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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — Band 50. Heft 2.
unter lebhaftem Schnattern und Pfeifen (Anas penelope L.) auf der Insel nieder. Ihre Verteilung
hier ist nicht willkürlich. Im Frühjahr herrscht bekanntlich während mehrerer Wochen eine
beständige Ostwindwetterlage mit kalten austrocknenden Winden. Wegen ihrer ablandigen
Richtung finden sich in unserem Gebiet niedrige Wasserstände. Die junge Vegetation auf der
Insel wird durch diese Winde außerordentlich gehemmt, und nur in den seichten Depressionen
(alte Prielläufe siehe Seite 24 und Fig. 10) kann sich das junge zarte Gras behaupten. Die
übrige Inseloberfläche bleibt grau bis zum Witterungsumschlag. Diese alten Prielläufe werden
von den Enten aufgesucht, teils um Schutz vor dem Wind zu haben, vor allem aber, um das
junge Gras abzuweiden. Die Verteilung des Guanos der Vögel beschränkt sich lediglich auf die
besprochenen Senken. Seine Beschaffenheit erweist mit Sicherheit die nächtliche Aesung.
Nach dem Abzug der nordischen Vögel setzt eine Ruheperiode ein. Die Insel erhält ein
frisch grünes Aussehen. Im April noch erscheinen die auf ihr brütenden Vögel, in erster Reihe
die Flußsee-Schwalbe, Rotschenkel und Säbelschnäbler. Wegen des seltenen Säbelschnäblers
(Recurvirostra avocetta) wurde die Grüne Insel im Jahre 1927 als Vogelfreistätte erklärt und von
der Vogelwarte Helgoland mit einem Wärter beschickt. Bis Anfang August beherrschen die
Vögel den Raum vollkommen. Sie überfallen jeden Eindringling mit ohrenbetäubendem Lärm 18 ')
Der Herbst währt lange hier an der Küste. Bis in den Dezember hinein zeigt die Insel
einen frischen Rasen, wenn nicht zeitige Stürme Ueberflutungen gebracht haben. Unmittelbar
nach der Sturmflut erscheint der Rasen wie an den Erdboden geklebt, jeder Halm liegt gleich
gerichtet (wie gekämmt) neben dem anderen. An einzelnen Stellen, besonders an der dem
Winde zugekehrten Seite (West und Südwest), wird der Rasen unter den von der Sturmflut
heraufgeschafften Sand- und Schlickmassen (vergl. Seite 10) begraben.
Im Oktober beginnen die weiten Salicorniawiesen der Inselanwuchswatten sich rot und
orange zu färben, womit die Eigenart der herbstlichen Wattenlandschaft ihren schönsten Aus
druck findet.
III. Versuch einer Geschichte der Grünen Insel und Ausblick.
Als Abschluß dieser Untersuchungen möge ein geschichtlicher Rückblick auf die Vergangen
heit der Insel dienen. Als Unterlage für diese Betrachtung dienen vor allem die von mir im
Südsüdosten der heutigen Insel in den letzten Jahren aufgefundenen Reste des alten Inselkörpers.
Da die örtlichen Vermessungen nur bis auf das Jahr 1908 (vergl. Seite 8) zurückgehen, habe
ich ferner alte Lotsen und Fischer nach dem früheren Aussehen der Insel befragt. Diese persön
lichen Mitteilungen der Alten sollen mit meinen eigenen Erinnerungen seit meinem ersten Besuch
der Insel 18 ) hier verwertet werden, soweit sie die tatsächlichen Befunde zu ergänzen und das
Gesamtbild zu vervollständigen vermögen.
Die fossilen Reste wurden während einer Ostwindperiode unmittelbar an der äußersten
Strömungskurve der Eider auf den im Abbruch befindlichen Watten gefunden. Alte Spülsäume
wurden wieder freigelegt, alte inkrustierte Vegetationsreste und umgestürzte Blöcke von der alten
Abbruchkante (vergl. Seite 25 Abb. 2) zeigten Verhältnisse an, die sich von den heutigen in
keinem Punkt unterscheiden. Die Fundorte liegen etwa 200 m südsüdöstlich und 100 m östlich
vom heutigen Inselrand entfernt. Und zwar von demjenigen Inselrand, wo auch noch heute die
stärkste Abtragung sattfindet. (Abrasionszone, siehe Seite 25.) Vergleicht man daraufhin das
Verhalten der Insel zwischen den beiden Vermessungen von 1911 und 1928, so ist auch in diesem
Zeitintervall grundsätzlich dieselbe Uferverschiebung festzustellen. (Fig. 9.) Sie dauert heute
noch an, denn die südwestlichen Winde sind immer noch vorhanden und das Strombett der
Vor 17 Jahren betrat ich die Grüne Insel zum ersten Mal und seitdem ist wohl kein Jahr vergangen, in dem ich dies entlegene Land nicht besucht hätte,
w») Seitdem die Insel durch den Damm mit dem Vorland verbunden ist und mit Schafen und Gänsen beschlagen wird, ist die Zahl der Brutvögel
leider im Abnehmen begriffen.