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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49. Bd., Nr. 10
einem Fehler von 5 % im Mittel rechnen. Darüber wächst aber der Fehler, wie bereits erwähnt,
mit Abnahme der Temperatur sehr rasch. Der Fehler vergrößert sich natürlich bei Bildung
einer Eishaut um die einzelnen Haare, beziehungsweise bei Eisansatz an der Befcstigungsstellc
der Haare. Die Feuchtigkeitskurve im Diagramm in Bild 3 der Bildtafel zeigt in typischer Weise
die Trägheit des Haarhygrometers. Die Kurve zeigt im Aufstiege den Feuchtesprung an der
unteren Inversionsgrenze und im Abstiege den entsprechenden Punkt an der oberen Inversions
grenze ganz scharf an, während die darüber- beziehungsweise darunterliegende jeweilige
Inversionsgrenze den Trägheitsgang des Hygrometers deutlich aufdeckt. Will man daher den
wahren Feuchtesprung im ganzen Inversionsbereich richtig erfassen, so muß man unbedingt eine
Kombination der Auf- und Abstiegswerte vornehmen. Bei Flugzeugaufstiegen ist eine derartige
Kombination der Auf- und Abstiegswerte ohne weiteres zulässig, da eine zeitliche Änderung
der Inversion zwischen dem Auf- und Abstieg praktisch nicht in Frage kommt. Es besteht
höchstens die Gefahr dabei, daß bei einer größeren Abtrift des Flugzeugs über den Wolken die
Inversion im Abstieg an einer zu weit entfernten Stelle durchstoßen wird. Diese Fälle kommen
aber nur selten vor, und die dabei entstehenden Fehler fallen kaum wesentlich ins Gewicht;
jedenfalls sind dieselben geringer als bei einer Auswertung der Feuchtigkeit streng nach den
eingetragenen Kurvenpunkten. Genaue Feuchtigkeitsauswertungen erfordern auch die Berück
sichtigung des Temperatureinflusses auf die Haare des Hygrometers. In einer Abhandlung von
M. Robitzsch 4 über die Verwertung von Feuchtigkeitsdaten zur Diagnose des jeweiligen atmo
sphärischen Zustandes sind die Längenänderungen der Hygrometerhaare in ihrer Abhängigkeit
von der relativen Feuchtigkeit sowie die daraus sich ergebenden Temperaturkorrektionen
zusammengestellt. Danach muß eine Temperaturänderung des Instrumentes um 1° sich in einer
Nullpunktverschiebung äußern, die 0,06 Hygrometergrade umfaßt.
3. Die Durchführung aerologischer Flüge.
Im Jahre 1927 und teilweise auch noch im Jahre 1928 wurde der Start zu den Höhen
aufstiegen teilweise durch bestimmte internationale Termine bedingt, die übrigen Startzeiten
wurden vorwiegend anderen wissenschaftlichen Bedürfnissen entsprechend angesetzt. So wurde
beispielsweise häufig vor oder nach Auswirkung eines Gewitters, vor Ankunft einer Warmfront
oder bei Einbruch einer Kaltluftstaffel gestartet. Es ergibt sich daraus eine gewisse Streuung
in der Kurve der Aufstiegszeiten. Die mit der Zeit aber immer mehr in den Vordergrund
tretende Verwertung der Flugzeugaufstiegs-Ergebnisse in der Praxis bei der Beratung des Luft
verkehrs und die Anforderungen des Wetterdienstes haben bedingend auf die Aufstiegstätigkeit
cingewirkt und zwar in erster Linie auf die zeitliche Verteilung der Starts und dann auch auf die
Dauer des Aufstieges, die — abgekürzt — eine Einschränkung der Höhenerstreckungen der Flüge
mit sich bringt. Am besten zeigen diese Verhältnisse die nachfolgendenTabellen 1 bis 3, in denen vom
Jahre 1928 an, wo mit dem regelmäßigen Aufstiegsbetrieb angefangen wurde, bis zum Jahre 1930
einschließlich die Starts und die erreichten Höhen, geordnet nach mittleren Höhen und ange
flogenen Höhenstufen, zusarnmengestellt sind. In den Tabellen ist die Zusammenstellung der
Aufstiege auch auf das Jahr 1930 noch ausgedehnt, um einen geschlossenen Überblick über das
bisher vorliegende Aufstiegsmaterial zu geben.
* M. Robitzsch. Die Verwertung der durch aerologische Versuche gewonnenen Feuchtigkeitsdaten zur
Diagnose der jeweiligen atm. Zustände. Arbeiten des Pr. aeron. Observ., Bd. XVI, Heft C.