Eckardt-Lühc: Höhenwindmessungen — X. Forschungsfahrt der D. Seewarte
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Einleitung.
Die Erforschung der höheren Luftschichten über dem Atlantischen Ozean, die sich die Deutsche Seewarte
zur Vorbereitung der später einzurichtenden Luftlinien zwischen der „Alten und der Neuen Welt“ zur Aufgabe
gemacht hat, setzte in den Jahren 1922 bis 1928 neun Studienfahrten in Bewegung, die hauptsächlich die Gewässer
Westindiens und der Ostküste Südamerikas zum Ziel hatten. Ihre Ergebnisse sind in den früheren Bänden dieser
Veröffentlichung erschienen. Die weite Zielsetzung dieser nach dem Weltkrieg wieder einsetzenden Forschungs
tätigkeit der Seewarte über dem Meere könnte vielleicht Erstaunen hervorrufen, hat aber offenbar ihren Grund
darin, daß für die Ostseite des Atlantik mehrfache ältere Bearbeitungen von Höhenforschungen vorhanden sind,
denen eine größere Reihe von Forschungsfahrten in die Gebiete des Nordostpassates besonders in der Gegend
zwischen den Azoren und den Kap-Verde-Inseln zugrunde liegen. Es sind dies die eingehenden Bearbeitungen von
R. Wenger, Untersuchungen über die Mechanik und Thermodynamik der freien Atmosphäre im nord
atlantischen Passatgebiet (Beiträge zur Physik der freien Atmosphäre, Band III),
A. Peppier, Das nordatlantische Passatgebiet (Dissertation, Göttingen 1910),
H. U. Sverdrup, Der nordatlantische Passat (Veröffentlichungen des geophysikalischen Instituts der Uni
versität Leipzig, Zweite Serie, Band II).
Diese Arbeiten werden im folgenden mit den Namen ihrer Verfasser öfters herangezogen werden. In ihnen sind
auch, namentlich bei A. Peppier, die früheren, groß angelegten Forschungsfahrten von Hergesell, Teisserenc de
Bort, Rotch u. a., eingehend gewürdigt worden, so daß es sich hier erübrigt, darauf näher einzugehen.
Nun sollte aber doch auch im Rahmen der neuen Studienfahrten das Ursprungsgebiet des Nordostpassates
aufgesucht werden und die Verfasser der vorliegenden Arbeit wurden von der Deutschen Seewarte beauftragt,
die 10. Studienfahrt nach der westafrikanischen Küste zu richten. Die Kosten wurden wiederum aus dem von der
Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft gestifteten Fonds getragen, während die Schiffsplätze von den Schiff
fahrtsgesellschaften des Deutschen Afrika-Dienstes zur Verfügung gestellt wurden. Ihnen sowohl, wie auch den
Kapitänen der benutzten Dampfer, Herrn Golmorgen von der „Wangoni“ (7500 tons Woermann-Linie) und Herrn
Kuhse von der „Immo“ (4600 tons Hamburg-Bremer-Afrika-Linie) und ihren Offizieren, die alle eine rege Anteil
nahme an den Arbeiten zeigten, sei hier der ergebenste Dank ausgesprochen. Namentlich Herr Kapitän Col-
morgen bewies sein schon früher den Bestrebungen der Deutschen Seewarte entgegengebrachtes Verständnis durch
sehr großes Entgegenkommen, das sich in eingehenden schriftlichen Anweisungen an seine Offiziere und durch die
Ueberlassung einer freien Kammer 2. Klasse für die schriftlichen Arbeiten aussprach.
Der Verlauf der Fahrt. (Tafel 1)
Die Fahrt wurde am 16. Januar 1929 mit dem schnellen Passagierdampfer „Wangoni“ von Hamburg aus
angetreten und führte zunächst bei Regen und Graupelböen über die Nordsee nach Rotterdam, von dort nach
Boulogne und Southampton, die nur für wenige Stunden angelaufen wurden. Am 20. Januar wurden gegen 14 Uhr
die westlichen Ausläufer der Insel Wight, The Needles, passiert und bei schönstem Sonnenschein über den Kanal
nach der Biskaya gesteuert. Bei wolkigem Wetter herrschte nur mäßige See mit langer Dünung. Am 22. vormittags
kam die spanische Küste im Dunst in Sicht, über ihr lagen Regenwolken, nachts regnete es bei auffrischendem
Südwestwind. Der 23. war ein Nebeltag, an dem es nur zeitweise aufklarte, so daß längere Zeit hindurch mit nur
geringer Geschwindigkeit gefahren werden konnte.
An den nächsten Tagen nahm die Bewölkung ab, der 25. Januar brachte nur noch einzelne Passatcumuli,
aber bei der Annäherung an die Insel Teneriffa mehrten sich die Hinderniswolken, worüber an anderer Stelle
berichtet werden wird. Abends 18.30 Uhr trafen wir in dem Hafen Sta. Cruz ein und benutzten noch die Gelegen
heit, mit einem Auto bis nach La Laguna in 600 m über der Stadt zu fahren und dabei die Bewölkung, welche wir
durchstoßen mußten, näher kennenzulernen. Die Hafenstadt bot mit ihren unzähligen Lichtern ein reizvolles
Bild, als wir in schneller Fahrt auf den vielfach gewundenen, mit scharfen Kurven versehenen, gut instand gehalte
nen Wegen wieder hinunterfuhren.
Nachts fuhr das Schiff nach der Insel Gran Canaria, wo wir in der Hafenstadt von Las Palmas, Puerto de La
Luz, von 7 bis 10 Uhr verweilten. Nun ging es bei meist klarem Wetter und nur vereinzelten Dunststreifen südwärts,