Kurt Schreiber: Analyse der Wetterlage vom 4. bis 8. Januar 1912.
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Die zweite Zone der Erwärmung (OC x II), die in sämtlichen Thermogrammen auftritt, bringt inten
sivere Temperaturzunahme mit sich, und führt schließlich über Sachsen durch Aufgleiten zu einem aus
gedehnten Niederschlagsgebiet. Hierbei spielen vielleicht mehrere Ursachen eine Rolle. Einmal treffen
die bodengewärmten polaren Luftmassen auf ein über Sachsen liegendes Kaltluftkissen, dazu kommt
Aufwind durch Reibung und erzwungene Vertikalbewegung durch das bereits ansteigende Gelände. Die
Kaltluftmassen, die mit C x im Zusammenhänge stehen, sind südlich der Ostsee schon nicht mehr nach
weisbar.
Kapitel III.
Bergstationen.
J. Bjerknes hat in einer Untersuchung 18 ) gezeigt, wie mannigfaltig die Beeinflussung eines Luft
körpers durch das Gebirge sein kann. Er behandelt dabei einige Berge von besonders exponierter Lage
als Punkte der freien Atmosphäre, die die Frontpassage völlig ungestört registrieren. Andere Gipfel
stationen, in erster Linie aber die Talstationen, bringen ihrer geographischen Lage zufolge Störungen
in den Isochronenverlauf. Bei Bergstationen, die sich wie Punkte der freien Atmosphäre verhalten,
wird allgemein:
a) ein Wärmeeinbruch sich der Gipfelstation gemäß Neigung der Schichtfläche früher mitteilen, als
der benachbarten Basisstation,
b) ein Kälteeinbruch die Abkühlung in der Höhe später bringen als im Tal, unter der Voraussetjung,
daß die Stauwirkung und die nachfolgenden Kaltluftmassen ausreichen, den Kälteeinbruch bis zu dieser
Höhe wirken zu lassen.
Im vorliegenden Falle stimmen die Registrierungen von Berg- und Talstation in den Hauptzügen gut
überein. Das Studium der einzelnen Frontpassagen aber wird erschwert durch die Störungen des Ge
ländes, so daß die Identifizierung der Temperatureinsäße nicht immer leicht und einwandfrei ist.
Diesings 12 ) Kriterium, wonach Bergstationen einen viel schärferen Einsaß des Temperaturanstieges
bei einem Wärmeeinbruch als die Talstationen haben, tritt nur in einzelnen Fällen ein.
Die Auswertung der Thermogramme der zusammengehörigen Berg- und Talstationen, wobei wir uns
nur auf die Passage der Hauptfronten beschränken wollen, hat ergeben: (Tabelle 20)
Isallothermen und Isothermen.
Zur besseren Übersicht über die Gebirgsverhältnisse wurden Spezialkarten im Maßstabe 1:2,5 Mill.
für das Gebirge gezeichnet und darin die Lage der Fronten, wie sie die Analyse ergeben hatte, mit den
Isothermen verglichen. Die Isothermen selbst wurden für die mit 0,5°/100 m auf N. N. reduzierten
Temperaturen (vergl. Lit. Nr. 4, S. 132) gezeichnet und daraus noch Isallothermen von Termin zu Termin
entworfen. Hierdurch ergaben sich wertvolle Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frontpassagen.
Gegen die Reduktion mit 0,5°/100 m für Tropik- und Polarluft lassen sich allerdings auf Grund bis
heriger Untersuchungen *’ 15 ) Einwände machen, die aber für diesen Fall ohne Bedenken sind, da es sich
hierbei lediglich um eine qualitative Abschäßung handelt. Die auf Grund der auf N. N. reduzierten
Temperaturen gezeichneten Isallothermen sollen ebenfalls nur qualitative Werte liefern, d. h. es soll nur
die Passage des betreffenden Luftkörpers nachgewiesen werden. Auf die effektive Temperaturänderung
wurde kein besonderes Gewicht gelegt. In Wirklichkeit liegt bekanntlich der für die zu untersuchende
Luftmasse charakteristische mittlere vertikale Temperaturgradient über dem Wert 0,5°/100 m, so daß
nur bei Stationen mit geringer Temperaturänderung eine Fälschung erwartet werden kann.