Heinrich Nohascheck: Der Zustand der freien Atmosphäre bei Nebelfrost- und Glatteiswetterlagen.
wurde für den Abend und für die Nacht folgendermaßen interpoliert: War Nebel, Nebelfrost oder Glatt
eis bei der letzten Beobachtung eines Tages und der ersten des folgenden Tages angegeben, so wurde die
betreffende Linie über die Nacht hin durchgeführt, wenn Temperatur- oder Feuchteregistrierungen dem
nicht widersprachen. War eine dieser Niederschlagsformen zum ersten Mal am Morgen beobachtet worden,
so wurde die Dauer des Nebels mit Hilfe der Hygrogramme auf die vorangehende Nacht extrapoliert,
während Nebelfrost erst von der Zeit der ersten Beobachtung an eingetragen wurde. Für Regen und
Glatteis erübrigte sich eine Extrapolation.
Die Ergebnisse wurden mit Hilfe von Arbeitskarten gewonnen, aus denen nur das Wesentlichste zur
Herstellung der reproduzierten Zeichnungen übernommen ist. Das war einmal nötig, weil die Uebersicht-
liehkeit nicht leiden durfte, und weiterhin, weil die Darstellungen nicht in Mehrfarbendruck ausgeführt
werden konnten.
2. Die Beispiele.
Im Ganzen wurden in der angegebenen Weise 15 Beispiele bearbeitet: 11 Nebelfrost- und 4 Glatt
eiswetterlagen. 7 Fälle werden an Hand der beigegebenen Darstellungen besprochen.
Für die Reihenfolge der Behandlung der einzelnen Fälle war die Einheitlichkeit des atmosphärischen
Zustandes maßgebend, und zwar werden zwei Nebelfrosttypen und ein Glatteistypus unterschieden.
Nebelfrost, 1. Typus.
1. 9. bis 14. Dezember 1924.
Die allgemeine Wetterlage ist folgende: Am 9. liegt über Osteuropa eine Antizyklone mit einem Kern von 780 mm, die
mit einem Hoch über Spanien durch einen Rücken hohen Druckes über Mitteleuropa verbunden ist. Auf der Nordseite der
Brücke liegt bei Island ein Tief von 725 mm. Entsprechend dieser Druckverteilung finden wir in Nordostdeutschland schwache
südliche Winde. Die Temperaturen liegen hier 1 ° bis 2 ° über Null. Im ganzen Bereich des Hochdruckrückens wird Nebel
beobachtet. Am folgenden Tag ist die Lage im wesentlichen unverändert, nur die Temperaturen sind in dem uns inter
essierenden Gebiet um 2° bis 3 ° unter den Gefrierpunkt gesunken. Am 11. ist es in Nordostdcutschland noch etwas kälter
geworden, das Nebelgebiet ist unverändert. Am Tage darauf breitet sich der Nebel über ganz Mitteleuropa aus. Am 13. wird
das Gebiet hoben Druckes in seinem westlichen Teil abgetragen, in Ostdeutschland fallen die Temperaturen auf —-8 0 bis —9°;
die Winde haben hier gegen Südost gedreht. Am 14. ist ein Zyklonenausläufer aus Nordwesten bis nach Mitteleuropa
hinein vorgestoßen und hat gleichzeitig die Hochdruckbrücke durchbrochen. In Nordostdeutschland sind die Winde weiter
gegen Osten herumgegangen, die Temperaturen sind um 2° bis 3 0 gestiegen. Nebel findet sich nur noch in Norddeutsch
land und nordwestlich der Alpen. Am 15. ist das Hoch zurückgedrängt, Norddeutschland liegt im Ubergangsgebiet von Zyklone
und Antizyklone.
Betrachten wir nun den Witterungsverlauf über Lindenberg! In dem Isoplethenbild fällt sofort eine starke Inversion auf,
die sich vier Tage lang hält. Am 9. finden wir beim Morgenaufstieg außer einer Bodeninversion und einer Isotherinie bei
800 m anormale Gradienten von 1000 m bis 1530 m mit einer Temperaturumkehr zwischen 1180 m und '1300 m. Ira Laufe
des Vormittags verringern sich die Gradienten in dieser Höhe, und um 12 h haben wir eine starke Inversion von 1000 in bis
1400 m zwischen den potentiellen Temperaturen 1 0 und 12 °. Unterhalb dieser Inversion nähert sich die Temperatur
abnahme dem adiabatischen Gradienten, worauf der zunehmende Abstand der Isothermen hindeutet. Die mittägliche Er
wärmung tritt in dem Herabsteigen der Isoplethen deutlich zutage, ebenso die Abkühlung am Abend und während der
Nacht in ihrem Anstieg. Dabei schließen sich die Isothermen von — 2° bis -f- 2 ° pot. der Inversion an ihrer unteren
Grenze an. Oberhalb der Umkehrschicht läßt sich die Wirkung der Konvektion bis zum 12. deutlich verfolgen: Gegen Mittag
senken sich die Isoplethen entsprechend einer Erwärmung, nachts steigen sie wieder. Am 10. mittags liegt die Inversion
zwischen 650 m und 1050 m und den potentiellen Temperaturen —• 2 ° und 12 °. Auch hier macht sich wieder die Konvektion
in gleicher Weise wie am Vortage bemerkbar, jedoch in weniger starkem Maße. Am Morgen des 11. ist die Sperrschicht durch
zwei Gradientsprünge deutlich in drei Teile geteilt. In ihrem mittleren Teil hat sie sich außerordentlich verstärkt. Dies ist
der eigentliche Kern der Inversion, während die Umkehrschichten darunter und darüber mit erheblich geringeren Gradienten
sekundärer Natur sind. Zum Nachmittag nimmt die Sperrschicht an vertikaler Erstreckung zu, und ihre Gradienten verringern
sich etwas: Beim 16h-Aufstieg liegt sie zwischen 330 m und 800 m Höhe und den potentiellen Temperaturen —4° und 10°.
Die Bodentemperatur ist während des Tages beinahe konstant — 5° pot. Gegenüber dieser Abkühlung der unteren Luft
schicht tritt oberhalb der Inversion geringe Erwärmung ein, die mit einer Vergrößerung der Gradienten der potentiellen
Temperatur verbunden ist. Um 16h hat sich sogar eine schwache Temperaturumkehr zwischen 1020 m und 1200 m ausgebildet.
In der Nacht zum 12. sinken die Bodentemperaturen weiter, und gegen Morgen bildet sich eine Bodeninversion, die un