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Full text: 50, 1931

Dr. Erich Wohlenberg: Die Grüne Insel in der Eidermündung usw. 
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Einführung. 
Die geographische Lage. 
Die Eidermündung liegt im Gebiet des alluvialen Marschstreifens, welcher der gesamten 
Westküste Schleswig-Holsteins vorgelagert ist. Die Marsch gehört zu jenen Gebieten der Erde, 
die bis in ihre letzte Flächeneinheit die Spuren menschlicher Betätigung tragen. Mit dem Deich, 
der sein Land vor dem Meere schützt, hat der Mensch die vorläufige Grenze zwischen der dem 
Meere abgerungenen Kulturlandschaft und der ungeschützten, offenen Naturlandschaft — Watten 
und Meer — gezogen. Der Deich bildet den sichtbarsten Ausdruck des 
menschlichen Willens zur Beherrschung dieser Landschaft. Aber der 
Mensch beschränkt seine Tätigkeit nicht auf das durch den Deich gesicherte Gebiet, sondern 
er dringt mit dem Spaten gegen das Meer vor, einerseits um dessen landbildende Tätigkeit zu 
beschleunigen, andrerseits um die Zerstörung durch das Meer zu unterbinden. Die täglich noch 
zweimal überfluteten grauen Flächen werden mit einem System von Grüppeln (=klcine Gräben 
zur Ent- und Bewässerung) und Buhnen und Lahnungen (=Busch- und Erddämme) zur Förderung 
der Anlandung durchzogen. Damit ist aber das neue Land für alle Zeit als Kulturlandschaft ge 
zeichnet. Gebiete, in denen sich die Neulandbildung von menschlicher Hand unbeeinflußt vollzieht, 
werden immer seltener. Nur ein solches Gebiet kann jedoch Aufschluß geben über den natürlichen 
Entwicklungsprozeß des werdenden Landes, dessen Beobachtung und Darstellung sich die vor 
liegende Arbeit zum Ziel setzt. 
Ein solches, für die Untersuchung der natürlichen Verhältnisse geeignetes Gebiet finden wir 
in der Grünen Insel in der Eidermündung 
Von der kleinen Hafenstadt Tönning ab, westwärts sich mehr und mehr erweiternd, öffnet 
sich das Eiderästuar trichterförmig zur Nordsee. Nördlich und südlich vom Mündungstrichter 
liegen hinter hohen Seedeichen geborgen die beiden Kulturlandschaften Eiderstedt und Dithmar 
schen. Beides sind Seemarschgebiete und wegen ihrer hervorragenden Fruchtbarkeit weithin 
bekannt, aber inbezug auf Bevölkerung und Kulturgut durch Fluß und Meer zwei streng vonein 
ander geschiedene Kulturgebiete. Die Erbfeindschaft früherer Jahrhunderte, wovon uns die 
Chronik berichtet, scheint zwar begraben, die kulturelle Selbständigkeit der beiden Bauernvölker 
zu beiden Seiten des Aestuars jedoch findet in der Eigenart der Bewohner, in der Wirtschaftsform 
sowohl wie vor allem in der Architektur ihren unverkennbaren Ausdruck. 
Die Dithmarscher Landschaft südlich vom Aestuar steht ausschließlich im Zeichen intensiven 
Ackerbaues. So selten der Pflug in Eiderstedt noch den Acker bricht, so sehr steht er in Dith 
marschen im Vordergrund. 
Den Dithmarscher Deich überragen große rationelle Wirtschaftsgebäude (meistens Well 
blechscheunen), oft genug von keinerlei Baumwuchs umkleidet, was dem Landschaftsbild in dem 
ohnedies schon baumarmen Küstengebiet eine gewisse Härte gibt. Nahezu jeder größere Hof 
trägt den neuzeitlichen Windmotor, der in bezeichnender Weise das Dithmarscher Ufer der 
Eidermündung charakterisiert und in aller Schärfe den Gegensatz zum Eiderstedter Ufer zum 
Ausdruck bringt.
	        
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