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À us dem Archiv der Deutschen Seewarte — 52. Bd., Nr. 3
II. Der Reiseverlauf der Einweisungsfahrt F.
1. Von Hamburg nach Madeira.
Einen Teil ihrer Ladung nehmen die „Sierra“-Dampfcr des Norddeutschen Lloyds in Hamburg
ein. So konnte auch die Ausrüstung für diese Einweisungsfahrt in Hamburg an Bord gebracht
werden und der Fahrtteilnehmer an Bord gehen, bevor in Bremerhaven die Passagiere auf
genommen wurden. Die Ausreise aus Hamburg erfolgte am 21. Februar 1931 um 17 h 35 m .
Es ist diesig und feucht, zeitweise fällt leichter Regen bei Temperaturen eben über dem
Gefrierpunkt. In breiten Streifen liegt über dem Elbstrom Nebel, so daß die „Sierra Ventana“ bei
Brunsbüttel für mehrere Stunden vor Anker gehen mußte. Im Bereich von Mitteleuropa bestimmt
eine ausgesprochene Sattellage das Wetter. Im Norden vor der Norwegischen Küste liegt ein
Sturmtief, dessen Warmluftmassen die von den Azoren nach Rußland reichende Hochdruckzone
über Mitteleuropa durchbrochen haben, und im Süden liegt ein kräftiges Scirokkotief über
Sizilien, so daß über Deutschland eine flache Druckverteilung herrscht, die zu verbreitetem
Nebelwetter Anlaß gibt.
Die oft durch Nebel aufgehaltene Reise nach Bremerhaven dauert bis zum nächsten Morgen
09 h 15 m . An der Küste hat sich die Wetterlage gebessert, da sich durch den Kaltluftvorstoß auf
der Rückseite des Nordmeertiefs das Azorenhoch nach Nordosten ausbreiten konnte. Bei
schwachen WNW-Winden treiben wenige Cumuli, die sich landeinwärts bisweilen zu eine”
Stratocumulusdecke zusammenschließen. Das heitere Wetter hält bis zum Mittag des 23. Februar
an, aber schon bei der Abfahrt der „SierraVentana“ um 14 h 15 m änderte sich das Wetter plötzlich. Es
bildet sich eine geschlossene Wolkendecke in unbestimmter Höhe, die Luft wird sehr diesig und
um 16 h 45 m ist die Sicht so schlecht, daß die Fahrt etwas reduziert wird. Diese Wetterverschlech
terung war darauf zurückzuführen, daß die „Sierra Ventana“ in den Bereich einer alten Occlusions-
front des früher erwähnten Nordmeertiefs kam, die sich an der Norwegenküste entlang bis in
die Nordsee erstreckte. An ihr bildete sich bei der flachen Luftdruckverteilung ein Teiltief überm
Skagerrak. Um 17 h 05 m , querab von Außenjade Feuerschiff, wurde bei schwachem, großtropfigem
Regen die Occlusionsfront durchfahren, danach besserte sich die Sicht bis 2 sm, und durch die
noch immer vorhandenen flachen Dunst- und Nebelmassen ließen sich die darüber treibenden
Wolken erkennen. In der Nacht klarte das Wetter vollständig auf, aber nur auf See. Mit der
Einfahrt in den Kanal von Jymuiden nach Amsterdam kamen wir in dicken Bodennebel, in dem
die Sicht nur 10 bis 20 m, bisweilen eine halbe Schiffslänge betrug. Bis 13 l1 mußte geankert
werden, dann erst besserte sich die Sicht auf 1 bis 2 sm. Der Nebel hatte sich gehoben, er lag
als tiefe, graue Wolkendecke über Stadt und Land; abends war der Mond zeitweise schwach
als Scheibe sichtbar.
Unser Aufenthalt in Amsterdam dauerte von 17 h bis 3 h des 25. Februar. Bei der Ausfahrt
herrschte kein Nebel mehr, denn es hatte sich ein frischer Südwestwind aufgemacht. Aus
geschlossener Wolkendecke fielen böenartige Regen. Das Auffrischen der Winde aus SW und
die Regenfälle sind auf die Entwicklung eines Tiefs zurückzuführen, das in der Tiefdruckrinne
vom Nordmeer bis zum westlichen Atlantik südöstlich von Island gelegen hatte und sich nun
über Mittelskandinavien rasch vertieft. Auf der Nordseite des Azorenhochs werden dadurch in
kräftigem Strome bald etwas wärmere, bald kältere Luftmassen ostwärts verfrachtet, und mit
der wechselnden Herkunft der Luftmassen wechseln auch ihre Wettereigenschaften. Tagsüber
bei Stratocumulusbewölkung besserte sich die Sicht zeitweise bis auf 10 sm, doch nachmittags
senken sich die Wolken wieder, und bei leichtem Sprühregen geht gegen Abend die Sicht für
halbe und ganze Stunden soweit zurück, daß Nebelsignale gegeben werden.