83
Will man es wagen, die jahreszeitlichen Veränderungen der ganzen Luftmasse bis 15 km auf eine
Formel zu bringen, so unterscheidet sich das winterliche Regime (Sp. 13) durch seine Stetigkeit in allen
Höhenstufen und die vorherrschende Richtung aus dem SW-Quadranten von den drei übrigen Jahres
zeiten. Der tiefe Druck liegt fast in allen Höhen im Winter überwiegend NNW von Island. Dagegen
überwiegt bei den drei übrigen Jahreszeiten der NW-Quadrant, erheblich gestört nur im Frühjahr, wo sich
von 6—8,5 km noch die Winterströmung, und darüber eine sonst nicht vorkommende NE-Strömung zeigt.
Im Mittel der Nichtwintermonate verlaufen die Isobaren für die Schicht 2—6 km NW—SE, tiefer Druck
im NE. Dagegen ergeben die Stufen 0—2 km die gleiche Isobarenrichtung, aber tiefen Druck im SW.
In Tafel 1, Abb. 2, sind die Häufigkeiten der Windrichtungen in den verschiedenen Höhenstufen bild
lich dargestellt. Diese Werte sind so gewonnen, daß aus der Zahlcntabelle V (Verteilung der Windrich
tungen) die dort gegebenen prozentischen Häufigkeitszahlen für jede Windrichtung und getrennt für die
Stufen 0—5, 5—10 und 10—15 km zusammengezählt und als Ordinaten der Abb. 2 verwendet wurden.
Es sollte so die Unsicherheit vermieden werden, die mit dem Herausgreifen einzelner dünner Schichten
verbunden sein kann. Die Höhen der Ordinaten sind — in willkürlichem Maßstab — der Windrichtungs
häufigkeit in der betr. 5 km-Schicht proportional.
Die Darstellung für ganz Island (Tab. IV) zeigt ein Minimum für NE—E, ein Hauptmaximum für S—E,
ein zweites Maximum für NNW. Das Minimum der östlichen Winde ist sehr ausgeprägt in Nordisland
(ENE in Akureyri, Abb 2, Nr. 1), nach NNE verschoben in Adalvik ebenda Nr. 2, liegt noch deutlich in E
bei den Aufstiegen des „Meteor“ (Abb. 2, Nr. 4), und ist am schwächsten ausgeprägt, als nur sekundäre
Einsenkung gegenüber einem viel umfangreicheren Minimum der südlichen Richtungen, in E über Süd
island (Reykjavik Abb. 2, Nr. 3). Das zweite, in W bis S liegende Richtungsminimum ist, im Gegensatj
zu dem östlichen, schlechter ausgebildet in Nordisland (Abb. 2, 1 und 2), besser und von W nach S ver
schoben in Südisland (Abb. 2, 3 und 4).
Entsprechend finden wir in der untersten Stufe (0—5 km) überall zwei Maxima der Windhäufigkeit:
im SE-Quadranten und in der Umgebung von N. In Nordisland überwiegen das östliche Minimum und
das südöstliche Maximum, in Südisland umgekehrt das südliche Minimum und zugleich das nördliche
Maximum. Es ist auffällig, daß die Höhenwindmessungen aus zwei kaum 250 km in Richtung SW—NE
entfernten Punkten, Reykjavik und Akureyri, noch im Gesamtbild aller Aufstiege so sehr voneinander
abweichen. Es war schon früher darauf hingewiesen worden, daß in gewissen Fällen die Bodengestaltung
indirekt auch die Mittel der Höhenwinde zu beeinflussen vermag: Akureyri liegt am Nordabhang des
mittelisländischen Berglandes und hat föhnartigen Wind mit abnehmender Bewölkung bei Südwind, da
gegen niedere Aufgleitbewölkung bei nördlichem Wind. Bei Pilotaufstiegen tritt hierdurch eine unge
wollte Bevorzugung derjenigen Wetterlage ein, die diesen Südwind mit leichtem Föhncharakter mit sich
bringt. Aber die Mittelwerte für Akureyri sind in den verschiedenen Jahren (Abb. 1, Sp. 1-—4) nicht
gleichmäßig genug, um diesem Moment ausschlaggebende Bedeutung zu verschaffen. Es ist zum mindesten
nicht ausgeschlossen, daß Reykjavik als westlich gelegene Station den die Dänemarkstation passierenden
Polarluftausbrüchen mehr ausgesetjt ist, als Akureyri.
In den beiden höheren Schichten, 5—10 km und 10—15 km, zeigt sich der für die unterste Schicht
abgeleitete Charakter einer Kurve mit doppelten Häufungspunkten in einzelnen Kurvenzügen (Adalvik,
Meteor, ganz Island) noch deutlicher; auf die ebenfalls klarer hervortretenden Minima wurde bereits
oben hingewiesen. Im Mittel aller isländischen Aufstiege überwiegt oberhalb 5 km das Maximum der
Windrichtungshäufigkeit in NNW und NW beträchtlich. Das Nebenmaximum liegt bei ESE. Dies scheint
den bereits früher 0 ) für einzelne Fälle abgeleiteten Tatbestand zu bestätigen, daß die großen Luftaus
flüsse aus Nord die ganze Atmosphäre ziemlich einheitlich bis an oder in die Stratosphäre in Anspruch
nehmen, während dies für die Winde aus südlichen Richtungen nicht der Fall zu sein scheint.
Zu besonderer Vorsicht in der Ausdeutung dieser statistischen Darstellung mahnt ein zufällig entstandenes Ergebnis,
das in den Darstellungen Tafel 1, Abb. 2, der oberen Stufe von Akureyri und Reykjavik wiedergegeben ist. Bei der ersten
Berechnung der prozentischen Windrichtungshäufigkeiten standen die Einzelaufstiege vom Herbst 1928 noch nicht zur Ver
fügung. Mit dem gesamten übrigen Material der beiden Stationen wurden die gestrichelten Kurvenzüge von 5—10 km und
10—15 km gewonnen, die troß der verh. geringen Anzahl hoher Aufstiege die für die Bodenschichten abgeleiteten Resultate,
besonders die Ausprägung der vorstehend erörterten Maxima und Minima der Häufigkeit, bestätigten und sogar klarer er
gaben. Inzwischen gelang es durch den günstigen Umstand, daß sich Frl. A. Meckermann erneut für diese umständlichen
■) Z. f. Geophysik l.c.; „Arktis“, Jg. 1, 1928, H. 3/4, S. 93 f.