Fritz Wagner: Die meteorol. Beobachtungen während der Einweisungsfahrt für die Höhen wiudmeßstelle F 5
Auch ain 26. Februar ist der Wettercharakter immer noch der gleiche. Bei dem starken
Wind macht sich im Kanalausgang, zwischen den Casquettes und Ouessant, schon die atlantische
Dünung aus WSW bemerkbar, der Seegang nimmt zu bis auf Stärke 5. und die Brecher erreichen
bisweilen schon das Promenadendeck. Die Sicht schwankt zwischen 3 und 5 sm, und eine tiefe
geschlossene Wolkendecke, fast ohne jede Struktur, bedeckt bis gegen 1t h den Himmel, vor
übergehend reißt sie in den Mittagsstunden auf, und über den in Windrichtung angeordneten
Stratusstreifen läßt sich Altostratus erkennen. Nachmittags setzt erneut Regen ein. dadurch
wird die Sicht wieder bis auf weniger als 1 sm herabgedrückt, der Wind flaut etwas ab, und
der Seegang wird geringer.
Auf dem Kurs nach La Coruña entfernt sich das Schiff schnell aus dem Wirkungsbereich
der ausgedehnten Zentralzyklone, dessen Zentrum über der mittleren Ostsee liegt. Doch die
Wetterbesserung setzt sich noch nicht durch und es besteht immer noch keine Aussicht, mit den
ersten Versuchen für eine Höhenwindmessung beginnen zu können. Denn über den britischen
Inseln entwickelt sich rasch ein neues Tiefdrucksystem, und dies beherrscht das Wetter über
der Biskaya und vor der Iberischen Halbinsel. Bei anhaltenden starken WSW-Winden
werden fast den ganzen Tag über in stündlichem Wechsel geschlossene Nimbosstratusdecken
mit Staubregen und schlechter Sicht und für wenige Augenblicke aufreißende Stratusdecken
angetroffen, bei denen die Sicht gut, und die Kimm scharf ausgeprägt ist.
Mit Annäherung an die Iberische Halbinsel tritt wieder anhaltende Verschlechterung ein:
leichter bis mäßiger Staubregen, sehr tiefhängende Wolkendecken und rasch wechselnde, aber
allgemein geringe Sicht lassen kaum etwas von der Bucht und von La Coruña erkennen.
Auch am 28. Februar, bei der Küstenfahrt nach Villa O a r c i a und nach Vigo, wird
sehr schlechtes Wetter angetroffen. Die untere Wolkengrenze liegt sehr tief, sie schwankt
zwischen 20 und 100 m, wie sich gut an den zum Teil wolkenverhangenen Bergen abschätzen
läßt. Wolken, Regen und schlechte Sicht scheinen in erster Linie durch den Stau der Luftmassen
an der Steilküste hervorgerufen zu sein.
Nach der Ausfahrt aus der Bucht von Vigo gegen 18 h wechselte das Wetter, indem bei den
böigen westlichen bis westnordwestlichen Winden der Charakter der Schauerluft stärker hervor
tritt. Die Stauerscheinungen beschränken sich immer mehr nur auf die unmittelbare Küste, deren
höhere Partien unter langgestreckten Wolkenwiilstcn liegen, die vielfach vollständig von der
etwas höherliegenden Strcu-Decke getrennt sind.
Besonders schön waren über dem Kap Roca und Kap Razo die getrennt ausgebildeteu
Hinderniswolken unter der Streu-Bewölkung zu sehen, als am Vormittag des 1. März die
„Sicra Ventana“ in die Mündung des 'I'a j o hineinfuhr. Doch auch die Strcu-Decke scheint
orographisch bedingt zu sein, denn sie schnitt scharf mit dem Tajo ab; in Lissabon und
weiter nach Süden zu herrschte nur geringe Bewölkung mit Schönwettercumuli und dünner
Altocumulus. Nach der langen Schlechtwctterfahrt erweckte der Sonnenschein in Lissabon die
Hoffnung auf baldige hochreichende Pilotballonbeobachtungen, doch diese wurde sehr gedämpft,
als sich abends auf See die Haufenwolken wieder zu einer dichten Stratocumulusdecke zusammen
schlossen.
Die dichte Bewölkung hielt auch am 2. März noch an; allerdings lockerte sich die Strcu-
Decke von ll h an, gemäß dem täglichen Gang der Bewölkung auf See, etwas auf, aber es gelingt
nicht, die ersten Höhenwindmessungen durch die Haufenwolkenschicht hindurch zu bekommen.
Im Laufe der Nacht hatte die „Sierra Ventana“ das Hochdruckgebiet durchfahren, das als
Rest des Azorenhochs im Raume zwischen Madeira und der Gibraltarstraße lag; damit war der
Wind von nordöstlicher Richtung auf Südost umgesprungen und ziemlich aufgefrischt. Der Süd
ostwind gehörte schon zu dem Stromfeld eines ausgedehnten Zentraltiefs, dessen Zentrum
östlich von Neufundland lag und das den ganzen nordatlantischen Ozean beherrschte.