Dr. Erich Wohlenberg: Die Grüne Insel in der Eidermündung usw.
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Beobachtungstage also nicht ganz der Gehalt der offenen Nordsee erreicht und nach der anderen
Seite keine vollständige Aussüßung.
Die Wasserstandskurven und die Salzgehaltskurven sind fast kongruent. So wie die
geringste Aenderung der Windrichtung sofort in der Veränderung des Wasserstandes in Er
scheinung tritt, so ändert sich in gleicher Weise der Salzgehalt mit den Schwankungen des
Wasserstandes.
4. Die organischen Bestandteile im Wasser.
Bei einer Fahrt von der offenen Nordsee in die Eidermündung hinein ist eine starke Trübung
des Wassers, die für das gesamte Wattenmeergebiet bezeichnend ist, bemerkbar. Mit der An
näherung an die Küste nimmt die Trübung zu und erreicht in der Eidermündung mit einer hellen,
gelb-braunen Färbung ihren Höhepunkt. Diese Färbung wird einerseits durch die mechanisch
suspendierten mineralischen Bestandteile und andrerseits durch Plankton und Detritus her
vorgerufen. Die Planktonorganismen stehen in deutlicher Abhängigkeit zu der chemischen Be
schaffenheit des Wassers.
Was Brockmann vom unteren Brackwassergebiet der Wesermündung sagt, ist weitgehend
auf die untere Eidermündung übertragbar. „Nicht das oft zitierte Absterben der Organismen
ist die bedeutungsvollste Erscheinung, sondern die gewaltige Produktion von Plankton. Ueber
dem „Leichenfeld“ erhebt sich die üppige Planktonwiese.“
Nach meinen Planktonuntersuchungen in der Eidermündung von Januar bis Dezember ist
ein jahreszeitlicher Rhythmus sowohl in bezug auf produzierte Mengen, also Individuenreichtum,
als auch nach Arten erkennbar. Hier sei nur auf die außerordentliche Massenentwicklung der
Diatomee Biddulphia während der Spätsommermonate hingewiesen. Ihr ist zusammen mit vielen
anderen Diatomeen und besonders den bereits erwähnten mineralischen Bestandteilen die Farbe
des Wassers zuzuschreiben. Die Bedeutung dieser gewaltigen, nach Ablauf ihrer Lebensdauer
absitikenden Planktonmassen darf für die Beschaffenheit der Watten nicht unterschätzt werden.
Zu den Plankton-Bestandteilen des Wassers gehört außerdem die im Wasser schwebende
Fischbrut, Rotatorien, die Copepoden, Nauplien usw., ferner die Stoffwechselprodukte aller
Organismen, die im Wasser, in und auf den Watten leben. Diese mit Detritus bezeichneten
Stoffe bilden bei Planktonfängen immer einen wesentlichen Mengenanteil.
Mit diesen Darlegungen über die Beziehungen zwischen den Winden und den Gezeiten,
über die physikalischen und chemischen und schließlich über die ökologischen Verhältnisse ist
das Wasser als der Träger aller jener Stoffe gekennzeichnet, welche schlechthin die Grundlagen
für die Entstehung der Watten bilden. Diese Ausgangsstoffe sind den verschiedensten Ein
flüssen unterworfen und ihr Vorhandensein und Verhalten ist stets ein Ergebnis aus den eben
besprochenen zusammenwirkenden Eigenschaften.
II. Der Übergang vom Wasserraum zum Landraum.
Der Uebergang vollzieht sich allmählich. Alle Wachstumsvorgänge addieren sich auch hier
aus kleinsten Elementarerscheinungen.
Die Grundlage für die Grüne Insel bildet wohl eine frühere Sandbank. Sobald die Auf
sandung soweit vorgeschritten ist, daß die Oberfläche nur noch während eines kleinen Intervalls
vor und nach dem Hochwasser unter Wasser liegt, vermögen sich die leichteren tonigen
Schwebestoffe wegen der abgeschwächten Bewegung des Wassers und besonders durch An
trocknen während der Ebbe auf der Unterlage zu halten. Von diesem Augenblick an geht die
weitere Sedimentation mehr oder weniger ungestört im Rhythmus der Gezeiten und der Jahres
zeiten vor sich.