Dr. Lohr: Flagzeugaufstiege. — Hamburg, Oktober 1927 bis Juli 1928
III
Einleitung.
Aerologische Flugzeugaufstiege finden bei der Deutschen Seewarte seit dem Jahre 1920
statt. Im April 1927 stellte das Reichsverkehrsministerium, Abteilung Luftfahrt, der Deutschen
Seewarte ein zweisitziges Junkers-Ganzmetallflugzeug vom Typ A 35 für die wissenschaftlichen
Höhenaufstiege zur Verfügung. Seit dieser Zeit begleitet auch bei jeder Flugzeugsondierung ein
meteorologisch geschulter Beobachter die Flüge, während vorher dies nicht möglich war, da
nur ein einsitziger Doppeldecker — ein Fokker D VII — zur Verfügung stand. Es ist ohne
weiteres klar, daß die Beobachtungen des mitfliegenden Meteorologen den wissenschaftlichen
Wert eines Höhenaufstieges erheblich vergrößern, vor allem die kritische Beurteilung der durch
die Registrierinstrumente gewonnenen Aufzeichnungen erst ermöglichen.
Eine eingehende Schilderung von dem Aufgabenkreis des Flugmeteorologen während eines
Höhenaufstieges gibt G. Calwagen 1 . Als wichtige Ergänzung der Augenbeobachtungen werden
mit einer 25-cm-Flugzeugkamera Wolkenerscheinungen, die Bildung und Auflösung von Nebel
schichten, optische Phänomene, Dunstschichtungen und sonstige interessante Erscheinungen im
Lichtbilde festgehalten. Es ist bei der Flugstelle Hamburg bereits ein sehr umfangreiches
Lichtbildmaterial aus dem täglichen Höhenaufstiegsbetriebe gesammelt. Bis zum Oktober 1927
wurden in Hamburg nur gelegentliche Flugzeugsondierungen in einzelnen Serien, besonders
zu den internationalen Terminen, an denen in den meisten Ländern Europas gleichzeitig
Sondierungen der Atmosphäre vorgenommen werden, durchgeführt. Der Oktober 1927 war
von der Internationalen Kommission zur Erforschung der freien Atmosphäre zur täglichen
Beobachtung der atmosphärischen Verhältnisse bestimmt, und dieser Umstand gab der
damaligen wissenschaftlichen Flugstelle der Deutschen Seewarte Veranlassung, den ganzen
Zeitraum zu täglichen Höhenaufstiegen auszunützen, wobei an den meisten der Flugtage schon
eine oder mehrere Wolkenschichten durchstoßen werden mußten. Die dabei erzielten günstigen
Resultate waren bestimmend, vom Januar 1928 an einen ununterbrochenen täglichen Aufstiegs
betrieb in Hamburg einzuführen. Die Höhenaufstiege der Deutschen Seewarte finden auf dem
Flugplatz Hamburg-Fuhlsbüttel statt (<p — 53° 37' 58", * ~ 10° 0' 24").
In den ersten Jahren lag die Wartung der Flugzeuge der Flugstelle in den Händen der
Luftaufsicht Fuhlsbüttel der Hamburger Ordnungspolizei, die stets hilfsbereit ihre reichen tech
nischen Erfahrungen in der Fliegerei in den Dienst der Flugstelle stellte. Ihr den gebührenden
Dank zum Ausdruck zu bringen, ist dem Verfasser eine angenehme Pflicht.
Im Juni 1929 wurde die bisherige wissenschaftliche Flugstelle der Deutschen Seewarte in
die neuerrichteten Wetterilugstellen eingereiht, und damit ging die technische Obhut in die Hände
der Deutschen Verkehrsfliegerschule, G. m. b. H., über. Die wissenschaftliche Leitung der Flug
stelle blieb weiterhin in den Händen der Deutschen Seewarte. Der Aufgabenkreis, von dem
später noch die Rede sein wird, wurde durch diese Neuordnung nicht berührt. Seit dem
Sommer 1927 führt Flugzeugführer Fritz Neuhaus die Maschine, als Beobachter fliegt seit dieser
Zeit mit wenigen Ausnahmen der Verfasser mit.
1 G. Calwagen. Zur Diagnose und Prognose lokaler Sommerschauer. Geophys. Publ., Vol. III, Nr. 10, S. 8.