen des Windes an verschiedenen Stellen des Schiffes, um so die
am wenigsten durch den Schiffseinfluß gestörte Stelle zu finden, konnten nicht ausgeführt
werden. Wohl aber hatte sich bei den täglichen Terminbeobachtungen herausgestellt, daß in
dieser Höhe meistens die durch das Umströmen des Brückenhauses hervorgerufene zusätzliche
Beschleunigung des Windes schon beinahe abgeklungen ist.
Eine gewisse Kontrolle der an den Anemometern gemessenen Windwerte boten die zwischen
den Windbeobachtungen angestellten Höhenwindmessungen. Der Vergleich der Windmessungen
auf dem Peilkonipaßdeck mit den Ergebnissen der untersten Stufe der Höhenwindmessungen
sei in einem Fall mitgeteilt: Bevor am 11. April um 10 h 25 m , Ortszeit, die Ballonverfolgung unter
nommen wurde, erfolgte noch über vier Minuten eine Windmessung auf dem Peilkompaßdeck,
die einen NWzN von 10,2, 10,8, 11,1 und 10,8 m/sec ergab. Die gleich daran anschließende
Höhenwindmessung (Pilot Nr. 73, siehe Seite 25) ergab in der ersten Minute für die Schicht von
der Meeresoberfläche bis 350 m eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 7,1 m/sec, in der
Schicht 350 bis 525 m wurde eine mittlere Windgeschwindigkeit von 5,0 m/sec beobachtet, also
eine Abnahme der Windgeschwindigkeit mit der Höhe. Unter der Annahme, daß der Gradient
der Windgeschwindigkeitsabnahme in der ganzen Schicht bis 525 m gleichartig sei, erhält man
für die Schicht in der Nähe der Meeresoberfläche, in der die Windmcssungen angestellt werden,
eine Windgeschwindigkeit von etwa 9,2 m/sec. Gemessen wurde ein Wert von 10,7 m/sec. Die
gemessenen Werte scheinen also um einen Betrag von 10 bis 15 % zu hoch zu sein. Mindestens
von der gleichen Größenordnung ist aber der normale Schwankungsbereich der Windgeschwin-
keit. Man kann also annehmen, daß bei der gewählten Aufstellung des
Anemometers die Art der Windänderung durch den Schiffseinfluß
nicht wesentlich beeinflußt wird und daß sich die Änderung des
Windbetrages in mäßigen Grenzen hält, wenn die Richtung des relativen
Windes in bezug auf das Schiff keine zu große Veränderung aufweist. Alle vorderlichen rela
tiven Winde haben unter sich einen gleichartigen Schiffseinfluß und alle relativen Querwinde
ebenfalls. Beim Übergang von der einen Windrichtungsgruppe zu der anderen zeigt sich aber
eine sprungartige Änderung des Schiffseinflusses, wie aus den Windmessungen am Fogo hervor
geht, da die Umströmung des Schiffskörpers in seiner Querrichtung und in seiner Längsrichtung
vollständig verschieden ist. Der Unterschied in dem Schiffseinfluß erfolgt auch bei einer gleich
artigen Änderung der Windrichtung sprungartig, weil sich an dem Schiffskörper die allgemeine
Erscheinung auswirkt, daß der Hindernisäquator eines Strömungshindernisses senkrecht über