Kurt Schreiber: Analyse der Wetterlage vom 4. bis 8. Januar 1912.
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Fortsetjung der Analyse.
Wir kehren nunmehr zur eigentlichen Analyse zurück.
Durch weiteres Verschwinden der Gegensäße in den Witterungselementen mit zunehmender Ver
lagerung nach E sind die Fronten im SE-Quadranten von B, am 7. Januar 8 h unklar geworden und lassen
sich daher nur noch stellenweise verfolgen.
WCI und WCII, die am 6. Januar 19 h noch im Rheingebiet lagen, haben in der Nacht vom 6. bis
7. Januar fast ganz Mitteldeutschland überquert. Die Warmfront WCI hat die Warmmassen unter ver
breitetem Aufgleitniederschlag bis zur Linie Dresden — Reichstadt — Olmütj — Liptoujvar gebracht, um
von da, von etwa Prerau ab, nach S abzubiegen. Die Beobachtungen der Wetterkarte lassen aber noch
eine Luftmassenscheide auf der Linie Prerau — Ungvar—Czernowitj erkennen. Die östlich des südwärts
gerichteten Teiles von WCI gelegene Luftmasse über Ungarn bewegt sich nordwärts. Sie steht offenbar
mit dem Warmen Sektor der Störung C in keinem ursächlichen Zusammenhang. Beim Auftreffen auf
die Karpathen verursacht sie über denselben und nördlich davon Aufgleitregen, der mit dem von C
zusammenhängt. Welche Entwicklung diese Luftmasse, die sich durch ein homogenes Windfeld südlicher
Richtung auszeichnet, genommen hat, läßt sich mit dem vorhandenen Material nicht ohne weiteres sagen.
Sicher aber handelt es sich um einen Luftkörper mit gänzlich anderen Merkmalen. Die Luftmasse muß
aber wärmer als die verdrängte gewesen sein, denn aus den Stundenwerten von Temesvar hat eine Er
wärmung schon kurz vor Mitternacht des 6. Januar stattgefunden.
Nach den Ergebnissen des Kap. II gehören nun KCl bis KCIII zum Zentrum C, KBIV zunächst noch
zur Zyklone B. Die längs KBIV und WCI eintretende Niederschlagsverteilung ist schon bei der Frontal
zone behandelt worden. (S. 30.)
Ob nun ein Zusammenhang zwischen KBIV und der Occlusion von X, die noch unter verbreiteten
Niederschlägen an der Küste Norwegens liegt, besteht, läßt sich nicht ohne weiteres sagen.
Besonders muß noch die starke Ausbuchtung C^ der 740-mm-Isobare nach N zwischen Swinemünde
und Danzig erwähnt werden. Das Fallgebiet weist auf weitere Vertiefung hin, so daß man hier mit einer
Neubildung rechnen muß. Diese Vermutung bestätigt sich in der weiteren Entwicklung. (Kap. II, S. 42.)
Bis zum 7. Januar 14 h (Karte 11, Tafel 1) zeigen die Zentren der Störungen B und C eine allgemeine
östliche Verlagerung. Die Begrenzung der Warmluftmassen ist weiter nach E vorgerückt. WCI bis zur
Linie Charkow — Kiew — Lemberg — Gleiwiß, WCII dagegen hat die Linie Gleiwitj — Krakau — Kron
stadt erreicht. Beide Fronten, deren Verlauf auf Grund der Wind- und Temperaturverhältnisse ge
zeichnet wurde, befinden sich offenbar in langsamer Auflösung.
Während nun die Bewegung der Warmluft allmählich nachläßt, rückt die Kaltluft nach Beseitigung
der Frontalzone gleichmäßig nach S vor und überschwemmt ganz Süddeutschland und Italien. Mit diesem
Durchbruch findet auch die Zyklonentätigkeit vorläufig ihren Abschluß.
Es erscheint angebracht, die Lebensgeschichte von OB nochmals kurz zusammenzufassen:
Die Front OB (später KBIV) wurde bekanntlich dadurch gebildet, daß die Neubildung Bi sich in
demselben Tempo wie die Warmluftmassen nach E bewegte. Die Warmluftmassen fanden mit OB ihre
nördlichste Begrenzung, OB erwies sich als deutliche Luftmassenscheide. Nördlich derselben herrscht in
der Kaltluft kräftiger E-Wind, südlich davon lebhafte Westströmung der Warmluft. OB liegt während
des 6. Januar fast unverändert nördlich des 53. Breitengrades. Nur einzelne Pendlungen führte die
nahezu stationäre Front aus. (S. 13 ff.) Der Nachweis des quasi-stationären Zustandes von OB konnte
wiederholt erbracht werden.
Die stationären Verhältnisse waren aber nicht von langer Dauer, denn in den frühen Morgenstunden
des 6. Januar setjt eine neue südlich gerichtete Verlagerung der Kaltluftmassen ein. (S. 26.) Welcher
Ursache die Luftmassen den frei werdenden Energieüberschuß verdanken, konnte nicht mit Sicherheit
festgestellt werden. Der Vormarsch der Kaltluftmassen hält bis in die frühen Morgenstunden des
7. Januar an. Dann wird OB wieder vorübergehend auf der Linie Breslau — Torgau — Wasserleben —