IV Aug dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49. Bd., Nr. 10
Eine eingehende wissenschaftliche Verarbeitung der Aufstiegsergebnisse konnte infolge
Personalmangels bisher nicht erfolgen. Es ist beabsichtigt, vorerst die Ergebnisse seit Ein
führung der täglichen Höhenaufstiege fortlaufend bis zum Dezember 1929 in dem Archiv der
Deutschen Seewarte erscheinen zu lassen, von da an sollen sie dann in den Aerologischeti
Berichten, herausgegeben von der Leitung des Flugwetterdienstes Berlin, gemeinsam mit denen
der Wetterflugstellen Darmstadt, München, Königsberg und denen der Flugstelle des Preußi
schen Aeronautischen Observatoriums Lindenberg veröffentlicht werden. Die Resultate der
Aufstiege aus den Jahren 1921 und 1922 sind in den Annalen der Hydrographie und maritimen
Meteorologie erschienen 2 .
1. Der Aufgabenkreis.
Die Aufgabe der Wetterflugstelle ist die regelmäßige Sondierung der Atmosphäre möglichst
bis zu Höhen über 5000 Meter. In erster Linie dienen die Flüge dem Luftverkehr, indem durch
die Angabe der Sichtverhältnisse in den verschiedenen Flughöhen, der genauen unteren und
oberen Wolkcngrenzen, der Schichten mit starker Luftunruhe sowie der Vereisungsgefahr in den
einzelnen Höhenlagen die Flugberatung durch die Flugwetterwarten wesentlich unterstützt wird;
ferner dienen sie der Diagnose der Wetterlage im Flugwetterdienst und im sonstigen Wetter
dienst und der Beschaffung von Beobachtungsmaterial aus den höheren atmosphärischen
Schichten zur eingehenden wissenschaftlichen Bearbeitung.
Neben den täglichen Höhenaufstiegen zu dem genannten Zwecke werden auch Sonderflüge
unternommen, die sich in verschiedene Höhenlagen erstrecken. Der Zweck derselben ist ein
sehr verschiedener. Es wurden zum Beispiel Flüge zu Parallelbeobachtungen mit einem gleich
zeitigen wissenschaftlichen Freiballonaufstieg unternommen. Bei einem Fluge wurde die Ver
teilung der Kondensationskerne in einer bestimmten Höhenschicht messend verfolgt; auch
Strahlungsmessungen wurden bereits vorgenommen, und eine Reihe von Nachtaufstiegen diente
der Ausführung von Windmessungen in großen Höhen bei Nacht. Bei mehreren Sonderflügen
wurde die Eignung von Libellensextanten und eines Pendelsextanten zur astronomischen Navi
gation vom Flugzeug aus praktisch erprobt. Im Februar und März 1929 fanden Eiserkundungs-
fliige über dem Unterlauf der Elbe statt, die sich bis in die Nähe von Helgoland erstreckten und
ein reiches Beobachtungs- und Luftbildmaterial ergaben.
Bei den täglichen Höhenaufstiegen werden außerdem technische Beobachtungen angestellt,
die sich auf die Steigleistung des Flugzeuges unter geringer Luftdichte, auf die Kontrolle ver
schiedener Instrumente zur Anzeige der Quer- und Längsneigung des Flugzeuges innerhalb der
Wolken beziehen. Es wurden auch gelegentlich Höhenatmungsgeräte ausprobiert.
- Ann. d. Hydr. u. mar. Meteorologie, Bd. 50, 1922, Heft IV, und Bd. 51, 1923, Heft V.