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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — Band 50. Heft 2.
Diese stark durchwurzelten Erdblöcke bleiben lange auf der Hochwasserkliffsohle erhalten.
Erst durch die gesteigerte Wasserbewegung im Herbst werden sie allmählich zerrieben, wodurch
das erodierende Wasser erneut ungehinderten Zutritt zum Kliff erhält. Bis dahin werden die
Wellen an dem schützenden, vorgelagerten Blocksaum gebrochen. Auf diese Weise geht die Ab
tragung unentwegt weiter. Die Hochwasserkliffsohle trägt infolge der auf ihr herrschenden
Wasser- und Bodendynamik keine bestandbildende Vegetation.
Bei dieser Art der Unterspülung des Kliffs bleibt ein Teil der Pflanzen, die das fortgespülte
Sediment vor der Zerstörung dicht durchwurzelt haben, mit der oberen Vegetationsdecke fest
verbunden. Sie bekleiden, wie die Bildmitte van Abb. 2 zeigt, das konkave Hochwasserkliff
mit einem dichten, herabhängenden Pflanzenfilz. Bei Hochwasser flutet dieser beständig in den
Wellen und wird von ihnen und bei Ebbe, sofern der Wind sehr stark ist, auch von diesem
hin- und hergeworfen. Hierdurch wird diese entwurzelte Vegetation zu langen Strängen auf
gehaspelt (bis zu 3 m), die dann vom Wind oder Wasser auf den Inselkörper hinaufgeworfen
werden. (Abb. 2.)
Bei dieser Form des Abbruchs ist die Reihenfolge der Abtragung von unten nach oben
orientiert. Die Erosion schreitet von der Kliffwurzel nach der Vegetationsdecke vor.
Bei der zweiten Form des Abbruchs geht der Vorgang, wie im Folgenden dargestellt wird,
gerade umgekehrt vor sich.
2. Das terrassenförmige Hochwasserkliff ohne Blockpackung.
Diese Arbeitsform befindet sich in der südwestlichen Uferregion der Grünen Insel. Sie
wird durch die Brandung bei Hochwasser hervorgerufen, die an dieser Stelle wegen der vor
herrschenden Winde südwestlicher Richtung am stärksten ist (Fig. 10). Der Entwicklungsgang
des Flutkliffs geht folgendermaßen vor sich. Das Wasser hat ungehinderten Zutritt zum Kliff,
denn auch hier ist die Hochwasserkliffsohle vegetationslos. Die aufbrandenden und überkippen
den Wellen laufen wegen der Beständigkeit der Winde bei jedem Hochwasser in gleichblcibender
Richtung den Inselkörper hinauf und zerstören als erstes oben am Kliffrand den geschlossenen
Vegetationsverband. Erst dann schreitet die Abrasion abwärts nach der Hochwasserkliffsohle
vor und zwar in schrägem, terrassenförmigem Verlauf. (Abb. 3.) An der Kliffwurzel wird also
Abb. 3. Das terrassenförmige Hochwasserkliff ohne Blocksaum.