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Kurt Schreiber: Analyse der Wetterlage vom 4. bis 8. Januar 1912.
Dabei ist:
a = Gradient der potentiellen Temperatur
e lt e 2 — absolute Feuchte der Schicht 1 und 2
p m = mittlerer Druck in dieser Schicht (100 m)
Wir haben also mit Hilfe des Verhaltens der absoluten Feuchte in der Vertikalen eine Möglichkeit,
auf die Größe der Zunahme der ©-Werte im Verhältnis zu den ^-Werten zu schließen. Ferner ge
stattet die Berechnung der ©-Werte die Gebiete, in denen völlige Durchmischung eingesetzt hat, ohne
weiteres abzugrenzen. Dabei ist zu bemerken, daß die völlige Durchmischung wohl nur in maritimer
Polarluft stattfinden kann, die, in den unteren Schichten völlig durchmischt auf dem weiten Weg über
dem Ozean, diesen Zustand auch beim Aufgleiten noch beibehalten kann (vergl. Aufstieg Straßburg S. 48).
Es dürfte nach den hier angestellten Untersuchungen, deren zahlenmäßigen Ergebnisse nur zum Teil
wiedergegeben werden können, da nur das Wesentliche Erwähnung finden soll, ohne Zweifel sein, daß
die Festlegung der Frontmerkmale und der Charakteristika der Luftmassen mit Hilfe der 0 -Werte
weit eindeutiger ist, als jene mit den potentiellen Temperaturen. Dabei wird die Bedeutung, die der
Feuchtigkeit beizumessen ist, besonders unterstrichen. Der Wunsch nach genauerer Feuchtigkeitsbeob
achtung und Angabe derselben erscheint als nicht unberechtigt.
Die Vertikalschnitte.
(Abb. 3 und 4, Tafel 5.)
Der Vertikalschnitt durch das Warmluftgebiet von WBII und WBIII vom 4. Januar, der in die
WSW-Richtung gelegt wurde, gibt die Aufgleitfläche verhältnismäßig gut wieder. Es sind zur Darstellung
die Aufstiege von Friedrichshafen (4. Januar 8 h 54), Straßburg (4. Januar 8 h 33) und München (4. Januar
7 h 59), sowie die Beobachtungen von Belchen, Rigi-Kulm, Säntis, Höchenschwandt, Zugspitze und Peißen
berg verwendet worden.
Die Lage der Gleitfläche selbst wird gestützt
a) durch den Aufstieg von Straßburg mit einer Inversion zwischen 500 und 790 m Höhe bei 100%
rel. Feuchte und einem vertikalen Temperaturgradienten von — 0,13°/100 m,
b) durch Friedrichshafen mit Windsprung von WSW auf WNW bei 100% rel. Feuchte und einem nur
geringeren Temperaturgradienten von + 0,2°/l00 m. Die Wolkendecke (ni) liegt in Friedrichshafen
bei 1030 m Höhe.
Der für das Warmluftgebiet in der Höhe in Frage kommende NW ist eine Windrichtung, die im
Durchschnitt nur selten beobachtet wird. Dem Isobarenverlauf in den einzelnen 1000 Meter Niveau’s
nach zu urteilen ist die nordwestliche Höhenströmung durchaus entsprechend 22 ). Außerdem haben alle
Bergstationen, ausgenommen der Säntis, eine einheitliche NW-Strömung. Welche Ursache beim Säntis, der
sicher noch in den Warmluftkörper eintaucht, den nur schwachen SW-Wind bedingt, konnte nicht ent
schieden werden.
Die Isothermen wurden nun in dem Schnitt zwangsläufig gezeichnet. Dabei wurde die Tatsache, daß
die Berge in der Regel kälter sind als die entsprechende Höhe der freien Atmosphäre, insofern beachtet,
als die Bergtemperaturen um + 1,5° erhöht wurden 23 ). Diese Korrektion ist zulässig, da es sich um einen
Frühtermin eines Wintermonats handelt. Etwa dann noch auftretende Differenzen sind in der Hauptsache
in der Tatsache zu suchen, daß die Temperatur im allgemeinen nach S zunimmt, die aber nicht weiter
berücksichtigt werden konnte. Als Neigung der Gleitfläche ergibt sich der Wert 1:300, der den bisher
gefundenen und bei einer Gleitfläche möglichen Werten durchaus entspricht 24 ).
Weit weniger deutlich tritt die Gleitfläche des Warmluftkörpers WBIII in dem Vertikalschnitt vom
5. Januar auf, für den dieselben Stationen verarbeitet wurden. Die Gleitfläche wird durch die Aufstiege