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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 50. Bd. Nr. 6.
Luftkörperbetrachtungsweise formuliert, indem er zunächst nur einen ozeanischen und einen kontinen
talen Typ unterschied, gleichzeitig aber auf die Notwendigkeit hinwies, 'weitere Wettertypen einzuführen.
Er schreibt: „Es gewinnt der Lufttransport eine erhöhte Bedeutung und es findet die höchst
banale Tatsache ihre Erklärung, daß das Wetter in unsern Gegenden durchaus abhängig ist von der
herrschenden Windrichtung, insofern der Wind bald feuchte Wärme vom Ozean bringt, bald trockene
nördliche oder östliche Winde auftreten läßt, bald mit ausgesprochen südlichen die Temperaturen aller
Jahreszeiten um ein erhebliches erhöht“.
Auf die Unzulänglichkeit der bisherigen Arbeitsmethoden der Klimatologie wurde auch von anderer
Seite hingewiesen. A-Hettner fordert bereits 1911, daß die Klimatologie alle Wirkungen des Klimas
im Auge haben müsse (1). In seinem Lebenswerk (2) äußert er sich: „Es ist jedoch engherzig, wenn
sich die Klimatologie noch heute meist als rein statistische Disziplin gebärdet, den allgemeinen Charakter
des Wetters nur in den Mittel- und Extremwerten sieht und sich um den an jedem Ort verschiedenen
und für ihn charakteristischen Verlauf des Wetters nicht kümmert“ (S. 140). An anderer Stelle (3) führt
er aus: „Noch mehr aher tritt in den gewöhnlichen klimatologischen Darstellungen die Art der unperio
dischen Wetterveränderungen zurück. Es ist manchmal, als ob die ganze moderne Entwicklung der
Meteorologie spurlos an ihnen vorübergegangen wäre, während doch die Auffassung der Witterungs
typen auch für die Auffassung der Klimate überaus lehrreich ist.“
Vorliegende Arbeit will neue Wege der Klimadarstellung versuchen.
Von K. D o v e wurde der Satz aufgestellt, daß jeder Wind sein eigenes Wetter mitbringt. „Der
Wind ist die alleinige Ursache aller Aenderungen im Luftdruck, in der Temperatur, Feuchtigkeit, Bewöl
kung, Regenwahrscheinlichkeit“. Diese Anschauung fand praktische Verwertung in den Mittelwerten, die
D o v e der Berechnung sogenannter Windrosen zugrunde legte. Diese Berechnung hat die Wissenschaft
in der damaligen Zeit bedeutend gefördert; jedoch werden bei alleiniger Berücksichtigung der Windrich
tung immer noch verschiedene Erscheinungen zusammengeworfen, da der Wind, der aus einer bestimmten
Richtung weht, durchaus nicht immer denselben Charakter hat, was D o v e auch erkannte und ihn zu dem
Ausspruch veranlaßte: Die Winde lügen.
Weiter ging W. Koppen, der den klimatischen Charakter der Winde untersuchte, die aus einem
Hochdruckgebiet und aus einem Tiefdruckgebiet stammten. (4) Nach der damaligen A. F e r r e 1 sehen
Auffassung von Zyklonen und Antizyklonen strömt die Luft in einem Hochdruckgebiet oben ein und im
Zentrum des Tiefs wieder in die Höbe. Entsprechend dieser Ansicht läßt sich ein Luftteilchen am Boden
nur von einem Hoch bis zum Tief verfolgen. Seit der Erkenntnis über die Verlagerung von Luftmassen
haben diese Vorarbeiten nur noch theoretische Bedeutung.
Eine besondere Klassifikation der Klimate stellt E. Feodoroff auf (5). Er faßt das Klima eines
Ortes zusammen als Wettergesamtheit, als eine Folge von einzelnen Witterungserscheinungen. Nach be
stimmten Kennzeichen wird das Klima in Typen eingeteilt. Das Klima eines Ortes ist gegeben durch die
Häufigkeit der verschiedenen Witterungstypen. So gut Feodoroff s Grundgedanken sind, so konnten
sie sich doch infolge ihrer Schwierigkeiten in der Praxis nicht durchsetzen. Dazu mag noch beigetragen
haben, daß tro§ der Typenbildung eine anfangs verwirrende Vielheit vorhanden ist.
Louis B e s s o n (6) hat bereits eine Auszählung polarer, äquatorialer, kontinentaler und maritimer
Luftströmungen vorgenommen. Doch weicht seine Definition der Luftkörper insofern von der unsrigen
ab, als er nicht die Heimat als maßgebend für die Bezeichnung der Luftmassen annimmt, sondern ähn
lich wie D o v e, die Windrichtung am Beobachtungsort. Unter äquatorialer Strömung faßt er zusammen
die Winde aus S, SSW, SW und die Hälfte der Winde aus den Richtungen SSE und WSW. Zu den polaren
Luftmassen rechnet er die Winde aus N, NNW, NE, sowie die Hälfte von NNW und ENE. Zu den
ozeanischen Strömungen gehören die Richtungen W, WNW, NW und die halbe Anzahl von WSW und
NNW. Für die kontinentalen Luftkörper bleiben noch die Windrichtungen E, ESE, SE, sowie die halbe
Anzahl der Winde aus ENE und SSE. Die Auszählungen stammen von Montsouris bei Paris und umfassen
einen 50jährigen Zeitraum.